Woraus bezieht eine Gesellschaft ihr kritisches Bewusstsein und ihre Fähigkeit, gewahr für die eigene Geschichte und Kultur zu sein? Wie antworten wir auf die drängenden Klima- und Gesundheitsprobleme unserer Zeit? Das breite Spektrum der Wissenschaften leistet hier seit jeher grundlegende Arbeit und gibt Antworten in allen unseren Lebensbereichen. Doch welchen Stellwert und welche Wertschätzung erhalten die Wissenschaften dafür? Nützlichkeitsargumente sowie Arbeitsmarktfähigkeit werden bei Studierenden und ihren Eltern häufig ins Feld gegen bestimmte Fächergruppen wie die Geisteswissenschaften geführt. Das zeigen neuere Studien zur Berufswahl. Entwicklungen, die in Amerika wie in Deutschland gleichermaßen zu beobachten sind, wenn auch mit unterschiedlich scharfen Ausprägungen.
„Forschung, auch die geisteswissenschaftliche, ist kein intellektueller Selbstzweck, wie viele vielleicht meinen“, so Prof. Simone Lässig, Direktorin des DHI Washington, eines von zehn Auslandsinstituten, die die staatliche Max Weber Stiftung betreibt. „Es braucht eine grundständige Förderung von Universitäten und außeruniversitären Forschungseinrichtungen, von Forschungsinfrastrukturen wie Laboren und Rechenzentren, aber auch von Archiven und Bibliotheken, die unser kollektives Gedächtnis zugänglich machen, bewahren und hinterfragen. Innovationsfähigkeit in der Wissenschaft erwächst zugleich aus Vertrauen und aus dem Mut, über kürzere Projekte und unmittelbar greifbare Ergebnisse hinauszudenken, was immer seltener der Fall ist. Ohne dieses Ver-trauen und diesen Mut wäre die Wissenschaftsgeschichte um viele Erfolge ärmer.“
Wissenschaft ist Teil der Gesellschaft und deshalb auch gehalten, über ihr Tun zu informieren und kritisch zu reflektieren. Stellen wahlkämpfende Politikerinnen und Politiker und Teile der Öffentlichkeit Nützlichkeitserwägungen jedoch ins Zentrum ihres Handelns, geraten auch Universitäten, staatliche Zuwendungsgeber und private Stiftungen, die nicht frei über ihre Gelder verfügen können ohne Prioritäten zu setzen, zunehmend unter Druck. Doch wie sehen diese Prioritäten aus und wie stark beeinflussen nicht-akademische Überlegungen die öffentlichen und privaten Förderpolitiken und damit am Ende auch die Forschung selbst, die sich dem äußeren Druck beugt?
Das DHI Washington und das Nordamerikabüro der DFG, die jährlich insgesamt ca. drei Milliarden Euro öffentlicher Gelder im kompetitiven Verfahren an die deutsche Wissenschaft fächerübergreifend vergibt, nehmen sich dieser drängenden Fragen an und haben ein hochkarätig besetztes Podium zusammengestellt, das am 12. Juni 2019 diskutieren wird. Anwesend sind Prof. Dr. Julika Griem (Vizepräsidentin der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), Dr. Wilhelm Krull (Generalsekretär der VolkswagenStiftung), Prof. Dr. Mary Sue Coleman (Präsidentin der Association of American Universities (AAU), Jon P. Peede (Chairman des National Endowment for the Humanities (NEH), Prof. Dr. Pauline Yu (Präsidentin des American Council of Learned Societies (ACLS).