Der brasilianische Bundesstaat Paraná soll eine eigene Photovoltaik-Produktion mit einer Gesamtleistung von jährlich 680 Megawatt bekommen. Der Plan umfasst die gesamte Wertschöpfungskette von der Siliziumherstellung bis hin zur Produktion von Solarmodulen – und das alles CO2-frei. Eine Studie aus Deutschland wird jetzt detailliert klären, ob das Solar-Großprojekt mit dem Namen „Green Silicon“ in Südamerika auch wirklich machbar ist. An der Erstellung der Studie beteiligen sich die südwestdeutsche Branchenvereinigung Solar Cluster und drei Forschungsinstitute aus Baden-Württemberg. Am 4. November wurde der Vertrag mit den brasilianischen Partnern im Beisein von Landeswirtschaftsminister Nils Schmid in Stuttgart unterzeichnet.
Die Auftraggeber der Expertise sind der brasilianisch-paraguayische Energieversorger ITAIPU und der Industrieverband FIEP. Brasilien entwickelt sich gerade zu einem wichtigen Markt für die photovoltaische Stromerzeugung. Die Industrie in dem 200 Millionen-Einwohner-Staat will den Markt zu einem großen Teil mit eigenen Solarmodulen beliefern. Aus diesem Motiv ist Green Silicon entstanden. Ob es auch technisch und finanziell zu stemmen ist, klären seit November die Solar-Cluster-Mitglieder Fraunhofer IPA, Fraunhofer ISE und Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW). Das Solar Cluster Baden-Württemberg koordiniert die Arbeiten, beteiligt sich an der Marktanalyse und fasst die Ergebnisse zusammen. Im zweiten Quartal 2015 soll das Ergebnis vorliegen.
Begonnen hat das Projekt im Jahr 2013. Der brasilianische Partnerstaat Baden-Württembergs wandte sich an das südwestdeutsche Expertennetzwerk aus Forschung und Wirtschaft. „Die Anfrage und der jetzige Auftrag zeigen, dass Know-how aus Baden-Württemberg gerade bei erneuerbaren Energien besonders gefragt ist“, sagt Solar-Cluster-Geschäftsführer Carsten Tschamber. „Die Studie wird mit ihren Analysen eine wichtige Entscheidungshilfe für die Wirtschaft und Politik in Brasilien geben und dort die erneuerbare Energieversorgung vorantreiben.“ Werde das Projekt realisiert, folgten sicher auch weitere Aufgaben für die Mitglieder des Solar Clusters, so Tschamber. Das würde Arbeitsplätze in Deutschland sichern und möglicherweise sogar schaffen.
PV-Fabrik am Wasserkraftwerk
Das Vorhaben hat einen ganz besonderen Charme: Die Solarfabrik soll neben dem Wasserkraftwerk mit der weltweit größten Jahresenergieproduktion gebaut werden. Das Kraftwerk des Energieversorgers ITAIPU Binacional liegt an der Grenze zwischen Paraguay und Brasilien und könnte mit einem winzigen Teil des dort gewonnenen Grünstroms die Solarmodule völlig CO2-neutral produzieren.
Die drei baden-württembergischen Forschungsinstitute bringen ihre jeweiligen Kompetenzen ein: Das ZSW hat die Aufgabe, das brasilianische wie auch das weltweite Marktpotenzial zu untersuchen. Weitere Aspekte sind die Analyse der Beschäftigungs- und Wertschöpfungseffekte, die mit dem Aufbau einer regionalen Photovoltaik-Infrastruktur verbunden sind. Das Fraunhofer ISE ist für die Silizium-Photovoltaik, den Produktionsprozess der Solarzellen und die Weiterbildung zuständig. Das Fraunhofer IPA als Forschungsinstitut für Produktionstechnik und Automatisierung kümmert sich um die Analyse der Infrastruktur entlang der Wertschöpfungskette, die wirtschaftliche Machbarkeit sowie die ökologische Verträglichkeit des vorgeschlagenen Vorhabens. Die kombinierten Ergebnisse der Partner lassen ein genaues Bild darüber entstehen, ob eine Photovoltaik-Fabrik in dem südamerikanischen Staat sinnvoll ist.
Brasilien verfügt über hervorragende Bedingungen für die Nutzung der Solarenergie. Über das Jahr betrachtet ist die Sonneneinstrahlung bis zu doppelt so hoch wie in Deutschland. Mit der Ausschreibung von knapp 900 MW an Photovoltaik-Kraftwerken Ende Oktober ist der Startschuss für eine rasche Marktentwicklung gefallen. Für deutsche Firmen auf der Suche nach Auslandsmärkten ist das hochinteressant.