StartseiteAktuellesNachrichtenErste Reformen in der Ukraine beginnen im Hochschulbereich

Erste Reformen in der Ukraine beginnen im Hochschulbereich

Am 1. Juli 2014 verabschiedete das ukrainische Parlament ein neues Gesetz „Über die Hochschulbildung“.Bildungsminister Prof. Kwit sieht die Verabschiedung des Gesetzes als einen der wichtigsten Schwerpunkte der Bildungsreform in der Ukraine. Vorrangiges Ziel des Gesetzes ist für ihn die Stärkung der Autonomie der Hochschulen und ihrer internationalen Wettbewerbsfähigkeit.

Die Verabschiedung des Gesetzes fällt zeitlich mit der Unterzeichnung des EU-Assoziierungsabkommens zusammen, mit dem die Ukraine sich u.a. für die Annäherung der ukrainischen Universitäten an die europäische Hochschulbildungslandschaft verpflichtet hat. Das Hochschulgesetz etabliert zum ersten Mal die wichtigsten Begriffe des Bologna-Prozesses, dem die Ukraine 2005 beigetreten ist. Damit unterstreicht die Ukraine, dass sie die Umsetzung des EU-Assoziierungsabkommens im Bereich der Bildung aktiv begonnen hat.

Das neue Gesetz ist das Ergebnis einer fünfjährigen intensiven Vorbereitung. Seit 2010 versuchte die frühere Regierung vergeblich, ihr Monopolrecht auf Verwaltung im Bereich der Bildung und Forschung durchzusetzen. Aufgrund studentischer Initiativen wurde Anfang 2012 unter der Leitung des Rektors der Nationalen Technischen Universität „Kiewer Polytechnisches Institut“ Prof. Zgurovskiy eine gemeinsame Arbeitsgruppe für die Entwicklung des Gesetzentwurfes gegründet, in der Vertreter aus über 30 Bildungsorganisationen und auch Studierende mitwirkten. Aufgrund des umfassenden Ansatzes des von der Arbeitsgruppe vorgelegten Entwurfs gilt das neue Gesetz als eine grundlegende Systemreform.

Gegenüber dem alten Gesetz beziehen sich die wichtigsten Änderungen auf:

  1. Schaffung eines separaten, unabhängigen und kollegialen Organs, „Nationale Agentur für die Sicherung der Qualität der Hochschulbildung“. Seit der Erlangung der Unabhängigkeit ist die Anzahl der Hochschulen in der Ukraine gestiegen, was jedoch nicht mit einer Steigerung des Bildungsniveaus einherging. Die neue Agentur soll alle Studiengänge auf der Grundlage von Mindeststandards akkreditieren und somit ein zentrales Qualitätssicherungsorgan werden. Die Ergebnisse der Qualitätsprüfung werden veröffentlicht. In der Agentur werden die Hochschulen, Arbeitgeber, Studierende und Mitglieder der Nationalen Akademie der Wissenschaften vertreten sein. 
  2. Einführung einer umfassenden Autonomie der Hochschulen mit Selbständigkeit, Unabhängigkeit und Verantwortung bei Entscheidungen zur Entwicklung der akademischen Angelegenheiten in Lehre und Forschung, der internen Verwaltung, der wirtschaftlichen und anderen Tätigkeiten sowie der Auswahl des Personals.
  3. Verfahren für die Rektorenwahl und Beschränkung der Amtszeiten. Wahlberechtigt ist das gesamte Lehrpersonal, und anteilig sonstige Mitarbeiter sowie Studierende. Die Amtszeit der Rektoren wird auf fünf Jahre mit einer einmaligen Wiederwahl beschränkt. Eine entsprechende Regelung gilt auch für die Wahl von Dekanen und Lehrstuhlleitern. Das Abberufungsverfahren von Rektoren wird vereinfacht.
  4. Übertragung des Rechts auf Verleihung der wissenschaftlichen Grade in die Verantwortung der Hochschulen. Die Nationale Agentur akkreditiert lediglich sogenannte „Spezialräte“ in den Hochschulen (in Deutschland äquivalent zum Promotionsausschuss) und untersucht etwaige Einsprüche gegen deren Entscheidungen. Darüber hinaus sieht das Gesetz erstmalig Maßnahmen zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis vor, z.B. eine obligatorische Veröffentlichung von Doktorarbeiten im Internet. Der bisherige Grad des "kandidat nauk" wird durch den Grad "doktor filozifii" ersetzt.
  5. Förderung der Mobilität von Studierenden und Lehrkräften. Seit Jahren wurde die Möglichkeit der freien Konkurrenz mit ausländischen Wissenschaftlern und Lehrkräften durch das Nostrifikationsverfahren (Anerkennung der ausländischen Bildungsnachweise und Abschlüsse) verhindert. In dem neuen Gesetz erhalten die wissenschaftlichen Räte der Hochschulen das Recht auf die endgültige und selbständige Anerkennung von ausländischen Bildungsnachweisen und Abschlüssen. Damit erhalten die Hochschulen unter anderem auch die Möglichkeit, eigenständig Gastprofessuren für ausländische Wissenschaftler einzurichten bzw. ausländische Wissenschaftler einzustellen.
  6. Kompatibilität der Studienstruktur mit der Studienstruktur im Europäischen Hochschulraum, durch verbindliche Einführung der drei Abschlüsse Bachelor, Master und Promotion.
  7. Senkung des Lehrdeputats für die Lehrkräfte von 900 auf 600 Stunden im Jahr. Für wissenschaftliche Mitarbeiter bedeutet diese Minderung der Lehrbelastung mehr Zeit für eigene Forschungsaktivitäten. Für die Studierenden wird der Workload für einen Kreditpunkt von 36 auf 30 Stunden gesenkt und somit ebenfalls an die europäischen Standards angeglichen.
  8. Etablierung einer „unabhängigen externen Evaluierung“ der Schulabsolventen, um gleiches Zugangsrecht zum Hochschulstudium zu gewährleisten bzw. die Korruption in diesem Bereich einzudämmen. Zudem sollen ab 2016 ein elektronisches Verfahren für Studienbewerber und eine automatische Vergabe von staatlichen Studienstipendien eingeführt werden.

Große Teile des Gesetzes treten am 9. September 2014 in Kraft. Weitere Bestimmungen werden stufenweise am 1.September 2015 und am 1. Januar 2016 wirksam.

Quelle: Ansprechpartner für Forschungskooperation DEinternational im Auftrag von BMBF Redaktion: Länder / Organisationen: Ukraine Themen: Bildung und Hochschulen Strategie und Rahmenbedingungen

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