Seit 1990 bringt Schloss Dagstuhl Computerwissenschaftler in den sogennnten Dagstuhl Seminaren zusammen. Diese Woche hat das Leibniz-Zentrum seine Türen für Menschen aus einem völlig anderen Bereich geöffnet, um ihnen die Zusammenarbeit mit Expertinnen und Experten für maschinelles Lernen zu ermöglichen – Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Entwicklungs- und Menschenrechtsorganisationen wie Oxfam, der Internationalen Juristenkommission, RNW Media, Barefoot Law, SEMA, Justice and Peace und Shaqodoon sind gekommen, um die Informatikerinnen und Informatiker herauszufordern: Wie kann die Informatik armen Farmern in Simbabwe helfen, sich an den Klimawandel anzupassen? Wie kann maschinelles Lernen den Zugang zum Rechtsweg in Uganda verbessern? Gibt es eine bessere Möglichkeit mit destruktivem Verhalten in Onlinedebatten umzugehen?
Für das Dagstuhl Seminar kamen 24 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus 9 Ländern und 3 Kontinenten für eine Woche im Leibniz-Zentrum für Informatik zusammen. An den beiden ersten Tagen konzentrierte sich die Diskussion darauf, was die drängendsten Probleme der NGOs sind und welche Techniken der Künstlichen Intelligenz hierfür zur Verfügung stehen. Am dritten und vierten Tag führten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen „Hackathon“ durch, bei dem sie gemeinsam Prototypen für KI Anwendungen erstellten.
Das Dagstuhl-Seminar wurde organisiert von: Claudia Clopath (Imperial College London, Großbritannien), Ruben De Winne (Oxfam Novib – Den Haag, Niederlande), Mohammad Emtiyaz Khan (RIKEN – Tokio, Japan), Tom Schaul (Google DeepMind – London, Großbritannien)
Stimmen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer
„Es ist faszinierend, endlich an Problemen aus der echten Welt zu arbeiten“, so Julia Proskurnia, die bei Google an maschinellem Lernen forscht. „Als Forscher neigen wir dazu, Probleme aus einem sehr technischen Blickwinkel zu betrachten. Hier in Dagstuhl haben wir die Möglichkeit zu wirklich bedeutendem Austausch mit NGOs. Wir erfahren, dass unsere Techniken für das maschinelle Lernen sich wirklich positiv auf das Leben von Menschen in armen Ländern auswirken können.“
Mustafa Othman von Saqodoon aus Somalia war genauso begeistert: „Dieses Seminar hat mich wirklich gestärkt. Ich erkenne jetzt besser, wie ich meine Daten in eine Form bringen kann, die für einen Softwareentwickler nutzbar ist. Bei jedem Projekt werde ich im Hinterkopf behalten wie man Daten auf eine nützliche Art sammelt.“
Gerald Abila von Barefoot Law aus Uganda meinte, dass die Computerwissenschaftler auf besondere Herausforderungen, vor denen die Nichtregierungsorganisationen stünden, aufmerksam gemacht worden seien: „Während des Seminars haben wir mit den Informatikern diskutiert, wie man sicherstellen kann, dass ihre Werkzeuge so designt sind, dass sie unvoreingenommen sind und auch gefährdete Bevölkerungsgruppen nicht ausschließen. Big Data ist der Schlüssel, um zu verstehen, wie die nachhaltigen Entwicklungsziele der Vereinten Nationen erreicht werden können, und die Künstliche Intelligenz gibt uns Mittel, um aus diesen großen Datenmengen schlau zu werden. Künstliche Intelligenz hat definitiv das Potential, die Wirkung unserer Arbeit zu steigern.“
Hintergrund
Schloss Dagstuhl lädt das ganze Jahr über Wissenschaftler aus aller Welt ins nördliche Saarland ein, um über neueste Forschungsergebnisse in der Informatik zu diskutieren. Mehr als 3.500 Informatiker von Hochschulen, Forschungseinrichtungen und aus der Industrie nehmen jährlich an den wissenschaftlichen Veranstaltungen in Dagstuhl teil. Seit 2005 gehört Schloss Dagstuhl zur Leibniz-Gemeinschaft.