Unterstützungsangebote für Studierende, Lehrpersonal und Forschende aus der Ukraine gibt es einige, doch nur wenige richten sich speziell an ukrainisches Personal aus Hochschulverwaltungen. Dabei ist die Nachfrage groß: Rund 200 Anmeldungen ukrainischer Hochschuladministratorinnen und -administratoren gab es beim Barcamp, das jetzt von der FH Münster organisiert wurde und digital im Rahmen des Projekts „THEA Ukraine X“ in Kooperation mit der Leibniz Universität Hannover stattfand. Eigentlich legt das Weiterbildungs- und Trainingsprogramm einen Fokus auf die Bereiche Internationalisierung und Wissenschaftsmanagement. Jetzt stehen wegen des Krieges andere Themen im Mittelpunkt – und genau die hat das FH-Team beim Barcamp abgefragt.
Bereits zu Beginn des Jahres konnten sich die Managerinnen und Manager aus ukrainischen Hochschulen mit einem Trainingskonzept bewerben. Dr. Sonja Mikeska vom Wandelwerk, dem Zentrum für Qualitätsentwicklung an der FH Münster, die „THEA Ukraine X“ koordiniert, erklärt:
„Das ‚X‘ im Projektnamen steht für ‚multiplication‘. Unser Ziel ist es, in der Ukraine Fachleute auszubilden, die an ihren Hochschulen Multiplikationstrainings durchführen. Dann begann der Krieg – und jetzt geht es darum herauszufinden, welche Themen überhaupt noch für ukrainische Hochschulmanagerinnen und -manager relevant sind".
Petra Pistor, die im Wandelwerk unter anderem für internationale Weiterbildungen zuständig ist, sagt:
„Vor dem Krieg standen vor allem Qualitätsmanagement, Mobilität und Forschungsprojektanträge im Fokus. Jetzt ist eine Kernfrage, wie man es schafft, das ukrainische Potenzial im Land zu behalten.“
Die Hochschulangehörigen befürchten einen „Braindrain“, also, dass Fachleute ins Ausland abwandern und nicht zurückkehren. Mikeska erläutert:
„Damit würde sehr viel Wissen verloren gehen. Zu überlegen ist deshalb, wie konkret etwa Projekte aufgebaut sein müssen, um das enorme Potenzial irgendwann wieder in die Ukraine zurückzuholen."
Die Teilnehmenden machen sich aber auch große Sorgen, wie sie an den Hochschulen zusammenhalten, die Lehre durchführen und Internationalisierungsstrategien entwickeln können – obwohl viele Menschen geflohen sind und Ausnahmezustand herrscht. Es sind erstaunlich normale Themen, die trotz Krieg auf der Agenda stehen. Für Pistor und Mikeska ist das keinesfalls ungewöhnlich. Pistor sagt:
„Schon im Vorgängerprojekt haben wir viele Ukrainerinnen und Ukrainer kennengelernt und stehen auch jetzt intensiv mit unseren Partnerinnen und Partnern in Kontakt. Wir beobachten einen starken Patriotismus unter den Menschen. Sie sind zwar in großer Sorge um ihr Land, ihre Mitmenschen und ihre Hochschule, gleichzeitig aber sehr am Netzwerken interessiert. Das Bedürfnis, zusammenzustehen, ist enorm. Und sie schmieden mit größter Sorgfalt Pläne, wie sie trotz Krieg das Beste für ihre Hochschule herausholen können."
Hintergrund
„THEA Ukraine X“ ist am 1. Oktober 2021 gestartet und läuft noch bis zum 30. September 2023. Die FH Münster führt es in Kooperation mit der Staatlichen Universität Sumy im Nordosten der Ukraine durch, das Programm richtet sich aber an Hochschulmanagerinnen und -manager sowie -verwalterinnen und -verwalter im ganzen Land. Sie haben in den nächsten Wochen Gelegenheit, ihre Konzepte für die Multiplikationstrainings anzupassen. Anschließend geht es mit digitalen Trainings weiter.