So aktuelle Marktanalysen der Gesellschaft für Außenwirtschaft und Standortmarketing GTAI. Doch haben internationale Standortwerbung unter dem Motto "Germany – Partner for Medical Technology" und das "Deutschlandjahr in Brasilien 2013-2014" zu neuen Forschungskooperationen geführt? Dazu Tobias Zobel vom Zentralinstitut für Medizintechnik (ZiMT) an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, das die internationalen Aktivitäten des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsclusters 3-D Imaging in Medicine koordiniert: "Brasilien gehört zu den globalen Wachstumsmärkten. Im Bereich Gesundheitsmanagement und Medizintechnik besteht ein hoher Bedarf an neuen Strukturen und innovativen Versorgungsmöglichkeiten."
Zobel, der momentan eine Workshop-Serie zur Digitalen Mustererkennung mit Doktoranden aus Brasilien und Deutschland organisiert, will mit solchen vom BMBF im Rahmen der internationalen Themenkampagne "Medizintechnik" unterstützten Aktionen das Potenzial für Kooperationen in dem BRICS-Staat weiter ausloten. ZiMT-Geschäftsführer Dr. Kurt Höller unterstreicht die Notwendigkeit derartiger Initiativen für den wissenschaftlichen Austausch. "Wir müssen als kompetenter Partner in diesem Bereich sichtbar sein, wofür die Internationalität des ‚Medical Valley Europäische Metropolregion‘, in das unser Forschungscluster 3-D Imaging in Medicine eingebunden ist, und das gezielte Forschungsmarketing der Bundesregierung die Basis schaffen."
Deutsche Informatiker und brasilianische Ärzte: Dem Krebs auf der Spur
Das Heidelberger Cluster QUINO (Quantitative Imaging in Oncology) rund um das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ), und der Forschungsverbund BioNanoMedTech mit den Universitäten Münster und Rostock sowie dem Center for Nanotechnology (CeNTech), im Hintergrund, sind in ihren Vernetzungsaktivitäten schon weit fortgeschritten. So testet die DKFZ-Ausgründung Mint Medical GmbH mit Spezialisten in den Krebszentren Centro Paulista de Oncologia und Hospital Sírio-Libanês in São Paulo eine von ihr entwickelte, weltweit noch einzigartige Software zur Tumorverlaufskontrolle. Das Programm kann extrem hohe Datensätze von Bilderserien mit bis zu 2.000 Einzelaufnahmen, die bei der Diagnose von Tumorerkrankungen und zur Beurteilung des Therapieverlaufs generiert werden, übersichtlich zusammenfassen und sehr schnell aufbereiten. Dadurch kann der behandelnde Arzt sofort erkennen, wie gut ein Patient auf eine spezifische Therapie anspricht und sie ggf. binnen kürzester Zeit adaptieren.
Getestet wird die Software in Brasilien: "Durch ihre Spezialisierung als onkologische Zentren, die es in dieser Form in Deutschland noch nicht gibt, bieten unsere brasilianischen Partner ideale Voraussetzungen", erklärt Dr. Matthias Baumhauer, Geschäftsführer der Mint Medical GmbH. "So kann bereits eine einzelne Onkoklinik viele standardisierte Daten liefern, was die Evaluation der Wirksamkeit einer Therapie vereinfacht." Die brasilianischen Mediziner wiederum profitieren von einer schnelleren und objektiveren Dokumentation der Tumor-Evaluationen. "Diese Software ist ein gutes Beispiel dafür, wie das Verständnis für praktische klinische Abläufe und ein profundes Wissen in Bioinformatik die Behandlung und Pflege von Krebspatienten erheblich verbessern kann", so Dr. Rubens Chojniak, Leiter der Abteilung Bildgebende Diagnostik am A. C. Camargo Cancer Center in São Paulo.
Gemeinsames Forschen an kleinsten Teilchen: Licht aktiviert Nanostrukturen
Neben deutschen Krebsforschern, stehen auch die "Nanotechnologen" mit der brasilianischen Forschungselite in engem Kontakt. Beispielsweise Dr. Cristian Strassert vom Wissenschaftscluster BioNanoMedTech in Münster, der zusammen mit Prof. Dr. Rodrigo Q. Albuquerque vom Instituto de Química de São Carlos an der Universidade de São Paulo an funktionalisierten Nanostrukturen arbeitet, die Bakterien abtöten. Die von den beiden Forschern entwickelten Nanomaterialien heften sich gezielt an schädliche Keime und markieren sie mit einem fluoreszierenden Farbstoff. Bestrahlt man die photosensitiven Strukturen dann mit Licht, bilden sie aggressiven Singulett-Sauerstoff, der die Bakterien zerstört. Diese Nanomaterialien wollen sie nun so weiterentwickeln, dass sie auch auf Sonnenlicht reagieren. Beschichtet man damit die Innenseiten von Glasflaschen, "ließe sich Trinkwasser relativ einfach dekontaminieren. Da in vielen Gebieten Brasiliens das Wasser bakteriell belastet ist, wäre das eine große Hilfe für die Menschen", so Albuquerque. "Zudem ließe sich mit Hilfe des Sonnenlichts verkeimtes Wasser wesentlich effektiver und schonender dekontaminieren als mit Chemikalien", ergänzt Cristian Strassert.
Der Investitionsboom in der medizinischen Infrastruktur Brasiliens bietet den beiden Forschern beste Voraussetzungen, ihr Vorhaben möglichst rasch zu verwirklichen. Darüber hinaus wollen sie ihr Forschungsvorhaben im Rahmen des Deutschlandjahres in Brasilien 2013-2014 als Förderprojekt einreichen. "Wenn wir unser Projekt durchbringen, dann könnten wir aus rein wissenschaftlicher Sicht in zwei Jahren entsprechend funktionalisierte Glasbehälter für Tests zur Verfügung haben", so Albuquerque.
BMBF-Themenkampagne "Germany – Partner for Medical Technology":
Deutschland nimmt aufgrund seiner etablierten Spitzenforschung und der Innovationskraft deutscher Unternehmen im weltweiten Vergleich eine Spitzenposition in der Medizintechnik ein. Je nach Themengebiet kommen zwischen 5 und 20 Prozent der wissenschaftlichen Veröffentlichungen zur Medizintechnik aus Deutschland. Im Rahmen der aktuellen Themenkampagne "Germany – Partner for Medical Technology" des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) fördert die Bundesregierung die Forschung und Entwicklung im Bereich sogenannter Schlüsseltechnologien und unterstützt den Aufbau internationaler Forschungs- und Entwicklungskooperationen mit wichtigen Zielländern wie den USA oder Brasilien. Die Themenkampagne ist Teil der internationalen Dachkampagne "Research in Germany – Land of Ideas" des BMBF.