Überblick zur Kooperation mit Deutschland: Indien
Für Indien hat die Zusammenarbeit mit Deutschland in Bildung und Forschung einen hohen Stellenwert. Als Zielland für indische Studierende platziert sich Deutschland unter den Top 5, als Ko-Publikationsland für wissenschaftliche Veröffentlichungen unter den Top 10 (siehe vorheriger Abschnitt).
Aus deutscher Perspektive ist Indien als Ko-Publikationsland für wissenschaftliche Veröffentlichungen unter den Top 25 platziert. Als Herkunftsland für internationale Studierende verzeichnet Indien ein stetiges Wachstum: 2013 strebten 5.645 Studierende aus Indien einen Abschluss in Deutschland an. Im Wintersemester 2022/23 waren es 42.578 indische Studierende in Deutschland (Daten Wissenschaft weltoffen 2023). Damit hat Indien China als das wichtigste Herkunftsland für internationale Studierende in Deutschland überholt und nimmt jetzt den ersten Rang ein.
Indien zählt zu den Schwerpunktländern der internationalen Kooperation Deutschlands. Dies gilt sowohl für Berufsbildung als auch für Wissenschaft und Innovation. Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) beteiligt sich seit 2007 an einer deutsch-indischen Arbeitsgruppe (AG), die die indische Regierung bei der Reform des Berufsbildungssystems unterstützt. Im Jahr 2011 hat die Initiative iMOVE des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) ein Büro in Delhi eingerichtet, um die Vermarktung deutscher Aus- und Weiterbildungsdienstleistungen in Indien zu unterstützen.
Die Zusammenarbeit im Wissenschaftsbereich reicht über 60 Jahre zurück. Seit der Unterzeichnung des Regierungsabkommens zur wissenschaftlich-technologischen Zusammenarbeit im Jahr 1974 haben sich zahlreiche und weitgefächerte Kooperationen entwickelt. Das BMBF stellt über seine internationale Abteilung Mittel für Sondierungs- und Vernetzungsaktivitäten bereit. In den Fachabteilungen werden Kooperationsprojekte mit verschiedenen fachlichen Schwerpunkten gefördert (Überblick zu bilateralen und multilateralen Projekten mit einer Förderung des BMBF).
Indien ist darüber hinaus das einzige Land, mit dem die deutsche Regierung seit 2011 alle zwei Jahre Regierungskonsultationen abhält. Die thematischen Schwerpunkte der vom BMBF unterstützten bilateralen Forschungsprojekte liegen derzeit bei den Materialwissenschaften, Biotechnologie, Gesundheitsforschung, Nachhaltigkeitsforschung, Produktionstechnologie, Künstliche Intelligenz und der Zukunftsstadt (Quelle: Webseite des BMBF).
Ein Meilenstein der bilateralen Zusammenarbeit war die Eröffnung des Indo-German Science and Technology Centre (IGSTC) im Dezember 2010 mit Sitz in Delhi. Träger sind das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) sowie das indische Department für Wissenschaft und Technologie (DST). Über das IGSTC werden primär sogenannte „2+2“-Technologieprojekte (jeweils ein akademischer und ein industrieller Partner beider Länder) gefördert. Zudem werden über das IGSTC Mittel zur Förderung von Workshops und der Zusammenarbeit exzellenter Wissenschaftlerinnen sowie wissenschaftlichen Nachwuchses bereitgestellt. Derzeit stellt das IGSTC 8 Millionen EUR pro Jahr an Fördermitteln zur Verfügung.
Der Hochschulkompass der Hochschulrektorenkonferenz (HRK) weist 466 offizielle Kooperationen zwischen Deutschland und dem Indien aus.148 deutsche Hochschulen kooperieren mit 182 indischen Hochschulen und 10 sonstigen Einrichtungen (Stand: 08/2024). Da sich Deutschland am Aufbau des 1959 gegründeten Indian Institute of Technology (IIT) Madras in Chennai (früher bekannt unter dem Namen Madras) beteiligt hat, sind bis heute die Beziehungen zu dieser indischen Forschungsuniversität besonders intensiv. Seit 2020 fördert die indische Regierung das IIT Madras als eine von wenigen „Institutions of Eminence", um Lehre und Forschung von Weltklasse zu entwickeln. 2010 wurde ein deutsch-indisches Forschungszentrum für Nachhaltigkeit am IIT Madras eingerichtet (siehe unten).
Eine zentrale Institution zur Förderung von Forschungskooperationen zwischen Hochschulen ist die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG). Sie kooperiert auf indischer Seite insbesondere mit dem Department of Science and Technology (DST), dem Department of Biotechnology (DBT) und der Indian National Science Academy (INSA), mit denen bilaterale Förderprogramme durchgeführt werden (siehe 3. APRA-Monitoring Bericht 2021, S. 76). Ab Herbst 2024 fördert die DFG für fünf Jahre ein Internationales Graduiertenkolleg (IGK) mit Indien zu dem Thema „Photolumineszenz in supramolekularen Matrices". Ziel ist es, eine neue Generation von Materialien mit Lumineszenz-Eigenschaften zu entwickeln.
Internationale Mobilität von Studierenden und Forschenden wird in beide Richtungen durch den Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD), die DFG, Stipendien der Alexander von Humboldt-Stiftung (AvH), sowie durch die Max-Planck-Gesellschaft (MPG) (India Travel Grant) gefördert.
2023 (in Klammern die Zahlen für 2019 Pre-Covid) hat der DAAD unter eigenen Programmen (u.a. der länderspezifischen Kampagne „A New Passage to India“ - ANPtI) Förderung für einen Aufenthalt in Indien an 327 (575) Studierende und Graduierte (inkl. Promovierende, Statusgruppen I-III) und 118 (144) Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Hochschullehrkräfte (inkl. Post-Docs, Statusgruppe IV) aus Deutschland vergeben. In den gleichen Kategorien erhielten 1.969 (1.099) und 598 (201) Geförderte aus Indien eine Unterstützung des DAAD, um eine Aktivität im eigenen Land oder einen Auslandsaufenthalt, darunter auch Deutschlandaufenthalte, zu finanzieren.
Die AvH fördert ausländische Spitzenwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aller Fächer und Länder, die mit Hilfe von Forschungsstipendien und -preisen in Deutschland tätig werden. 2023 vergab die AvH 54 Forschungsstipendien und 3 Forschungspreise an Geförderte aus Indien.
Die großen Forschungsorganisationen pflegen die Zusammenarbeit mit Indien seit Langem intensiv. Für die MPG ist Indien ein bedeutender internationaler Partner: Unter den Herkunftsländern für Gastforschungsaufenthalte an MPG-Einrichtungen lag Indien mit 1.365 Nachwuchs- und Gastwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler an zweiter Stelle hinter China (bezugnehmend auf Staatsangehörigkeit). 20232 führte die MPG 70 Projekte mit Partnern in Indien durch. Die Einrichtung von internationalen Max Planck Centern stellt die Kooperation auf eine neue Ebene (siehe unten). Die Fraunhofer-Gesellschaft (FhG) versucht ebenfalls, die Zusammenarbeit auf Projektebene stärker zu institutionalisieren. Ende 2012 wurde ein eigenes Representative Office in Bangalore etabliert (siehe unten).
Aus der Vielzahl von Kooperationen der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren (HGF) ragt vor allem die Zusammenarbeit mit dem DESY (Deutsches Elektronen-Synchrotron) im Bereich der Material- und Nanowissenschaften heraus. Indische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlerinnen nutzen dabei die hervorragenden Forschungsmöglichkeiten an der weltweit einmaligen Synchrotronstrahlungsquelle PETRA III bei DESY in Hamburg. 2023 wurden 513 indische Gastforschende an Einrichtungen der HGF aufgenommen; damit liegt Indien als Herkunftsland ähnlich wie bei der MPG auf dem zweiten Platz hinter China.
Östlich des GSI-Helmholtzzentrums für Schwerionenforschung in Darmstadt entsteht seit 2017 das Beschleunigerzentrum FAIR (Facility for Antiproton and Ion Research). Ab 2025 soll Materie im Labor erzeugt und erforscht werden, wie sie sonst nur im Universum vorkommt. Das FAIR-Projekt ist multinational, das heißt, es wird durch die Kooperation einer Reihe von Mitglieds- und Partnerländern realisiert. Indien ist einer der Gesellschafter von FAIR und koordiniert die indischen Beiträge zum Aufbau und zur Forschungsarbeit über das BOSE Institute in Kalkutta (Bose Institute Indo-FAIR Coordination Centre, BI-IFCC).
Aktuell gibt es 40 Kooperationsprojekte mit Einrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft mit indischen Partnern. Die Kooperationen erstrecken sich über alle Sektionen der Leibniz-Gemeinschaft (Geisteswissenschaften und Bildungsforschung, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Raumwissenschaften, Lebenswissenschaften, Mathematik, Natur- und Ingenieurswissenschaften und Umweltwissenschaften).
Auf Länderebene hat die Bayerische Landesregierung das „Bayerisch-Indische Zentrum" (BayIND) in Hof gegründet. Es dient als Anlaufstelle für alle, die an einem Austausch in Studium, Lehre und Forschung zwischen Bayern und Indien interessiert sind. Unterstützung gibt es z.B. bei Fragen zu Stipendien, Praktikums- oder Studienplätzen, Kooperationspartnern oder Mobilitätshilfen. Wirtschaftsunternehmen nutzen das Bayerisch-Indische Zentrum u.a. als Netzwerkplattform. Hierzu organisiert BayIND regelmäßig Workshops und Seminare.
Es folgt eine Auswahl von Einrichtungen vor Ort, die die deutsch-indische Kooperation tragen und unterstützen:
- Deutsches Haus für Wissenschaft und Innovation (DWIH) in Neu-Delhi
- Alexander von Humboldt-Stiftung (AvH) – im DWIH
- Deutscher Akademischer Austauschdienst (DAAD) Außenstelle in Neu Delhi im DWIH, zusätzlich Informationspunkte in Bangalore, Chennai und Pune
- DFG Office India im DWIH
- Forschungszentrum Jülich India Office im DWIH
- Universitäten im DWIH: Freie Universität Berlin, Universität Göttingen, Universität Heidelberg, Universität zu Köln, Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule (RWTH) Aachen, Technische Universität München
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Das 2021 gegründete Max Weber Forum für Südasienstudien Delhi (MWF Delhi) geht auf eine Initiative des Deutschen Historischen Instituts London (DHI London) zurück und ist seit 2014 im indischen Recht als deutsches Auslandsinstitut verankert. Es nimmt eine Mittlerrolle zwischen der deutschen und südasiatischen geistes- und sozialwissenschaftlichen Forschung ein. Ein wichtiger Partner ist das 2015 eingerichtete Maria Sibylla Merian - R. Tagore Centre in Delhi. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universitäten Erfurt, Göttingen und Würzburg sowie des DHI London haben in einer Vorbereitungsphase gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus Indien das Forschungskolleg zum Thema "Metamorphosen des Politischen" aufgebaut (M.S. Merian – R. Tagore International Centre of Advanced Studies ‘Metamorphoses of the Political’, ICAS:MP).
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Der DAAD richtet in Indien (Hauptsitz) und Thailand (Satellit) bis 2025 eines von acht fächerübergreifenden „Globalen Zentren“ zur Bewältigung weltweiter Herausforderungen ein: Themen des „Global Water and Climate Adaptation Centre“ (ABCD-Centre, DAAD-Seite) sind Wassersicherheit und Anpassung an den Klimawandel. Die Projektverantwortung liegt bei der TU Dresden und der RWTH Aachen, zu den Partnern zählt unter anderem das Indian Institute of Technology Madras, Ocean Department in Chennai (Hauptsitz des Zentrums) und das Asian Institute of Technology (Satellit in Bangkok, Thailand).
- Fraunhofer
- Fraunhofer Office India (FhG) in Bangalore
- Zukünftig: “Fraunhofer Applied Centre for Advanced Automotive Research (CAAR)” am Indian Institute of Technology (IIT) Madras.
- Indo-German Science and Technology Centre (IGSTC) in Gurgaon südlich von Delhi
- Indo-German Center for Sustainability (IGCS) in Chennai an dem Indian Institute of Technology (IIT) Madras mit der RWTH Aachen
- Max Planck-Gesellschaft (MPG)
- Vertretung im DWIH
- Max Planck Centers of excellence: „The Indo German Max Planck-NCBS Center for Research on Lipids" im National Center for Biological Sciences (NCBS) in Bangalore und „The Indo Max Planck Collaboration in Computer Science" (IMPECS)
- Seit 2011 hat iMOVE ein Büro in Neu-Delhi und hilft deutsche Bildungsdienstleister auf ihrem Weg in den indischen Markt und Indien bei der Reform des Berufsbildungssystems.
Weitere Informationen
Bekanntmachungen
Links/Institutionen
- BIBB-GOVET: Indien – Länder- und Projektinformationen zur Berufsbildung
- IGSTC - Indo-German Science and Technology Centre
- DWIH - Deutsches Wissenschafts- und Innovationshaus New Delhi
- Indien: IIT Madras – Indian Institute of Technology Madras
- DAAD: Indien – Länder- und Programminformationen zu Hochschulen
- DAAD Außenstelle New Delhi
- DFG-Büro Indien
- Fraunhofer weltweit: Indien – Programminformationen
- FAIR - Anlage für Antiprotonen- und Ionenforschung
- DESY - Deutsches Elektronen-Synchrotron