Der Nationale Volkskongress (VKN) vergab in diesem Jahr die obersten Regierungsposten neu und beschloss institutionelle Änderungen. Parallel dazu tagte auch die Politische Konsultativkonferenz des chinesischen Volkes (PKKCV), welche die Regierung in zentralen Fragen berät. Angesichts der zunehmenden geopolitischen Spannungen – vor allem der wachsenden Konkurrenz mit den USA – wurden Bemühungen um mehr Unabhängigkeit als Ziel für die künftige Entwicklung des Landes ausgegeben.
Regierungsvertreterinnen und -vertreter betonten, dass Wissenschaft und Technologie Triebfedern hierfür seien. Um die Forschung im Land effektiver zu gestalten, wurde ein Reihe von institutionellen Änderungen beschlossen. Diese umfasst insbesondere die Schaffung eines hochrangigen Gremiums (Central Science and Technology Commission), das die wissenschaftlichen und technologischen Aktivitäten ressortübergreifend koordiniert. Es wird erwartet, dass Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping der Kommission vorstehen wird.
Die Umsetzung der Maßnahmen des neuen Gremiums liegt beim Wissenschaftsministerium (Ministry of Science and Technology, MOST). Gleichzeitig wird die Verwaltung von Forschungsfördermitteln vom MOST – etwa in den Bereichen Landwirtschaft, Ökologie und Umweltschutz sowie öffentliche Gesundheit – an die zuständigen Fachministerien übertragen, um den Zuschnitt des Wissenschaftsministeriums zu schärfen. Programme zur Gewinnung von Talenten aus dem Ausland werden künftig federführend vom Ministry of Human Resources and Social Security geleitet. Das MOST bleibt aber weiterhin eine der zentralen Institutionen des chinesischen Forschungssystems.
Angesichts der ausgegeben Ziele wird mit einem weiteren Anstieg der chinesischen Ausgaben für Forschung und Innovation gerechnet. Zuletzt hatte das National Bureau of Statistics im Januar 2023 bekanntgegeben, dass die FuE-Aufwendungen im Jahr 2022 um 10,4 Prozent auf umgerechnet 423,7 Milliarden EUR gestiegen sind. Insbesondere die Grundlagenforschung soll nach dem Willen der Regierung umfassender als bisher gefördert werden. Derzeit liegt ihr Anteil an den chinesischen FuE-Ausgaben bei 7,4 Prozent und soll bis zum Jahr 2025 auf 8 Prozent steigen. Neue Ziele für 2035 könnten den Anteil nochmals deutlich erhöhen.
Inwieweit die chinesischen Bestrebungen nach mehr Unabhängigkeit die internationale Zusammenarbeit einschränken, ist unklar. Die chinesische Regierung scheint aber weiterhin offen für Kooperationen mit ausländischen Forschenden zu sein.
Zum Nachlesen
- Science (15.03.2023): China rolls out ‘radical’ change to its research enterprise
- Nature (14.03.2023): China is mobilizing science to spur development — and self-reliance
- Merics (02.03.2023): Politbüro signalisiert Unterstützung für Grundlagenforschung und internationale Wissenschaftskooperationen
- GOV.CN (23.01.2023): China's spending on R&D hits 3 trln yuan in 2022