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DFG richtet neun neue Forschergruppen ein

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) richtet neun neue Forschergruppen ein. Dies beschloss der Senat der DFG auf seiner Februar-Sitzung in Bonn. Die neuen Verbünde sollen Forscherinnen und Forschern Gelegenheit bieten, sich aktuellen und drängenden Fragestellungen in ihren Fächern zu widmen und neue Arbeitsansätze zu entwickeln. Wie alle DFG-Forschergruppen arbeiten auch die neuen Einrichtungen fächer- und ortsübergreifend. Fünf der neun Verbünde sind in Teilprojekten international ausgerichtet und kooperieren mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in Dänemark beziehungsweise in Israel, den Niederlanden, den Philippinen und der Schweiz.

Die neun Einrichtungen decken alle große Förderbereiche der DFG von den Lebens- über die Natur- und die Ingenieur- bis zu den Geistes- und Sozialwissenschaften ab. Das Themenspektrum reicht von mehrskaligen 3D-Modellen zur Planung von U-Bahn- und Straßentrassen über neue Algorithmen und Kommunikationsstrategien für elektrische Energieübertragungsnetze bis zur Geometrie und Physik räumlich zufälliger Strukturen; andere Gruppen erforschen, welchen Einfluss die allgegenwärtigen Online-Medien auf die politische Kommunikation haben oder wie sich Veränderungen beim Reisanbau in Südostasien auf den Klimawandel auswirken.

In der ersten Förderperiode erhalten die neun neuen Forschergruppen über drei Jahre hinweg insgesamt gut 19,3 Millionen Euro. Im Ganzen fördert die DFG damit 220 Forschergruppen.

Die neuen Forschergruppen im Einzelnen

(in alphabetischer Reihenfolge ihrer Sprecherhochschulen)

  • Neue Wege für die Kunstgeschichte beschreiten will die Forschergruppe „Transkulturelle Verhandlungsräume von Kunst“. In ihr werden künstlerische Objekte und Praktiken untersucht, die kulturelle Differenzerfahrungen ausgelöst oder bereits verarbeitet haben. Die Artefakte werden so als Agenten innerhalb eines transkulturellen Verhandlungsraumes begriffen. Unter diesem Blickwinkel lassen sich sowohl alte Expansions- und Austauschformen als auch neueste Formen der soziokulturellen Verflechtung untersuchen, was einer Neuorientierung des Faches zugutekommt. Zeitlich erstrecken sich die Forschungen über die gesamte Entstehungsperiode des modernen Weltsystems vom 13. Jahrhundert bis zur Gegenwart, regional über Afrika, Europa, Nord- und Südamerika sowie Ostasien. Auch in dieser Kombination von synchroner und diachroner Herangehensweise will die Forschergruppe zu einer „Global Art History“ in Deutschland beitragen
    (Sprecherhochschule: Freie Universität Berlin; Sprecher: Professor Gregor Stemmrich)

  • Die Forschergruppe „Simulation and Evaluation of Acoustical Environments“ (SEACEN) ist die erste Forschergruppe im neuen DFG-Fördergebiet Akustik. Der neue Verbund, an dem auch Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Israel und den Niederlanden beteiligt sind, befasst sich mit der sogenannten „Auralisation“, also der „Hörbarmachung“ akustischer Realitäten. Die Erforschung dieses Verfahrens hat nicht nur für die Grundlagenforschung hohe Bedeutung, sondern auch für vielfältige Anwendungen im Bereich von Medien, Raumakustik und virtueller Realität. Nicht zuletzt sollen die Forschungsergebnisse Fragen beantworten helfen wie: Wie kann die akustische Qualität eines Raumes objektiviert werden? Wie kann Musik aus dem Konzertsaal möglichst wirklichkeitsnah andernorts erschallen? Wie muss der Klang aufgezeichnet, verarbeitet und reproduziert werden, damit vor allem der akustische Raumeindruck des Konzertsaals nicht verloren geht? Wie müssen virtuelle Klangfelder modelliert und wiedergegeben werden, um akustisch naturgetreue Raumeindrücke zu erzeugen?
    (Sprecherhochschule: Technische Universität Berlin, Sprecher: Professor Stefan Weinzierl)

  • Die Weiterentwicklung von Mikrosystemen zu „Smart Systems“ ist Gegenstand und Ziel der Forschergruppe „Sensorische Mikro- und Nanosysteme“. Die beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wollen mit ihren Forschungen wesentlich über die gegenwärtig auf dem Markt befindlichen Mikrosysteme, die hauptsächlich auf Silizium-Mikrotechnologien älterer Prozessgenerationen basieren, hinausgehen. Dazu sollen die Komponenten weiter miniaturisiert, die Nanotechnologien in die Herstellung einbezogen und neue Materialien verwendet werden. Auf diese Weise sollen zum einen mehr Funktionalitäten in einem Bauteil integriert werden können. Zum anderen soll dieses Bauteil neue und deutlich bessere Funktionalitäten bieten. Die so entstehenden Smart Systems sollen noch besser Situationen beschreiben und bewerten, vorausschauend entscheiden und mit ihrer Umgebung kommunizieren.
    (Sprecherhochschule: Technische Universität Chemnitz; Sprecher: Professor Thomas Geßner)

  • Elektrische Energieübertragungsnetze verbinden Kraftwerke über ganze Kontinente hinweg, liefern den Strom an den Kunden und sind Marktplatz und Integrationsplattform für erneuerbare Energien. Die Anforderungen an die Netze werden immer komplexer – und damit auch die Anforderungen an ihre Steuerung, Überwachung und ihren Schutz. Eine neue Forschergruppe will nun neue Schutz- und Leitsysteme für Energiesysteme der höchsten Spannungsebenen entwickeln, die sich transkontinental aufspannen. Dabei geht es zum einen um die Forschung an neuen schutz- und leittechnischen Algorithmen; diese sollen beispielsweise die Systemüberwachung optimieren, Reaktionen auf kurzfristige Überlastungen verbessern und Großstörungen leichter vermeiden lassen. Zum anderen werden leistungsfähige Kommunikationsnetzwerke und -strategien im Sinne einer echtzeitfähigen Informations- und Kommunikationstechnik erforscht. Gerade durch die Kombination beider Schwerpunkte soll der Betrieb der elektrischen Energieübertragungssysteme noch zuverlässiger und sicherer werden.
    (Sprecherhochschule: Technische Universität Dortmund, Sprecher: Professor Christian Rehtanz)

  • Eine ebenso dynamische wie gesellschaftlich und politisch bedeutsame Entwicklung steht im Mittelpunkt der Forschergruppe „Politische Kommunikation in der Online-Welt“. Der Verbund aus deutschen und schweizerischen Kommunikationswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern geht der Frage nach, wie sich die öffentliche Kommunikation zwischen Bürgern, politischen Organisationen und Medien durch die inzwischen allgegenwärtigen Online-Medien wie Online-Zeitungen, Suchmaschinen, Videoportale, Social Networks und Blogs verändert. Damit einher geht die Frage nach den politischen Folgen dieses Wandels – etwa auf die politischen Präferenzen von Wählerinnen und Wählern oder die Strukturen politischer Organisationen. Zur Beantwortung ihrer Leitfragen will die Forschergruppe zum einen in Panelstudien den Wandel der politischen Kommunikation empirisch untersuchen. Zum anderen sollen bislang nur getrennt vorliegende theoretische Ansätze zur Online-Kommunikation überprüft und verknüpft werden. Eine Reihe von Einzelprojekten beleuchtet schließlich den Zusammenhang von Kommunikationswandel, Medienwandel und politischem Wandel aus unterschiedlichen Blickpunkten.
    (Sprecherhochschule: Universität Düsseldorf; Sprecher: Professor Gerhard Vowe)

  • Nicht nur im Hinblick auf die Ernährung der Erdbevölkerung, sondern auch in ökologischer Hinsicht kommt dem Anbau von Reis große Bedeutung zu. Welche ökologischen Konsequenzen aktuelle und künftige Veränderungen im Reisanbau in großen Teilen Südostasiens haben, untersucht die neue Forschergruppe „Introducing Non-Flooded Crops in Rice-Dominated Landscapes“ mithilfe moderner molekularer, bodenkundlicher und pflanzenphysiologischer Methoden. Das besondere Interesse gilt dabei den Auswirkungen, die veränderte Reisanbausysteme auf den biogeochemischen Kohlenstoff- und Stickstoffkreislauf, auf die Emission von Treibhausgasen und den Wasserhaushalt haben. Wesentliche Impulse bezieht der Verbund dabei aus der Kooperation mit dem International Rice Research Institute (IRRI) auf den Philippinen, an dem landwirtschaftliche Sorten und Anbautechniken entwickelt werden.
    (Sprecherhochschule: Universität Gießen; Sprecher: Professor Volkmar Wolters)

  • Die Planung von Straßen-, Bahn- und U-Bahntrassen sowie ähnlichen Infrastrukturmaßnahmen im urbanen Umfeld mitsamt den damit verbundenen Über- und Unterführungsbauwerken wird immer komplexer, die rechtlichen, ökologischen, ökonomischen und konstruktiven Rahmenbedingungen immer vielfältiger, die Zahl der Beteiligten mit teilweise weit auseinandergehenden Kompetenzen, Kenntnissen und Interessen immer größer. Mit einer „rechnergestützten kooperativen Trassenplanung in mehrskaligen 3D-Stadt- und Bauwerksmodellen“ will eine Forschergruppe die Planungsprozesse nun wesentlich erleichtern. Dazu sollen die bislang zumeist eingesetzten zweidimensionalen Planungsmodelle erweitert werden zu einem drei- beziehungsweise vierdimensionalen Stadt- und Bauwerksmodell. Der Forschungsverbund will hierfür in neuartiger Weise Technologien aus den Bereichen Geografische Informationssysteme, Computer Vision und Kollaborative Planungsplattformen verbinden und neue Ansätze zur interaktiven, parametrischen Trassenplanung, zur bildgestützten „real time“-Lokalisierung in 3D und zur mehrskaligen 3D-Modellierung erforschen. Die Ergebnisse dürften sowohl für die ingenieurwissenschaftliche Grundlagenforschung als auch für die planerische Anwendung – bis hin in mobilen Systemen vor Ort – höchste Relevanz haben.
    (Sprechereinrichtung: Karlsruher Institut für Technologie, Sprecher: Professor Martin Breunig)

  • Eine Brücke zwischen Mathematik und Physik schlägt die neue Forschergruppe „Geometry and Physics of Spatial Random Systems“. Ihr Forschungsgegenstand sind Untersuchungen auf dem Gebiet der Geometrie und Physik räumlich zufälliger Strukturen. Auf mathematischer Seite geht es dabei vor allem um die Weiterentwicklung von Methoden und Modellen der räumlichen Stochastik und hier insbesondere der stochastischen Geometrie. Dabei soll auch untersucht werden, welche Relevanz diese mathematischen Werkzeuge für die Physik von komplex strukturierten Materialien haben, was einen Bogen zur Festkörper- und statistischen Physik schlägt. Die beteiligten Physikerinnen und Physiker befassen sich unter anderem mit der Analyse der Struktur der Galaxienverteilung im Universum und mit mesoskopischen Strukturen in Mikroemulsionen mittels der entwickelten stochastischen Methoden. Die geplanten Forschungen, an denen sich auch dänische Wissenschaftler mit einem Projekt beteiligen, sind vor allem wegen der äußerst vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten der stochastischen Geometrie bei der Analyse, Modellierung und Simulation von mikroskopischen und makroskopisch-geografischen Strukturen von Bedeutung.
    (Sprechereinrichtung: Karlsruher Institut für Technologie; Sprecher: Professor Günter Last)

  • Die weit reichenden Möglichkeiten Laser- und Synchrotron-basierter Strahlungsquellen für die Beantwortung chemischer und biologischer Fragen auszuloten und zu nutzen – das ist das Ziel einer neuen Forschergruppe aus synthetisch, spektroskopisch und theoretisch arbeitenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern. Der Verbund erforscht die – so auch der Titel der Gruppe – „Dynamik von Elektronentransferprozessen an Übergangsmetallzentren in biologischen und bioanorganischen Systemen“. Im Mittelpunkt stehen dabei zeitaufgelöste Messungen, die sich mit konventionellen Strahlungsquellen bislang nicht realisieren ließen. Untersucht werden an sich bereits gut erforschte chemische Modellsysteme, die aber wegen der neuartigen angewandten Methoden einen weiteren deutlichen Erkenntnisgewinn erwarten lassen. Die geplanten Untersuchungen, die unter anderem am Deutschen Elektronen-Synchotron (DESY) stattfinden, sollen über den bioanorganischen Bereich hinaus auch der biologischen Forschung im Bereich der Metalloenzyme starke Impulse verleihen.
    (Sprecherhochschule: Universität Paderborn, Sprecher: Professor Gerhard Henkel)

Ausführliche Informationen zu den DFG-geförderten Forschergruppen finden sich unter: www.dfg.de/for

Weitere Informationen erteilen die Sprecherinnen und Sprecher der Forschergruppen.

Quelle: Deutsche Forschungsgemeinschaft DFG Redaktion: Länder / Organisationen: Dänemark Israel Niederlande Philippinen Schweiz Themen: Förderung Infrastruktur Geistes- und Sozialwiss. Physik. u. chem. Techn. Engineering und Produktion Information u. Kommunikation Lebenswissenschaften Mobilität

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