Wie gelingt es einem kleinen Land wie Jordanien eine so gewaltige Herausforderung zu meistern? In einem gemeinsamen Forschungsprojekt haben das Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung (WZB), die Universität der Künste (UdK) und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) das jordanische Schulsystem in den Blick genommen, das mit seinem Doppelschicht-System zum Vorbild für andere Länder werden könnte, die Kinder von Flüchtlingen und Migranten in ihr Schulsystem aufnehmen möchten.
Das Doppelschicht-System wird von Jordanien seit 1960 praktiziert – ein Lösungsansatz, um überfüllte Klassenräume öffentlicher Schulen in Jordanien zu entlasten. Heute, mit mehr als 400.000 zusätzlichen Kindern aus Syrien, ist „Double-Shift“ ein effektives Instrument, um ihnen eine Schulbildung zu ermöglichen und sie in die Gesellschaft Jordaniens zu integrieren. Derzeit gibt es 100 Doppelschicht-Schulen im Land. Die Ergebnisse des Projekts werden auf der multimedialen Webseite „Double Shift“ dokumentiert.
Das Projekt zeigt: Dem Land gelingt es überwiegend, die Flüchtlingskinder zu integrieren, doch der Schulalltag bleibt wegen fehlender Ressourcen wie Wasser, Räume, Schulmöbel und -materialien eine Herausforderung. Außerdem gibt es auch kritische Stimmen im Land, unter anderem weil die jordanischen und syrischen Kinder meist getrennt unterrichtet werden. „Dennoch ist das Engagement der Lehrerinnen und Lehrer überwältigend und die Bilanz positiv“, sagt Steffen Huck, Direktor der Abteilung Ökonomik des Wandels am WZB.
Auch für die jordanische Wirtschaft könnte sich die Investition in Bildung für syrische Flüchtlingskinder als Gewinn erweisen. Vor allem durch das Doppelschicht-System gelingt es dem Land, mit vergleichsweise geringem finanziellem Aufwand Kinder zu einer Schulbildung zu verhelfen. Die Analyse „benefits through education“ im Projekt zeigt: Wenn den verbleibenden 79.500 registrierten Flüchtlingskindern aus Syrien, die derzeit noch nicht in Schulen integriert sind, Bildung durch das Doppelschichtsystem ermöglicht werden könnte, würde für Jordanien ein wirtschaftlicher Mehrwert von 266 Millionen Dollar entstehen.