Wenn zwei Schwarze Löcher miteinander verschmelzen oder Sterne explodieren, lassen sie die Raumzeit buchstäblich „erzittern“: Es entstehen Gravitationswellen, die sich im Weltraum mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten – ähnlich wie Kräuselungen auf einer Wasseroberfläche. Die Existenz dieser Wellen hat Albert Einstein vor rund 100 Jahren in seiner Allgemeinen Relativitätstheorie vorhergesagt. Bislang konnten Gravitationswellen jedoch nur indirekt beobachtet werden: Die Verzerrungen der Raumzeit sind so winzig, dass sie sich kaum nachweisen lassen.
Jetzt haben Forschende am Laser-Interferometer-Gravitationswellen-Observatorium (LIGO) in den USA erstmals direkt Signale von Gravitationswellen gemessen, die offenbar aus einem System von zwei Schwarzen Löchern stammen. Das hat die LIGO-Kollaboration am 11. Februar 2016 bekanntgegeben. An dem internationalen Forschungsprojekt sind mehrere deutsche Forschungseinrichtungen beteiligt: das Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut) in Potsdam-Golm und Hannover, die Leibniz Universität Hannover und die Universität Hamburg.
Der Nachweis gelang im ersten Beobachtungslauf der beiden „Advanced LIGO“-Detektoren in Hanford (Washington) und Livingston (Louisiana) – einer neuen Generation von Messinstrumenten. Derzeit sind sie etwa viermal empfindlicher als ihre Vorgänger; in den kommenden Jahren soll die Empfindlichkeit weiter bis auf das Zehnfache gesteigert werden. Dann werden die Detektoren ein tausendfach größeres Volumen im Universum beobachten können.
Zu diesem Fortschritt haben Forscherinnen und Forscher aus Deutschland maßgeblich beigetragen: In beiden LIGO-Detektoren stecken präzise Hochleistungslaser, die vom Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik und der Leibniz Universität Hannover zusammen mit dem Laser Zentrum Hannover entwickelt und am deutsch-britischen Gravitationswellendetektor GEO600 bei Hannover erstmals getestet wurden. Zudem steuert das Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik effiziente Methoden für die Datenanalyse und die Signalmodellierung bei. In der Astrophysik arbeiten Experimentalisten und Theoretiker eng zusammen. Um diese Gemeinschaftsarbeit zu stärken, hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) von 2002 bis 2014 einen Zusammenschluss aus mehreren Universitäts- und Max-Planck-Instituten im Sonderforschungsbereich „Gravitationswellenastronomie“ gefördert.
„Diese Entdeckung öffnet ein neues Fenster zum Universum, das uns den Blick bis zurück zum Urknall erlaubt. Das ist eine Jahrhundertentdeckung und ein grandioser Erfolg für die Grundlagenforschung. Deutsche Forschungsgruppen haben zu dieser Entdeckung maßgeblich beigetragen – das zeigt die herausragende Position Deutschlands als Wissenschaftsstandort“, sagte Bundesforschungsministerin Johanna Wanka anläßlich der LIGO-Pressekonferenz, die parallel in Washington und Hannover stattfand.
Bisher stützen sich astronomische Beobachtungen fast ausschließlich auf Teleskope, die elektromagnetische Wellen aus dem All empfangen – etwa Radiowellen, sichtbares Licht oder energiereiche Gammastrahlung. Die Gravitationswellen eröffnen den Astronomen nun ein völlig neues Beobachtungsfenster, mit dem sie bis zurück zu den Anfängen des Universums blicken können.