Bislang errechnen Assistenzsysteme in modernen Kraftfahrzeugen ihre Unterstützung aus Daten, die das Fahrzeug liefert: Geschwindigkeit, Geradeauslauf, Lenk- und Bremsmanöver. Doch die Forscherinnen und Forscher wollen näher ran an die dahinterstehenden Entscheidungen: In Zukunft wollen sie die Hirnaktivitäten des Fahrers in Echtzeit analysieren. Schon heute können die Systeme eine bevorstehende Bremsung mit einem Vorsprung von 0,2 Sekunden erkennen. Zeit genug, sich vorzubereiten – Zehntelsekunden, die gerade bei schweren Lkw und Bussen Leben retten können.
Schlüsseltechnologie für viele Bereiche
"Bei der Neurotechnologie geht es aber um mehr als um Assistenzsysteme", erläutert Professor Klaus-Robert Müller von der Technischen Universität Berlin. Hinter der Forschung stehe die komplexe Frage, was beim Bedienen von Maschinen im Gehirn passiert. Mit ihr sehen Müller und seine Kollegen erhebliches Innovationspotenzial verbunden. Die Entschlüsselung der Hirnsignale mit Hilfe von Informatik und Mathematik weist den Weg zu vielen weiteren Anwendungen und Hightech-Produkten: etwa der Optimierung anspruchsvoller Maschinenarbeitsplätze oder zu Hilfssystemen für Menschen mit Behinderungen. Deshalb fördert der Bund die so genannte Neurotechnologie seit Jahren, gemeinsam mit Unternehmen wie Daimler und Siemens.
Der Supermarkt der Zukunft
Der Kühlschrank stellt fest, was fehlt und bei welchen Produkte demnächst die Haltbarkeit abläuft. RFID-Chips an Milch und Butter machen es möglich. Vor dem Einkaufen speichert man die Informationen auf dem Autoschlüssel oder Mobiltelefon. Im Supermarkt wandert die Einkaufsliste drahtlos aufs Display des Einkaufswagens. Der persönliche Einkaufsassistent hilft beim Auswählen. Weil er die Profile "seiner" Einkäufer gespeichert hat, kennt er Vorlieben, aber auch Probleme wie Allergien. So gibt er Hinweise und warnt gegebenenfalls. Ein anderer animierter Einkaufsberater ("Avatar") weist zwischen den Regalen den Weg zu den Produkten. Bezahlt wird beim Rausgehen per Fingerabdruck.
Auf dem Heimweg erkennt das Auto (wieder anhand der Funkchips an den Produkten), was alles an Bord ist – und was vielleicht noch fehlt. Drohen gekühlte Produkte zu warm zu werden, mahnt der Bordcomputer zum Tempo. Zukunftsmusik? Eher nicht, mit den meisten Funktionen laufen so oder ähnlich bereits Modellversuche. Aber brauchen wir das wirklich – lohnt sich der ganze Aufwand überhaupt?
Potenziale heben
Tatsächlich dürften die Anwendungen nicht alle 1:1 so in der Praxis Fuß fassen, wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sie angelegt haben. Müssen sie auch nicht, Einzelheiten und Produktdesign sind die Sache anderer Fachleute. Wichtig ist, dass die Richtung stimmt. Dann entstehen die innovativen Produkte beinahe von selbst. Dabei geht es nicht allein um Komfort. Die Menschen werden immer älter, die Dienstleistungen und Produkte ständig komplexer. Innovative Infrastrukturen wie der "denkende" Kühlschrank und der digitale Supermarkt haben deshalb Zukunft, sind die Fachleute vom Bundesforschungsministerium überzeugt. Der Markt ist da. Überhaupt birgt die gesamte Haustechnik noch erhebliches Potenzial, das es zu heben gilt, etwa bei der Energieeffizienz.
Innovationen für selbständiges Leben im Alter
Wie schon in den Jahren zuvor zeichnet sich in der Ausstellung des Ministeriums ein weiterer Trend der Forschungsförderung ab: Projekte und Produkte, die alten Menschen ein selbständiges Leben ermöglichen sollen. Haushaltsroboter, selbstlernende Gehhilfen und ein schneller Onlinedraht zum medizinischen Fachpersonal. Und spätestens, wenn man die kurz vor der Marktreife stehenden Systeme ausgeklügelter medizinischer Fernüberwachung ("Homecare") vorgeführt bekommt, wird klar: Forschungsförderung bedeutet mehr als Standort- und Wirtschaftsförderung. Sie investiert in Fortschritte, die den Menschen dienen.