Mit seinen Empfehlungen im Impulspapier „Die deutsch-russische Roadmap: Potenziale - Herausforderungen - Kooperationserfahrungen“ blickt der DAAD auf die Rahmenbedingungen für wissenschaftliche Zusammenarbeit mit der Russischen Föderation. Das DAAD-Kompetenzzentrum Internationale Wissenschaftskooperationen (KIWi) hat dazu Erfahrungen aus verschiedenen Wissenschaftsdisziplinen zusammengetragen und ausgewertet.
Das russische Wissenschaftssystem befindet sich seit rund zehn Jahren in einem tiefgreifenden Reformprozess, die Internationalisierung von Forschung, Studium und Lehre ist ein wichtiger Bestandteil dieser Erneuerung. Das Kooperationsinteresse der russischen Seite, sowohl des Staates wie auch der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, steigt spürbar, so der DAAD. Gleichzeitig vollzieht sich der Prozess in einem zunehmend konfrontativen außenpolitischen Umfeld, mit Konflikten zwischen Russland und der Europäischen Union oder der NATO. Zudem sind regelmäßig Ansätze für eine stärkere Regulierung des Wissenschaftssystems im Land zu sehen.
DAAD-Präsident Prof. Dr. Joybrato Mukherjee sagt:
„Viele deutsche Wissenschaftseinrichtungen haben gemeinsam mit russischen Kooperationspartnern die Chancen der Modernisierung des Wissenschaftssystems genutzt und die Zusammenarbeit gerade in den Naturwissenschaften intensiviert. In den aktuell durchaus schwierigen außenpolitischen Zeiten gilt es, die wissenschaftliche Zusammenarbeit und den vielfältigen akademischen Austausch zu erhalten und, wo möglich, auszubauen.“
Deutsche Hochschulen blickten oftmals auf jahrzehntelange und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit russischen Partnern zurück und seien daher sehr gute Botschafter einer kooperativen Außenwissenschaftspolitik. Russland steht bei deutschen Hochschulen – nach den USA und China – auf dem dritten Platz der Zielländer von Kooperationen.
Die 2018 von Deutschland und Russland verabschiedete Roadmap sei eine gute Arbeitsgrundlage für die akademische Zusammenarbeit, berichten deutsche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Impulspapier. Insbesondere der sehr gute Ausbildungsstand des wissenschaftlichen Nachwuchses und eine beständig hohe Verlässlichkeit werden als positive Erfahrungen deutsch-russischer Wissenschaftskooperationen betont. Allerdings werde in den Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften der Themenrahmen, den man gemeinsam mit russischen Partnern bearbeiten könne, in den letzten Jahren spürbar enger. Langjährige Kooperationen und der Einbezug dieser Disziplinen in die Roadmap böten einen gewissen Schutz, sich in internationalen Kooperationen auch kontroversen Themen zu widmen.
Die Naturwissenschaften zeichnen ein anderes Bild. Die Früchte der Modernisierung des russischen Wissenschaftssystems seien hier besonders sichtbar, etwa in der experimentellen Physik oder der Polarforschung mit hervorragenden Voraussetzungen in den Forschungseinrichtungen vor Ort. Der Ausbau der akademischen Zusammenarbeit in diesem Bereich sei deshalb besonders attraktiv.
DAAD-Präsident Mukherjee erklärt:
„Wir wollen deutsche Studierende, Doktorandinnen und Doktoranden daher ermutigen, die oftmals ausgezeichneten, aber wenig bekannten Forschungsbedingungen in der Russischen Föderation intensiver zu nutzen und damit in gemeinsamen Projekten auch die Freiräume ihrer russischen Partner zu stärken.“
Insbesondere für Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW) bietet die deutsch-russische Zusammenarbeit aus DAAD-Sicht Chancen: Im Rahmen der Roadmap soll der Wissens- und Technologietransfer in die russische Gesellschaft gestärkt werden. Hier können deutsche HAW ihre vielfältigen und herausragenden Erfahrungen in der regionalen Vernetzung zwischen Hochschule, Wirtschaft und Politik einbringen, um anwendungsorientierte Bildung und Forschung in Russland stärker zu etablieren.
Grundsätzlich sollte bei der Anbahnung und Umsetzung russisch-deutscher Kooperationen ausreichend Zeit für den Aufbau vertrauensvoller Beziehungen zu den russischen Partnern eingeplant werden. Bezüge zur auf offizieller Ebene verabschiedeten deutsch-russischen Roadmap können entscheidend dabei helfen, administrative Hürden und Unsicherheiten beim Umgang mit internationalen Kooperationen abzubauen.