StartseiteLänderAmerikaBrasilienDeutsches Know-How für Dengue-freie Sportstätten in Brasilien

Deutsches Know-How für Dengue-freie Sportstätten in Brasilien

Schutz vor Dengue-Virusinfektionen durch Schnelltests, Weiterbildung und die Überwachung der Überträgermücken in Brasilien ist das gemeinsam erklärte Ziel des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin, der Bundesuniversität Rio de Janeiro und des Vereins IRESO e. V.

Um rechtzeitig einen Beitrag für die biologische Sicherheit bei den Olympischen Spielen 2016 zu leisten, stellen die drei Projektpartner bereits jetzt spezielle Mückenfallen aus Deutschland auf und untersuchen die gefangenen Stechmücken auf Dengue-Viren. Zusätzlich werden Jugendliche in den Favelas von Rio weitergebildet: Sie sollen das Wissen über das Denguefieber auch in den nur schlecht zugänglichen Favelas verbreiten. Im Rahmen des Deutschen Biosicherheitsprogramms der Bundesregierung wollen die Projektpartner Dengue-infizierte Stechmücken in den Sportstätten identifizieren, Bekämpfungsmaßnahmen veranlassen sowie die Bevölkerung, Besucher und Athleten über Dengue aufklären.

Die Tigermücke Aedes albopictus und die Gelbfiebermücke Aedes aegypti sind in Brasilien als Überträger von Dengue-Viren bekannt. „Im Jahr 2013 sind laut dem Robert Koch-Institut bisher über 700 deutsche Reisende mit einem Denguefieber aus dem Ausland zurückgekehrt, davon 25 aus Brasilien“, sagt Dr. Jonas Schmidt-Chanasit, Leiter der Virusdiagnostik am Bernhard-Nocht-Institut in Hamburg. Die brasilianische Bundesuniversität Rio de Janeiro (UFRJ) meldete im vergangenen Jahr über 180.000 Dengue-Virusinfektionen für den Bundesstaat Rio de Janeiro; Tendenz steigend. Eine Dengue-Virusinfektion könne im schlimmsten Fall hohes Fieber mit inneren Blutungen auslösen und dann tödlich verlaufen. „In den meisten Fällen treten jedoch nur Krankheitsanzeichen wie Abgeschlagenheit und Muskelschmerzen auf“, beruhigt Professor Davis Ferreira, Leiter der Abteilung Virologie, Bundesuniversität Rio de Janeiro.

Im brasilianischen Bundesstaat Rio de Janeiro ist die Dengue-Virusepidemie am schlimmsten. Die Stadt Rio de Janeiro ist mit ihren vielen Favelas besonders stark betroffen. Um bis zum Jahr 2016 die Gefahr von Dengue-Virusinfektionen zu minimieren, stellt das Auswärtige Amt im Rahmen des Deutschen Biosicherheitsprogramms dem Bernhard-Nocht-Institut und seinen Partnern (UFRJ und IRESO) rund 350.000 Euro zur Verfügung. Zusätzlich wird das von IRESO e. V. initiierte Projekt „Little Dengue Docs“ durch Spenden der Rotary Fondation Rio de Janeiro, Rotary Club Wiesbaden und Lohr / Main mit insgesamt über 75.000 Euro finanziert.

„Das Denguefieber ist ein großes Problem in den Armenvierteln von Rio“, bedauert Dr. Norbert Lehman, Gründer des Vereins IRESO. „Unter anderem, weil es viele unverschlossene Wasserbehälter auf den Dächern, leere Dosen, Plastikfolien oder Eimer gibt, in denen sich kleine Mengen Wasser sammeln“, erklärt Lehmann. Diese bilden perfekte Brutstätten für die Stechmücken. Auch die schlechte oder fehlende Wasserkanalisation in den Favelas sowie die in den Straßen liegende Flaschen oder Dosen seien vor diesem Hintergrund Risikofaktoren.

Deutsches Partnerschaftsprogramm für mehr biologische Sicherheit

Das Projekt ist Teil des Deutschen Partnerschaftsprogramms für biologische Sicherheit und Gesundheitssicherstellung der G8-Initiative "Globale Partnerschaft gegen die Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und -Materialien." Das Programm wird vom Auswärtigen Amt geleitet. Dabei sind neben dem Bernard-Nocht-Institut noch weitere deutsche wissenschaftliche Institute beteiligt: Robert Koch-Institut, Friedrich-Löffler-Institut, das Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr und die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit. Sie sind in über 14 Ländern tätig. Die Aktivitäten reichen von der Bewusstseinsbildung über Detektion / Diagnostik, Krankheitsüberwachung und Laborsicherungen bis zur Vernetzung von Akteuren.

Damit werden Partnerländer unterstützt, Ausbrüche gefährlicher und hoch ansteckender Krankheiten sehr schnell zu erkennen, die Ansteckung einzudämmen, Ursachen schnell ausfindig zu machen und zu beseitigen. Einerseits soll so der Missbrauch biologischer Erreger, die auch für Deutsche im Ausland gefährlich werden könnten, verhindert werden. Auf der anderen Seite kommt die Tätigkeit in den Zielländern auch den dortigen Gesundheitssystemen zugute.

Ausbildung von Wissenschaftlern in Brasilien für WM und Olympia

Das Bernhard-Nocht-Institut wurde vom Auswärtigen Amt beauftragt, gemeinsam mit den Partnern vor Ort den Schutz vor Dengue-Infektionen während der Sommer-Olympiade im Jahr 2016 zu verbessern. „Gemeinsam mit Norbert Lehman vom Verein IRESO führen wir jetzt regelmäßig Projekttreffen im Zentrum Rio de Janeiros und in den Favelas durch“, sagt Schmidt-Chanasit. Die Fußball-WM im nächsten Jahr sei bereits ein Zwischenziel und eine gute Probe, so der Virologe. Aufklärung und gezielte Bekämpfung der Überträgermücken sowie ihrer Brutstätten könnten dann bereits Maßnahmen sein.

Material für seine nächste Reise nach Brasilien bereitet er schon wieder vor: weitere Mückenfallen sowie Lehrmaterial für die Schulung von Kollegen der Bundesuniversität Rio der Janeiro. Sie lernen, Stechmücken zu fangen und anschließend auf Dengue-Viren zu untersuchen. Die speziell auf die Überträgermücken ausgerichteten Mückenfallen hat Prof. Norbert Becker, Leiter einer Kommunalen Arbeitsgemeinschaft, Weinheim, zur Verfügung gestellt: Sie locken Tigermücken und Gelbfiebermücken mit speziellen Duftstoffen. Ein Propeller treibt dann die Insekten in ein Netz. „Aktuell stellen die brasilianischen Kollegen immer mehr dieser speziellen Mückenfallen rund um die ausgewählten Sportstätten auf“, berichtet Schmidt-Chanasit.

Der Aufbau von Geräten aus Deutschland in der Bundesuniversität Rio de Janeiro für den Nachweis von Dengue-Viren in Menschen und Stechmücken erfolgte bereits im August. „Wir haben einige wissenschaftliche Mitarbeiter der Universität geschult. Sie wissen jetzt mit den Diagnostikgeräten umzugehen und haben das in einem internationalen Ringversuch erfolgreich bewiesen“, sagt Schmidt-Chanasit. So könnten sie gefangene Stechmücken sofort auf Dengue-Viren untersuchen und Infektionen beim Menschen innerhalb weniger Stunden zweifelsfrei nachweisen.

Ausbildung von Jugendlichen aus Favelas zu „Little Dengue Docs“

Für die Weiterbildung der Jugendlichen in den Favelas Rio de Janeiros ist Lehmann verantwortlich. Er rief 2012 den gemeinnützigen Verein IRESO Rio de Janeiro e. V. ins Leben, der sich über Spenden finanziert. Der gebürtige Karlsruher hat die herausfordernde Aufgabe angenommen, Jugendliche ohne Zukunft aus den Favelas von Rio zu kleinen Dengue-Experten, den „Little Dengue Docs“, auszubilden. Hierfür klärt Lehmann die Jugendlichen darüber auf, wie sie die Überträgermücke erkennen können, wie eine Dengue-Infektion verläuft und dass jeder eine Infektion verhindern kann.

Nach den Lehrstunden, die wissenschaftliche Mitarbeiter der UFRJ abhalten, bekommen die Jugendlichen ein auffälliges offizielles T-Shirt und klären selbst ihre Umgebung über Dengue und deren Bekämpfung auf. „Die Kinder sind äußerst wissbegierig und lernen schnell“, lobt Ferreira. Das Projekt sei in seiner Form und in seinem Umfang einmalig.

Schmidt-Chanasit und Lehmann hoffen mit ihrem gemeinsamen Projekt dazu beizutragen, das Risiko für Dengue-Virusinfektionen in Rio de Janeiro bis zum Jahr 2016 deutlich zu senken. Erste Tendenzen erwarten sie im nächsten Jahr.

Quelle: IDW Nachrichten / Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin Redaktion: von Tim Mörsch, VDI Technologiezentrum GmbH Länder / Organisationen: Brasilien Themen: Sicherheitsforschung Lebenswissenschaften

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