Wie Le Monde berichtet, beschäftigten nur neun der 40 führenden französischen Aktiengesellschaften (CAC 40) eine „signifikante Anzahl“ Promovierter und seien vom Wert des Doktorgrades überzeugt. Und auch die Beamten im Höheren Dienst (Grands corps de l'État) werden weiterhin fast ausschließlich aus den entsprechenden spezialisierten Hochschulen, den Grandes Écoles (zum Beispiel ENA oder École Polytechnique), rekrutiert obwohl das Hochschul- und Forschungsgesetz von 2013 (Loi du 22 juillet 2013 relative à l'enseignement supérieur et à la recherche) die Bewerbungsverfahren explizit für Promovierte öffnet.
Wie Le Monde schreibt, ist die geringere gesellschaftliche Anerkennung der Promotion in Frankreich insbesondere auf das zweigeteilte Ausbildungssystem Universitäten-Grandes Écoles zurückzuführen. Da in den Grandes Écoles traditionell ein großer Anteil der Staatsbediensteten und Unternehmensvorstände ausgebildet würde, hätten es die aus den Universitäten kommenden Promovierten schwerer als in anderen Ländern, adäquate Anstellungen zu finden. Der Netzwerkfaktor spiele hierbei eine wichtige Rolle. Gleichzeitig, so die Tageszeitung, arbeiteten die Absolventen der Grandes Écoles anschließend häufig in internationalen Einrichtungen oder Unternehmen. Und dort wiederum sei die Promotion der anerkannteste Abschluss. Dies habe zur Folge, dass die Absolventen versuchten, einen Doktortitel über den Weg der Weiterbildung zu erlangen. Der Regierungsentwurf zur Neugestaltung der Promotion hatte im Frühjahr für Diskussionen gesorgt, insbesondere weil dort vorgeschlagen wurde, den Doktortitel auf Basis der Anerkennung beruflicher Erfahrungen (Validation des acquis de l’expérience, VAE) zu verleihen. Die Überarbeitung ist nun für das Frühjahr 2016 angekündigt. Dann, so Le Monde, solle auch das wichtigste Instrument zur Promotionsfinanzierung, die Contrats doctoraux, reformiert werden um Berufstätigkeit und Forschung besser vereinbaren zu können.
Ein Problem sei zudem die gegenseitige unzureichende Kenntnis der Wissenschafts- und Unternehmenswelt. Promovierte hätten nicht immer ein positives Bild der Privatwirtschaft, stellt eine im Dossier zitierte Studie des Vereins für die Anstellung von Führungskräften APEC (Association pour l’emploi des cadres) und der Nationalen Promoviertenvereinigung ANDès (Association nationale des docteurs) fest. Der Arbeitgeberverband Medef ergänzt: Unternehmen wüssten oft nicht, was Promovierte zu leisten vermögen und hielten sie für „Laborratten“ oder zu spezialisierte Forscher. Die universitären Doktorandenschulen (Écoles doctorales) aber auch der Verein ABG (Association Bernard Gregory) unterstützen Doktoranden und Promovierte zunehmend beim Start in Berufslaufbahnen außerhalb der akademischen Welt. Der Leiter der ABG, Vincent Mignotte, sieht in den letzten Jahren hierbei große Fortschritte: „Die großen Unternehmensgruppen suchen zunehmend dezidiert nach Promovierten.“
Wie bereits seine Vorgängerin Geneviève Fioraso wünscht der Staatssekretär für Hochschulbildung und Forschung Thierry Mandon eine Anerkennung des Doktorgrades wie in anderen europäischen Ländern oder den USA. Um dies zu fördern, ist geplant, in Bewerbungsverfahren für den Höheren Dienst Plätze für Promovierte zu reservieren und die Zahl der Unternehmensangestellten mit Doktortitel in den nächsten zwei Jahren zu verdoppeln. Für Letzteres sollen unter Anderem pensionierte Vorstände als Paten Werbung für Promovierte machen und die Zahl der staatlichen Förderplätze für die Promotion im Unternehmen Cifre (Conventions industrielles de formation par la recherche) 2016 von 4.200 auf 5.000 steigen. Firmen erhalten im Rahmen der steuerlichen Anreize für privatwirtschaftliche Forschung (Crédit d’impôt recherche, CIR) zudem umfangreiche staatliche Unterstützung wenn sie einen Promovierten unbefristet einstellen.
Olivier Nay, Präsident der Sektion Wissenschaftspolitik des Nationalen Universitätsrates CNU (Conseil national des universités) ist sich sicher, dass sich die Promotion verändern werde, betont aber auch: „Die Universität kann zu ihrer durch die Grandes Écoles zerstörten, vergangenen Größe wiederfinden und Kontingente hochqualifizierter und anerkannter Personen zur Verfügung stellen: nicht nur die ENA oder die École Polytechnique sind fähig, Eliten auszubilden.“