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Frankreich: Promovieren im Unternehmen wird beliebter

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Immer mehr Doktorandinnen und Doktoranden entscheiden sich in Frankreich für eine Promotion im Unternehmen. Der Staat fördert dies und übernimmt die Hälfte ihres Gehalts.

Der französische Staat subventioniert seit 1981 Promotionsvorhaben, die in Kooperation mit einem Unternehmen durchgeführt werden. Diese „Industriellen Ausbildungsvereinbarungen  für Nachwuchswissenschaftler“, genannt Cifre (Convention industrielle de formation par la recherche) werden zunehmend beliebter. So steigen die Anträge laut dem Ministerium für Hochschulbildung, Forschung und Innovation MESRI jedes Jahr um fünf bis sieben Prozent (2017: 1.433, 2018: 1.450). Bei einer Cifre-Vereinbarung stellt das Unternehmen den Promovierenden für drei Jahre oder unbefristet ein und zahlt ein Jahresgehalt von mindestens 23.484 Euro brutto. Der Nachwuchswissenschaftler ist parallel auch an seiner Universität und der dortigen entsprechenden Doktorandenschule eingeschrieben. Unternehmen und Hochschule schließen eine Kooperationsvereinbarung über den Ablauf der Promotion, Fragen des geistigen Eigentums, etc. Die Hälfte der Gehaltskosten trägt das MESRI.

Das Ziel, zwischen der akademischen und der Unternehmenswelt eine größere Durchlässigkeit zu schaffen, scheinen die Cifre-Promotionen zu erreichen: Zwei Drittel der Promovierten sind ein bis fünf Jahre nach ihrer Verteidigung noch in der Privatwirtschaft tätig, ein Drittel sogar in dem Unternehmen, in dem sie während ihrer Promotion geforscht haben. Zum Vergleich: Von allen französischen Promovierten arbeiten 37 Prozent in der Privatwirtschaft (2015). Aber auch hier werden es mehr, denn 2010 waren nur 23 Prozent bei einem Unternehmen beschäftigt. 25 Prozent der Cifre-Doktorarbeiten sind geistes- und sozialwissenschaftlich. 90 Prozent der Cifre-Promovierten haben zwei Jahre nach der Promotion eine Arbeit.

Cifre wird hierbei zunehmend von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) genutzt, die seit 2017 mehr Promovierende als die Konzerne beschäftigen. Die Generalsekretärin der ausführenden Organisation ANRT (Association nationale de la recherche et de la technologie), Clarisse Angelier, führt dies in einem Interview mit der Tageszeitung Le Monde darauf zurück, dass die Doktoranden heutzutage die „bewegliche und modulare“ Organisation in KMUs den großen Unternehmen vorziehen. Die ANRT ist ein Verein, der über 350 öffentliche und privatwirtschaftliche Akteure aus Forschung und Entwicklung (FuE) versammelt. Neben der Verwaltung der Cifre analysiert sie auch die FuE-Entwicklungen in Frankreich und im internationalen Vergleich (FutuRIS), organisiert Veranstaltungen und setzt sich für eine bessere Kooperation von öffentlichen Forschungseinrichtungen und Unternehmen ein.

Die Versammlung der Doktorandenschulen weist jedoch auch darauf hin, dass die Cifre-Verträge für Hochschulen weiterhin eine Herausforderung bleiben und es nicht einfach sei, den passenden Unternehmens- oder Hochschulpartner zu finden. So wären es mehr oder weniger immer die selben Forschergruppen und Themen.

In Frankreich promovieren jährlich etwa 70.000 Doktorandinnen und Doktoranden. Etwa 13.000 Doktorarbeiten werden verteidigt.

Zum Nachlesen (Französisch)

Quelle: Le Monde Redaktion: von Kathleen Schlütter, Deutsch-Französische Hochschule Länder / Organisationen: Frankreich Themen: Bildung und Hochschulen Fachkräfte Förderung Wirtschaft, Märkte

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