Bei dem Mega-Grant Wettbewerb handelt es sich um einen Förderwettbewerb des russischen Ministeriums für Bildung und Wissenschaft, der in den Jahren 2010 und 2011 durchgeführt wurde und sich an führende nationale und internationale Wissenschaftler richtete. Im Rahmen der Förderung soll die russische Forschung mit Unterstützung der internationalen Wissenschaftler in ausgewählten Themenbereichen vorangetrieben werden, beispielsweise auch durch den Auf- und Ausbau von Laboren und neuer Infrastruktur. So sollen die Gewinner des Wettbewerbs innerhalb von zwei Jahren neue Forschergruppen an russischen Universitäten etablieren. Hierfür stehen jeweils etwa 3,3 Mio. Euro zur Verfügung. Wichtige Aspekte der Förderung sind dabei auch die Internationalisierung russischer Universitäten und die stärkere Verwertung von Forschungsergebnissen.
Der Wettbewerb hat in Russland aufgrund des eingesetzten Finanzvolumens (258 Mio. Euro), der internationalen Strahlkraft und der Einbindung internationaler Gutachter für hohe politische Aufmerksamkeit gesorgt. Russland folgt mit diesem Wettbewerb anderen Nationen wie beispielsweise China, Japan oder Korea, die mit ähnlichen Initiativen internationale Spitzenwissenschaftler an ihre nationalen Einrichtungen binden wollen. Unter den insgesamt 79 Gewinnern aus aller Welt befanden sich auch zwölf renommierte Wissenschaftler aus namhaften deutschen Forschungseinrichtungen, darunter Institute der Helmholz-Gemeinschaft, der Leibniz-Gemeinschaft, der Max-Planck-Gesellschaft, der Fraunhofer-Gesellschaft und verschiedene Universitäten. Ihre wissenschaftliche Expertise reicht von der Weltraumforschung über Katastrophen- und Sicherheitsforschung, der Triebwerkentwicklung oder der Klima- und Umweltforschung bis hin zur Fusionsforschung.
Neue Möglichkeiten
In der Diskussion der deutschen Gewinner mit Staatssekretär Schütte wurde schnell deutlich, dass alle bereits über langjährige Vorerfahrung in der Kooperation mit russischen Partnern verfügen und ihre Kontakte teilweise bis in die 70er Jahre hineinreichen. Neu sind allerdings die Möglichkeiten, die ihnen nun das russische Programm bietet, nämlich die Zukunft ihrer russischen Partnereinrichtungen vor Ort aktiv mit zu gestalten. Als Gewinner des Mega-Grant Wettbewerbs sind sie für die Personalauswahl der neu entstehenden Forschergruppen, für die infrastrukturelle Ausstattung der neuen Forschungslabore und die Gestaltung der Forschungspläne mit verantwortlich.
Wissenschaftlicher Nachwuchs
Als eines der größten Anliegen der Gesprächsteilnehmer stellte sich in der Diskussion die Förderung des russischen wissenschaftlichen Nachwuchses heraus. Aufgrund der starken Abwanderung des Forschungspersonals vor allem in den 90er Jahren fehlt heute in Russland eine ganze Forschergeneration. Der sogenannte Mittelbau muss nun neu aufgebaut werden, indem gerade die Studierenden und jungen Forscherinnen und Forscher besonders gefördert werden. Diesen bescheinigen die deutschen Professoren eine hohe wissenschaftliche Kreativität und Neugier, allerdings seien die Rahmenbedingungen oft nicht hinreichend geeignet, um diese Potenziale entsprechend zu entfalten. Hier hoffen sie beispielsweise, durch ihr Engagement nachhaltig etwas ändern zu können. Vielen ist es daher wichtig, die jungen russischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nicht nur vor Ort gut auszubilden, sondern auch durch zeitlich begrenzte Forschungsaufenthalte in Deutschland als langfristige Kooperationspartner zu gewinnen.
Die deutschen Mega-Grant Gewinner sehen sich als Botschafter einer internationalen Wissenschaftsgemeinschaft in Russland und betrachten es als ihre Aufgabe, im Rahmen der Förderung an ihren russischen Gasteinrichtungen eine neue Kultur der Zusammenarbeit in der Forschung zu etablieren. Dazu gehört es beispielsweise auch, die Kultur der Teamarbeit unter Forschern einer Einrichtung zu stärken und die gemeinsame Entwicklung von Strategien in der Forschung zu stimulieren. Einig waren sich alle Gesprächsteilnehmer, dass die deutsch-russische Forschungskooperation durch die russische Mega-Grant Förderung langfristig profitieren wird. Nicht nur durch die Mobilisierung des wissenschaftlichen Nachwuchses in Russland, sondern auch durch die neu entstehende Infrastruktur und Laborausstattungen gewinnen die beteiligten russischen Universitäten an Attraktivität für die internationale Kooperation.
Pläne für die Zukunft
Auf die Frage von Staatssekretär Schütte nach den Möglichkeiten, wie die deutsch-russische Kooperation aufbauend auf der Mega-Grant Förderung in Zukunft noch weiter gestärkt werden könne, empfahlen die deutschen Gewinner, mit gemeinsamen Forschungsstrukturen einen stabilen Rahmen zu schaffen und mit gezielten Austauschprogrammen und gemeinsamen Studiengängen den Nachwuchs noch stärker zu unterstützen. Auch könne eine gezielte Systemberatung von deutscher Seite die ‚Kulturveränderung’ an russischen Universitäten, wie sie durch die Mega-Grants eingeleitet wurde, noch weiter vorantreiben. Schließlich wäre eine stärkere Verbindung der deutschen und russischen Förderinstrumente hilfreich, um die Forschungszusammenarbeit langfristig zu erleichtern.
Für die deutschen Mega-Grant Gewinner selbst gilt es aber nun zunächst, sich um die Fort-setzung ihrer russischen Förderung um zwei weitere Jahre zu bemühen, um ihre begonnene Arbeit an den russischen Universitäten fortzusetzen. Das russische Ministerium wird außerdem voraussichtlich noch in diesem Jahr eine dritte Runde des Wettbewerbs starten, bei dem sich erstmals nicht nur die Universitäten, sondern auch die Institute der russischen Akademie der Wissenschaften bewerben können. Einig sind sich alle Gesprächsteilnehmer aber schon jetzt, dass der Mega-Grant Wettbewerb die russische Forschungslandschaft nachhaltig verändern und neue Chancen für die deutsch-russische Kooperation eröffnen wird.
Die Gewinner
Die deutschen Gewinner des Mega-Grant Wettbewerbs und ihre gastgebenden Universitäten in Russland:
- Professor Dr. Norbert Franz-Josef Gebbeken; Staatliche Universität für Bauwesen Moskau
- Dr. Klaus Peter Koltermann; Moskauer Staatliche Lomonossow-Universität
- Professor Dr. Michael Kröning; Polytechnische Universität Tomsk
- Professor Dr. Horst Löb; Moskauer Staatliches Luftfahrtinstitut
- Professor Dr. Jürgen Oberst; Moskauer Universität für Geodäsie und Kartographie
- Professor Dr. Ernst Detlef Schulze; Sibirische Föderale Universität
- Professor Dr. Vladimir Spokoiny; Moskauer Institut für Physik und Technologie
- Prof. Dr. Zbigniew Antoni Stycziynski; Staatliche Technische Universität Irkutsk
- Professor Dr. Jörn Thiede; Staatliche Universität Sankt Petersburg
- Professor Dr. Manfred Thumm; Staatliche Universität Nowosibirsk
- Professor Dr. Alexey Ustinov; Moskauer Institut für Stahl und Legierungen MISIS (Nationale Universität für Wissenschaft und Technologie)
- Professor Dr. Friedrich Wagner; Staatliche Polytechnische Universität Sankt Petersburg