Überblick zur Bildungs-, Forschungs- und Innovationslandschaft und -politik: Ukraine
Die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs
Durch den völkerrechtswidrigen russischen Angriffskrieg wird das ukrainische Bildungs- und Forschungssystem vor immense Herausforderungen gestellt. Bereits seit 2014 hatte die russische Annexion der Krim und der andauernde militärische Konflikt im Osten der Ukraine zur Reduzierung der Hochschul- und Forschungskapazitäten geführt. In den betroffenen Gebieten waren insgesamt 143 Hochschuleinrichtungen angesiedelt, die vor 2014 knapp ein Drittel der ukrainischen Studierenden aufnahmen. Dazu kamen 140 Forschungseinrichtungen, die 12 Prozent aller Forschungseinrichtungen in der Ukraine repräsentierten (siehe Olesya Friedman und Stefan Trines (2019): Education in Ukraine, siehe auch Artikel Nature, März 2016 Conflicting laws threaten Ukrainian science).
Seit Februar 2022 wurde und wird die ukrainische Bildungs- und Forschungsinfrastruktur durch russische Angriffe schwer beschädigt und in Teilen vollständig zerstört. Das tatsächliche Ausmaß der Zerstörung wird erst nach dem Krieg zu ermessen sein. Dies und die Flucht der zahlreichen Forschenden innerhalb und außerhalb der Ukraine wird das Wissenschaftssystem nachhaltig beeinflussen. Es gibt Schätzungen, nach denen 4.000 bzw. sogar 12.000 Forschende das Land verlassen haben. Damit wäre jeder vierte Forschende aus der Ukraine migriert (siehe dazu OECD 2022: The Future of Science in Ukraine, S. 5). Die größte und schwierigste Herausforderung wird dabei die Verhinderung eines katastrophalen Brain-Drains in Folge der Fluchtbewegungen sowie der Wiederaufbau der ukrainischen Forschungsinfrastruktur sein.
Im „Ukraine's Recovery Plan 2022“ skizziert die Ukraine ihre ambitionierten Zukunfts- und Wiederaufbaupläne, auch in Bildung, Forschung und Innovation (Ukraine Recovery Plan: Education and Science). Im Folgenden werden deshalb die bereits vor dem russischen Angriffskrieg erfolgten Entwicklungen im Bereich Bildung, Forschung und Innovation dargestellt.
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Bildungssystem
Zuständig für die ukrainische Bildungspolitik ist auf allen Ebenen von der Vorschulerziehung bis hin zu den Hochschulen das Ministerium für Bildung und Wissenschaft (MBW). Das Ministerium entwickelt die Bildungsstandards und ist vorgesetzte Behörde für die Institutionen.
Erste Reformen im Hochschulbereich wurden 2014 beschlossen. Im September 2017 verabschiedete das Parlament ein neues Bildungsgesetz, das umfangreiche Bildungsreformen im Schulsektor vorsieht, die jedoch über einen längeren Zeitraum implementiert werden. 2019 wurden weitere Reformen im Berufsbildungsbereich geplant (Regierungsportal Ukraine: Education for the successful Ukraine).
Die Schulbildung in der Ukraine gliedert sich nach den Reformen in drei Schulstufen: Grundschule (1. bis 4. Klasse), Mittelschule (5. bis 9. Klasse, Sekundstufe I) und Oberschule (10. bis 12. Klasse, Sekundarstufe II). Neu eingeführt wurde das 12. Schuljahr, um die Standards in der Ukraine an internationale Standards anzugleichen, die Umsetzung soll jedoch erst 2027 erfolgen (Olesya Friedman und Stefan Trines (2019): Education in Ukraine). Am Ende der 12. Klasse wird nach dem Bestehen einer Abschlussprüfung ein „Zeugnis der vollständigen Allgemeinbildung“ erteilt, das den Hochschulzugang ermöglicht.
Optionen für Berufsbildung gibt es sowohl in der Sekundarstufe II, im postsekundären Bereich als auch im tertiären Bereich. Berufsbildung an Berufsschulen, spezialisierten technischen Berufsschulen sowie in Bildungs- und Produktionszentren wird mit dem Diplom „Qualifizierter Arbeiter“ abgeschlossen. Die Dauer variiert je nach Eingangsqualifikation. Diejenigen Auszubildenden, die zuvor den Abschluss der allgemeinbildenden Sekundarstufe I nach der 9. Klasse erlangt haben, können einem Level 2-Programm mit allgemeinbildenden Elementen folgen. In diesem Fall berechtigt der Erwerb des Abschlusses Qualifizierter Arbeiter auch zum anschließenden Hochschulbesuch.
Ein wichtiges Reformanliegen für die ukrainische Regierung ist die Einführung von dualer Berufsbildung, um Fachkräfte auszubilden, die den Anforderungen des Arbeitsmarktes genügen. Ziel ist es, 60-70 Prozent der Ausbildungszeit durch praktische und betriebliche Ausbildung zu gestalten. Im September 2018 wurden in einem ersten Modellversuch Elemente dualer Ausbildung an 198 Berufsschulen unter Kooperation von 800 Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber eingeführt (Regierungsportal Ukraine: Education and Science Reform).
Ein anderer Teil der Berufsbildung wird als tertiäre Berufsbildung in 370 fachhochschulähnlichen spezialisierten Einrichtungen (Colleges, Technical Schools) vermittelt, wovon etwa 16 Prozent privat organisiert sind (siehe State Statistics Service of Ukraine – Institutions of Tertiary Education, ehemalige Akkreditierungsstufen I-II). Diese Ausbildung wird nach 2, in einigen Fällen 3-4 Jahren mit einem „Junior Bachelor“ abgeschlossen (früher „Junior Spezialist“). Da der Bildungsweg zum Junior Bachelor bereits zur Tertiärbildung zählt, ist ein Abschluss der Sekundarstufe II Zugangsvoraussetzung. Während die Colleges teilweise auch den nächsthöheren Abschluss, den Bachelor vergeben, sind diese von der Vergabe von Masterabschlüssen ausgeschlossen.
Mit Stand von 2018/19 gibt es in der Ukraine 282 Hochschuleinrichtungen, die einen Master-Abschluss verleihen können (siehe State Statistics Service of Ukraine – Institutions of Tertiary Education, ehemalige Akkreditierungsstufen III-IV). Neben der Vorstufe Juniorbachelor können grundsätzlich folgende Bildungsabschlüsse erlangt werden (dabei bieten nicht alle Institutionen alle Abschlüsse an):
- erste Stufe: Bachelor (Bakalavr) nach 3-4 Jahren,
- zweite Stufe: Master (Magistr) nach 2 Jahren,
- dritte oder Promotionsstufe: Doctor of Philosophy, PhD., nach 3 Jahren und
- eine weitere wissenschaftliche Stufe: Doctor of Sciences.
Die beiden Doktorgrade ersetzen die zuvor in der Ukraine verliehenen Grade „Candidate of Sciences“ (Kandydat Nauk) und „Doctor of Sciences“ (Doktor Nauk). Die Erlangung des zweiten Doktorgrades ist in der Ukraine nach wie vor Voraussetzung, um eine Vollprofessur zu erhalten (Olesya Friedman und Stefan Trines (2019): Education in Ukraine).
Die überwiegende Mehrzahl der ukrainischen Hochschuleinrichtungen ist staatlich, ca. ein Viertel ist privat organisiert. Von den staatlichen Hochschulen tragen 120 den Titel einer „Nationalen Universität“, um ihre herausragende Stellung im ukrainischen Hochschulsystem zu unterstreichen. Viele ukrainische Hochschulen sind der Tradition des Sowjetsystems folgend spezialisiert und somit monodisziplinär ausgerichtet. Der ehemalige BAYHOST-Kompetenzatlas verzeichnete daher lediglich 12 Profile von Volluniversitäten. Ähnlich wie in Polen und der Russischen Föderation wurde das Studium der Medizin weitgehend in medizinische Hochschulen verlagert, die dem Gesundheitsministerium zugeordnet sind. Diese Zuordnung zu Fachministerien gilt in der Ukraine auch für zahlreiche andere Hochschulen, so zum Beispiel für die landwirtschaftlichen Hochschulen, die dem Agrarministerium unterstehen.
Im Studienjahr 2008 betrug die Anzahl der Studierenden an tertiären Bildungseinrichtungen noch 2.847 Mio, nach einem stetigen Rückgang waren es 2018 nur noch 1.615 Mio. Studierende (siehe Bildungsindikatoren). Die Studiengebühren liegen zwischen 300 und 1.500 Euro pro Studienjahr je nach Fach und Hochschule, für Ausländer bis zu 4.000 Euro pro Jahr für das Studium in englischsprachigen BA/MA-Programmen und bis zu 4.500 Euro für ein Promotionsprogramm an einer führenden Technischen Universität (siehe DAAD-Bildungssystemanalyse 2017).
Im Juli 2014 beschloss die ukrainische Regierung Reformen im Hochschulbereich. So wurde die Autonomie der Hochschulen gestärkt und eine unabhängige Nationale Agentur für Qualitätssicherung in der Hochschulbildung gegründet. Im Dezember 2018 wurden 22 Mitglieder der Nationalen Agentur auf Basis eines neuen transparenten Auswahlverfahrens durch eine international besetzte Auswahlkommission ausgewählt und der frühere Bildungsminister Prof. Serhii Kwit wurde durch das Ministerkabinett zum Leiter der Nationalen Agentur ernannt.
Zu den Stärken des ukrainischen Bildungssystems zählt der vergleichsweise hohe Anteil der Hochschulgraduierten, die einen Abschluss in den technischen Fächern erzielen. Die Ukraine übertrifft damit die Durchschnittswerte der OECD (siehe Bildungsindikatoren).
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Links/Institutionen
Forschungs- und Innovationssystem
Die FuE-Intensität, das heißt der Anteil der FuE-Ausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) war innerhalb zwei Jahrzehnten von 1,2 Prozent (1996) auf 0,4 Prozent (2017) stetig gesunken. In 2018 gab es einen leichten Aufwärtstrend, der sich jedoch in den kommenden Jahren nicht bestätigte. Im Jahr 2022, dem ersten Kriegsjahr, wurden nur noch 0,3 Prozent erreicht (siehe FuE-Indikatoren). Zwischen 2006 und 2018 hat sich die Anzahl der ukrainischen Forschenden gemessen in Vollzeitäquivalenten von 68.764 auf 41.713 um mehr als ein Drittel reduziert. Zu diesem Indikator legt die UNESCO jedoch keine aktuellen Daten mehr vor (siehe Archiv FuE-Indikatoren).
In Bezug auf die Anzahl der wissenschaftlichen Publikationen nahm die Ukraine 2023 weltweit Rang 42 ein (Quelle: SCImago. SJR — SCImago Journal & Country Rank. Retrieved April 26, 2024, from www.scimagojr.com).
Im Global Innovation Index (GII) 2023 werden Innovationsleistungen der Länder weitgehend unabhängig von absoluten Größenordnungen bewertet. Im GII belegt die Ukraine im weltweiten Vergleich Rang 55. Innerhalb der Gruppe der Länder mit niedrigem mittlerem Einkommen („lower middle income countries") liegt die Ukraine damit sogar auf Rang 3 hinter Indien und Vietnam.
Die Zuständigkeit für FuE liegt bei dem Ministerium für Bildung und Wissenschaft (MBW). Für Innovation ist grundsätzlich das Ministerium für Wirtschaft, Handel und Agrarwirtschaft (MEDT) zuständig.
Grundzüge des ukrainischen Forschungs- und Innovationssystems, die den Stand vor der Einführung von Reformen und dem russischen Angriffskrieg reflektieren, sind in Dokumenten der Europäischen Kommission und der Weltbank beschrieben (siehe insbesondere die Veröffentlichung der Europ. Kommission Peer Review of The Ukrainian Research and Innovation System: Background report (2016)). Die Weltbank hatte 2017 mit schwedischer Unterstützung das technische Hilfsprojekt „World Bank’s Ukraine Technical Assistance Mission on Innovation Support” durchgeführt (Zusammenfassung „Can Ukraine transform itself into an innovation-driven economy?“). Dazu kartierte die Weltbank das ukrainische Innovationsökosystem und empfahl der ukrainischen Regierung, eine Innovationsagentur mit weitreichenden Fördermöglichkeiten, auch für Unternehmertum und Start-Ups zu schaffen (Weltbank (2017a): Ukraine - Innovation and entrepreneurship ecosystem diagnostic, S. 8).
Die Ukraine hat aus den Zeiten der Sowjetunion das klassische Akademiensystem „geerbt“. Der öffentliche Forschungssektor wird nicht durch forschungsstarke Hochschulen sondern durch mehrere Akademien dominiert, die gleichzeitig Fachgesellschaften und Forschungseinrichtungen sind. Diese sind dem Ministerkabinett der Ukraine zugeordnet, sie sind jedoch vom ukrainischen Staat weitgehend unabhängig und können ihre eigenen fachlichen Schwerpunkte setzen. Die größte Akademie ist die 1918 gegründete Nationale Akademie der Wissenschaften (NAdWU, englisch National Academy of Sciences of Ukraine, NASU), die Grundlagenforschung und angewandte Forschung durchführt und in Jahresberichten in englischer Sprache über ihre Tätigkeit informiert (Übersicht Jahresberichte der NAdWU). Den drei Sektionen 1. Physikalische, Technische und Mathematische Wissenschaften, 2. Chemische und Biologische Wissenschaften und 3. Sozial- und Geisteswissenschaften sind insgesamt 14 Abteilungen und 159 Forschungsinstitutionen zugeordnet. Zu den sogenannten sektoralen Akademien zählen die 1931 gegründete Nationale Akademie der Agrarwissenschaften (National Academy of Agrarian Sciences, NAASU) und die 1993 gegründete Nationale Akademie der medizinischen Wissenschaften (National Academy of Medical Sciences, NAMSU, Internetauftritt in Ukrainisch), die sowohl Grundlagenforschung als auch klinische Forschung durchführt. Zu den kleineren Akademien gehören die Nationale Akademie der Bildungswissenschaften (National Academy of Educational Sciences, NAES) und die Nationale Akademie der Rechtswissenschaften (National Academy of Law)
Den Großteil der ukrainischen Ausgaben für FuE in Unternehmen machten Ausgaben von industrienahen (halb-)staatlichen Forschungsinstituten aus, die in der Ukraine dem Unternehmenssektor zugerechnet werden. Die produzierenden Unternehmen selbst betrieben nur wenig FuE. Die Weltbank sah einen Grund in der Hinwendung zum Westen, wodurch uE-intensive mit Russland verbundene Wirtschaftssektoren geschwächt und FuE-schwache Wirtschaftssektoren, wie Landwirtschaft und Metallproduktion gestärkt wurden (Weltbank (2017a), S. 46). Allerdings gab es gleichzeitig eine Reihe von multinationalen Unternehmen, die – angezogen durch technisch gut ausgebildete Fachkräfte und relativ niedrige Arbeitskosten – in der Ukraine FuE-Zentren gegründet hatten. Dazu zählen Samsung, Boeing and Oracle (Weltbank (2017a), S. 41). Bereits 2009 wurde das Samsung R&D Institute Ukraine (SRK) in Kiew eröffnet (siehe auch Vadim Rogovskiy (2017): „Why Building R&D In Ukraine Is A Great Idea“).
Die Stärke öffentlich-privater FuE-Kooperation wird unter anderem durch den Anteil der in Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen durchgeführten FuE, der durch Unternehmen finanziert wird, gemessen. Dazu lagen in der internationalen Statistik keine Angaben zur Ukraine vor, aufgrund der Besonderheiten des Unternehmenssektors (siehe oben) wären diese auch schwierig zu bewerten. Der Anteil wissenschaftlicher Publikationen in öffentlich-privater Ko-Autorenschaft ist sehr gering. Obwohl der Hochschulsektor und der private Unternehmenssektor nur wenig verzahnt sind, gibt es Ausnahmen wie zum Beispiel die Nationale Technische Universität „Kiewer Polytechnisches Institut” (KPI), die Partnerschaften mit der Industrie eingeht und einen Wissenschaftspark unterhält (siehe Weltbank (2017a), S. 22).
Die regionalen Schwerpunkte von Forschung und Innovation liegen in der Hauptstadt Kiew, mit weitem Abstand gefolgt von der Region Charkiw im Osten des Landes und Lwiw (ehemals Lemberg) im Westen. Der traditionelle Finanzierungsmodus für FuE an Akademien ist die institutionelle Finanzierung. Bei den Hochschulen wurde lange Zeit ausschließlich die Kiewer Nationale Taras-Shevchenko-Universität und seit 2018 die Nationale Technische Universität „Kiewer Polytechnisches Institut“ (KPI) mit Grundfinanzierung bedacht. Ein Teil der sehr begrenzten wettbewerblichen Fördermittel wurde durch das Ministerium für Bildung und Wissenschaft (MBW) vergeben. Für Unternehmen, die angewandte FuE oder Innovation durchführen wollten, standen in der Ukraine kaum inländische Fördermöglichkeiten zur Verfügung (siehe Weltbank (2017a), S. 46).
Die Maidan-Revolution von 2014 und die damit verbundene Neuorientierung hin zum Westen hatte den Reformwillen der ukrainischen Regierung gestärkt. Die Europäische Kommission leistete dabei Unterstützung, indem sie der Ukraine die Teilnahme an einem sogenannten Policy Support Facility (PSF) Peer Review ermöglichte („PSF Peer Review“). Die ukrainische Regierung zeigte sich gegenüber den Reformvorschlägen, die aus dem Prozess resultierten, grundsätzlich aufgeschlossen (siehe Europ. Kommission (2016b) Report Peer Review of the Ukrainian Research and Innovation System). Die auf dieser Basis formulierten Ziele der ukrainischen FuE-Politik waren:
- Aufbau des Nationalen Rates der Ukraine für die Entwicklung der Wissenschaft und Technologien (National Board on the Development of Science and Technology, NRUWT). Der Rat soll als neues ressortübergreifendes politisches Steuerungs- und Beratungsgremium agieren, um den politischen Stellenwert von Forschung und Innovation in der Ukraine zu erhöhen und den Reformprozess zu steuern. Im Januar 2018 kam der Rat zu seiner ersten Sitzung zusammen;
- Erarbeitung von Regularien für den Aufbau von staatlichen Key-Labors, die im Juli 2019 per Ministerkabinettbeschluss verabschiedet wurden;
- Erarbeitung von Regularien für Universitäten zur Erlangung des Status einer Forschungsuniversität, der zu zusätzlicher Forschungsförderung für diese Institutionen führen soll;
- Etablierung der Nationalen Forschungsstiftung der Ukraine (NFSU): Durch die NFSU soll die staatliche FuE-Förderung insgesamt und insbesondere für die staatlichen Key-Labors und Forschungsuniversitäten aufgestockt werden. Damit wird das Ziel verfolgt, 40 Prozent des staatlichen Haushaltsbudgets für Wissenschaft auf wettbewerblicher Basis zu vergeben.
Die Stiftung wurde als eine unabhängige gemeinnützige Haushaltseinrichtung gegründet, dessen Hauptaufgaben die Förderung der Grundlagenforschung, der angewandten Forschung und der wissenschaftlichen und technischen experimentellen Entwicklung sind. Die rechtlichen Grundlagen für die Einrichtung der neuen Stiftung wurden bereits 2016 und 2018 geschaffen. Die NFSU wurde im Januar 2019 als eigenständige juristische Person eingetragen und löste ihren Vorgänger, den Staatlichen Fonds für Grundlagenforschung der Ukraine (DFFD) ab. Nach zahlreichen Verzögerungen veröffentlichte die NFSU im Frühjahr 2020 ihre erste Förderbekanntmachung.
Weitere Informationen
Links/Institutionen
- EC-OECD STIP COMPASS: Ukraine – Länderinformationen zur Wissenschafts-, Technologie- und Innovationspolitik
- Ukraine: Ministerium für Bildung und Wissenschaft
- Ukraine: Ministerium für Wirtschaft
- Ukraine: NASU - National Academy of Sciences of Ukraine
- Ukraine: NSFU - Nationale Stiftung für Forschungsförderung
Nachrichten
Indikatoren für Bildung
Indikator |
Ukraine |
Deutschland |
Stand |
|
---|---|---|---|---|
Anteil öffentlicher Bildungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt (BIP) [Prozent] |
5,74 |
4,53 |
2021 |
|
Wachstum des öffentlichen Bildungsanteils am BIP (Differenz des BIP-Bildungsanteils zu dem des Vorjahres [Prozent] |
0,36 |
-1,06 |
2021 |
|
Anteil öffentlicher Ausgaben für die tertiäre Bildung am BIP [Prozent] |
1,31 |
1,39 |
2020 |
|
Anteil internationaler abschlussorientierter Studierender aus dem Land [Prozent]* |
6,08 |
3,77 |
2021 |
|
Anzahl Studierender im Tertiärbereich insgesamt [Mio.] |
1,329 |
3,352 |
2022/21 |
|
Anteil internationaler abschlussorientierter Studierender im Land [Prozent]** |
4,90 |
11,23 |
2021 |
|
Anzahl Promovierender insgesamt |
26.729 |
192.270 |
2021 |
|
Anteil an neuen Studienabschlüssen in Mathematik, Statistik und Naturwissenschaften [Prozent] |
3,46 |
7,96 |
2021 |
|
Anteil an neuen Studienabschlüssen in Ingenieurswissenschaften, Fertigung und Konstruktion [Prozent] |
15,16 |
22,13 |
2021 |
|
PISA-Ergebnisse: Lesen [Punktzahl (Platzierung)] |
428 (45) |
480 (21) |
2022 |
|
PISA-Ergebnisse: Mathematik [Punktzahl (Platzierung)] |
441 (41) |
475 (24) |
2022 |
|
PISA-Ergebnisse: Naturwissenschaften [Punktzahl (Platzierung)] |
450 (39) |
492 (22) |
2022 |
|
Weitere Informationen
Links/Institutionen
FuE-Indikatoren
Indikator |
Ukraine |
Deutschland |
OECD-Gesamt |
Stand |
---|---|---|---|---|
FuE-Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) [Prozent](1) |
0,3 |
3,1 |
3,0 |
2022/21/21 |
Anzahl der Forschenden (VZÄ) je Million Einwohner-/innen(1) |
581 |
5.536 |
4.079 |
2022/21/20 |
Anteil internationaler Ko-Patente an Patentanmeldungen unter dem Vertrag über Patentzusammenarbeit (PCT) [Prozent](2) |
29,6 |
19,3 |
8,2 |
2020 |
Indikatoren Stand März 2021 (Archiv)
Indikator |
Ukraine(1) |
Deutschland(2) |
OECD-Gesamt(2) |
Stand |
---|---|---|---|---|
Nationale FuE-Ausgaben [Mio. USD*] |
2.515 |
147.502 |
1.560.968 |
2018/19/19 |
FuE-Ausgabenwachstum im Vergleich zum Vorjahr [Prozent] |
11,2 |
3,8 |
5,7 |
2018/19/19 |
FuE-Anteil am Bruttoinlandsprodukt (BIP) [Prozent] |
0,5 |
3,2 |
2,5 |
2018/19/19 |
Ausgaben für FuE in Unternehmen (BERD) [Mio. USD*] |
1.470 |
101.747 |
1.112.817 |
2018/19/19 |
Anteil von BERD am BIP [Prozent] |
0,3 |
2,2 |
1,8 |
2018/19/19 |
Ausgaben für FuE in Hochschulen (HERD) [Mio. USD*] |
168 |
25.528 |
258.395 |
2018/19/19 |
Anteil von HERD am BIP [Prozent] |
0,03 |
0,6 |
0,4 |
2018/19/19 |
Ausgaben für FuE in außeruniversitären öffentlichen Forschungseinrichtungen (GOVERD) [Mio. USD*] |
876 |
20.227 |
151.334 |
2018/19/19 |
Anteil von GOVERD am BIP [Prozent] |
0,2 |
0,4 |
0,2 |
2018/19/19 |
Anzahl der Forschenden (Vollzeitäquivalente) |
41.713 |
449.464 |
5.347.423 |
2018/19/18 |
Anzahl der Forschenden (VZÄ) je 1000 Beschäftigte |
2,4 |
9,9 |
8,9 |
2018/19/18 |
Anteil der Forschenden (VZÄ) in privaten Unternehmen [Prozent] |
27,3 |
60,7 |
63,6 |
2018/19/18 |
Anteil internationaler Ko-Patente an Patentanmeldungen unter dem Vertrag über Patentzusammenarbeit (PCT) [Prozent](3) |
23,3 |
16,6 |
7,7 |
2017 |
Weitere Informationen
FuE-Finanzierung (Archiv, neue Daten fehlen)
In den OECD-Ländern mit überwiegend hohem Einkommen finanziert meist die inländische Wirtschaft den größten Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung (OECD Gesamt 62 Prozent, Deutschland 66 Prozent). Die Anteile betragen für den Staat 25 bis 28 Prozent und für das Ausland 6 bis 7 Prozent (OECD Gesamt und Deutschland).
In der Ukraine ist dagegen der Staat vor der inländischen Wirtschaft die wichtigste Finanzierungsquelle, wie es für Länder mit mittlerem Einkommen wie die Ukraine (Einteilung Weltbank) typisch ist. Auffällig ist der hohe Anteil an Auslandsfinanzierung: Mehr als ein Fünftel der Ausgaben für Forschung und Entwicklung in der Ukraine wird durch ausländische Quellen finanziert.
FuE-Durchführung (Archiv, neue Daten fehlen)
Bei der Durchführung von Forschung und Entwicklung nehmen die Unternehmen in den OECD-Ländern meist eine dominante Rolle ein (Anteile für Deutschland und OECD Gesamt liegen bei 69 und 71 Prozent). In der Ukraine ist der Anteil der Unternehmen bei der Durchführung deutlich höher als bei der Finanzierung. Dies lässt sich durch statistische Besonderheiten erklären: Ähnlich wie in Russland werden die meisten der dem Unternehmenssektor zugerechneten Aktivitäten nicht durch private Unternehmen sondern durch Industrieforschungsinstitute durchgeführt, welche den Status (halb)staatlicher Unternehmen haben und einen Anteil staatlicher Grundfinanzierung erhalten.
Im öffentlichen Sektor sind der OECD-Raum und in geringerem Maße auch Deutschland hochschulzentriert (Verhältnis von GOVERD zu HERD von etwa 35 : 65 bzw. 45 : 55). Im Vergleich dazu dominieren in der Ukraine die außeruniversitären Forschungseinrichtungen gegenüber den Hochschulen (Verhältnis von GOVERD zu HERD von 80 : 20).
Bibliometrie
Die Verteilung der Publikationen auf Fachgebiete kann erste Hinweise auf die Stärken eines Forschungssystems geben (Bezugsjahr 2016, (Quelle: SCImago (2007). SJR – SCImago Journal & Country Rank. Retrieved August 8, 2017, from http://www.scimagojr.com)).
Das fachliche Profil der Ukraine entspricht nach wie vor dem klassischen osteuropäischen Profil mit sehr starker Physik und Astronomie sowie relativ schwacher Medizin. An erster Stelle in der Ukraine liegen Physik und Astronomie mit den höchsten Publikationsanteilen (20,1 Prozent), dann folgen Ingenieurwissenschaften (14,9 Prozent), die weltweit ebenfalls an zweiter Stelle liegen.
Hingegen ist die Medizin, die weltweit mit den höchsten Publikationsanteilen an erster Stelle liegt (Welt: 13,9 Prozent sowie Deutschland: etwa 16,7 Prozent), in der Ukraine mit einem Anteil von lediglich 4,9 Prozent von untergeordneter Bedeutung. Zwar hat der Anteil der Medizin in der Ukraine etwas zugenommen, während der Anteil von Physik und Astronomie in den letzten zwei Jahrzehnten leicht zurückgegangen ist. Im Vergleich zu anderen osteuropäischen Ländern handelt es sich jedoch in der Ukraine nur um geringfügige Verschiebungen.
Eine Spezialisierung der Ukraine ist in folgenden Fachgebieten festzustellen (Auswahl basierend auf Spezialisierungsindex Länderanteil/Weltanteil ≥ 1,3):
- Physik und Astronomie (20,1 Prozent, Welt: 7,8 Prozent, Deutschland: 9,6 Prozent)
- Ingenieurwissenschaften (14,9 Prozent, Welt: 10, Prozent, Deutschland: 9,3 Prozent)
- Materialwissenschaften (12,6 Prozent, Welt und Deutschland: 6,0 Prozent)
- Mathematik (7,6 Prozent, Welt: 4,3 Prozent und Deutschland: 4,6 Prozent)
- Energie (4,5 Prozent, Welt: 2,1 Prozent, Deutschland: 1,6 Prozent).
Bei einem weltweiten Vergleich der Anzahl der Publikationen liegt die Ukraine im Jahr 2016 insgesamt auf Rang 47. Innerhalb der einzelnen Fachgebiete erreicht die Ukraine die beste Platzierung in Physik und Astronomie (Rang 25).