Fachliche Stärken des Forschungssystems: Republik Korea (Südkorea)
Übersicht
Der Spezialisierungsindex dient dazu, das wissenschaftliche Profil eines Landes darzustellen. Er zeigt an, in welchen Bereichen ein Land im Vergleich zum gesamten weltweiten Publikationsaufkommen stark oder schwach vertreten ist. Ein negatives Vorzeichen stellt eine unterdurchschnittliche Spezialisierung dar. Der Indikator ist auf einen Wertebereich von -100 (stark negative Spezialisierung) bis +100 (stark positive Spezialisierung) normalisiert. Er geht zurück auf frühere Indikatoren für die Handelsspezialisierung und baut auf dem Konzept des komparativen Vorteils auf.
Südkorea weist gegenüber dem weltweiten Publikationsaufkommen eine besonders starke Spezialisierung (+25 und mehr) in den Fachgebieten Nukleartechnologie, Elektrotechnik, Materialforschung, Chemieingenieurwesen, Medizintechnik, Ernährung, Informatik und Polymere auf (Quelle: Monitoring des Asiatisch-Pazifischen Forschungsraums (APRA) - 2. Bericht (2020), S. 185, 216, Datenquelle: Scopus Elsevier).
Im November 2022 wurden auf der Generalversammlung des Presidential Advisory Council on Science & Technology (PACST) 12 nationale strategische Technologiefelder vorgestellt, die unter dem Fünften Wissenschafts- und Technologie Basisplan im Zeitraum von 2023-27 schwerpunktmäßig gefördert werden sollen. Diesen zwölf Technologiefeldern sind insgesamt 50 Schlüsseltechnologien zugeordnet. Bei den nationalen strategischen Technologiefeldern handelt es sich um
- Halbleiter
- Bildschirme
- wiederaufladbare Batterien
- fortgeschrittene Mobilität
- Next-Gen-Kernenergie
- fortgeschrittene Biotechnologie
- Luft- und Raumfahrttechnik sowie Meerestechnik
- Wasserstoff
- Cybersicherheit
- Künstliche Intelligenz (KI) und Kommunikation der nächsten Generation
- fortgeschrittene Robotik und Fertigung
- Quantentechnologie.
Für 2024 sind Investitionen von 5 Billionen Won (3,8 Milliarden US-Dollar) in Forschung und Entwicklung in die 12 Technologiefelder vorgesehen (siehe „Korea to invest $3.8 bil. in R&D for 12 strategic technologies in 2024", in Korea Times, August 29, 2023).
Die Regierung hat sich außerdem zum Ziel gesetzt, bis 2030 in den Bereichen KI-Halbleiter, Biotechnologie und Quantentechnologie jeweils zu den drei globalen Spitzenreitern zu gehören. Um dieses Ziel zu erreichen, plant die Regierung intensiv in diese Technologien zu investieren, Wertschöpfungsketten für markterschließende Technologien zu schließen und die Zusammenarbeit mit verbündeten Nationen auszubauen (siehe Download Office of the President Republic of Korea: „Leap to Global Top 3 in AI-Semiconductor, Advanced Biotechnology & Quantum Technology”, 25 April 2024).
Nach drei Jahrzehnten koninuierlich steigender Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) hatte die Regierung 2023 erstmals deutliche Kürzungen bei staatlichen Ausgaben durchgesetzt. Diese betrafen vor allem die Grundlagenforschung und sollten internationalen Kooperationsprojekten zugute kommen (siehe „South Korean scientists’ outcry over planned R&D budget.cuts", in: Nature, 05 October 2023). Viele Universitäten haben bereits Abteilungen der Grundlagenforschung geschlossen bzw. durch Industrieforschung ersetzt. Im Sommer 2024 kündigte das Wissenschaftsministerium MSIT an, für das Jahr 2025 insgesamt 24,8 Billionen Won (17,9 Milliarden Dollar) für sein FuE-Budget zur Verfügung stellen. Davon sollen 3,5 Billionen Won in die drei obengenannten Schwerpunktbereiche fließen: Chips mit künstlicher Intelligenz, fortgeschrittene Biotechnologie und Quantentechnologie. Für die Grundlagenforschung werden 2,94 Billionen Won bereitgestellt und weitere 2,4 Billionen Won sind für Spitzentechnologien wie Halbleiter und Kommunikation der nächsten Generation vorgesehen. Nach Angaben des Ministeriums wird die Regierung außerdem erstmals mehr als 1 Billion Won in die Raumfahrtindustrie investieren, um Südkorea zu einer globalen Raumfahrtnation zu machen (siehe „Science Ministry sets 24.8 trillion won for 2025 R&D budget". in: Korea JoongAngDaily, 27 June 2024).
Fortgeschrittene Biotechnologie
Im Bereich der Biotechnologie liegt der Schwerpunkt auf der Bewältigung der Herausforderungen, die sich aus der Konvergenz von Digitalisierung und Biotechnologie ergeben. Zudem ist Advanced Biotechnology eines der 12 strategischen Technologiefelder, die Südkorea im Zeitraum von 2023-27 schwerpunktmäßig fördert sowie eine von drei Bereichen, in denen Südkorea bis 2030 zur Weltspitze gehören möchte (siehe unter Fachliche Stärken Übersicht). Die „Advanced Biotechnology Initiative“ ist eine nationale Strategie, die darauf abzielt, Korea bis zum Jahr 2035 von einem Nachzügler zu einem führenden Land im Biotechnologiesektor zu machen. Zu den Hauptzielen gehören die Weiterentwicklung der synthetischen Biologie, die Generierung von Big Data Sets und die Entwicklung von Gentransfertechnologien zur Behandlung unheilbaren Krankheiten (Presidential Advisory Council on Science and Technology (PACST 2023).
Das wichtigste staatliche Forschungsinstitut ist das Korea Research Institute for Bioscience and Biotechnology (KRIBB). Die Zentren der Bioindustrie sind zahlreich: Bio21-Center in Jinju (Gyeongsang Provinz), Chuncheon Bioindustry Foundation (Gangwon Provinz) und Jeonbuk Institute for Bioindustry (Jeonbuk Provinz). Ein weiteres wichtiges Cluster in der Biotechnologie ist das Gyeonggi Bio-Center in Suwon südlich von Seoul. Hinzu kommen regionale Bioparks. Die wichtigsten sind der Medical Industry Park in Wonju und der Ochang Scientific Industrial Complex. Die Regierung fördert in Osong (Chungcheongbuk Provinz) zudem den Aufbau eines Komplexes für Spitzentechnologien im Bereich der Biopharmazeutika und medizinischer Geräte auf Basis der Biotechnologie.
Weitere Informationen
Energie
Der ehemalige südkoreanische Präsident Moon hatte 2020 verkündet, dass das Land bis 2050 Klimaneutralität („Net Zero“) anstrebe. Ende 2021 erklärte die Regierung dann, die Emissionen von Treibhausgasen bis 2030 um 40 Prozent gegenüber 2018 reduzieren zu wollen. Dies ist Südkoreas national festgelegter Beitrag (NDC) im Rahmen des Pariser Klimaschutzabkommens. Im Hinblick auf das Erreichen dieser Ziele wurde die „Technology Innovation Promotion Strategy for Carbon Neutrality and Green Growth“ angenommen (2022-37), unter der kohlenstoffneutrale Technologien besonders gefördert werden soll. Die koreanische Regierung von Moon sah Kernenergie nicht als ein Mittel zum Erreichen von Net Zero an. Dies änderte sich mit der Wahl des neuen Präsidenten Yoon im Jahr 2022: Angestrebt für die Kernenergie wird nun ein Anteil von 30 Prozent am Strommix im Jahr 2030. Außerdem ist die Kernenergie der nächsten Generation eines der 12 strategischen Technologiefelder, die Südkorea im Zeitraum von 2023-27 schwerpunktmäßig fördert (siehe unter Fachliche Stärken Übersicht). Im Frühjahr 2024 unterzeichnete das Ministerium für Wissenschaft und IKT (MSIT) ein Übereinkommen mit acht Unternehmen, das auf gemeinsame Anstrengungen beim Bau neuartiger Reaktoren setzt. Im Fokus stehen der von Korea entworfene kleine modulare Reaktor SMART (SMR), Salzschmelzenreaktoren, Hochtemperatur-Gasreaktoren und natriumgekühlte schnelle Reaktoren (siehe „Korea gears up for advanced reactor development“, in: World Nuclear News, 22 March 2024).
Ehrgeizige Ziele verfolgt die südkoreanische Regierung seit langem im Bereich Fusionsenergie. Südkorea beteiligt sich seit 2006 an dem Internationalen Thermonuklearen Experimentellen Reaktor (ITER), der ab 2025 im südfranzösischen Cadarache mit der Produktion des ersten Plasmas beginnen soll. Zusätzlich hat Südkorea einen eigenen nationalen Forschungsreaktor KSTAR („Korea Superconducting Tokamak Advanced Research“) in Daejon gebaut. Die Anlage konnte im Frühjahr 2024 einen bedeutenden Durchbruch in der Fusionsenergieforschung vermelden. Ab 2035 ist in Südkorea der Bau eines Fusionskraftwerks geplant, das ab 2050 Strom liefern soll.
Bei erneuerbaren Energien orientiert sich auch die neue Regierung weiter an den Vorgaben der Roadmap 2030 von Ende 2017 (UNESCO Science Report, S. 669 ff.). Gemäß der Roadmap soll der Anteil neuer und erneuerbarer Energie am Strommix von 7 Prozent im Jahr 2016 auf 20 Prozent im Jahr 2030 gesteigert werden (siehe „Regierung will Kernenergie und Erneuerbare ausbauen", German Trade and Invest GTAI, 2023).
Im Januar 2019 stellten verschiedene Ressorts (u.a. Wirtschafts- und Energieministerium, Wissenschafts- und Technologieministerium und Umweltministerium) die „Korea Hydrogen Economy Roadmap 2040“ vor. Die Roadmap legt im Unterschied zu den deutschen Planungen ein starkes Gewicht auf den Transport- sowie den Energiesektor: Bereits 2030 will das Land weltweit die Nummer 1 bei der Produktion von Brennstoffzellen und bei wasserstoffbetriebenen Verkehrsmitteln sein. Im Jahr 2040 sollen 6,2 Millionen Autos mit Brennstoffzellenantrieb auf koreanischen Straßen unterwegs sein, während gleichzeitig 15 Gigawatt (GW) Leistung durch Brennstoffzellen erzeugt werden (u.a. durch Wasserstoff-Brennstoffzellenkraftwerke). 2022 wurde die „Future Srategy for Hydogen Technologies“ angenommen.
Bis 2025 liegt der Forschungsschwerpunkt auf der Erdgasreformierung (Blauer bzw. Türkiser Wasserstoff), bis 2030 soll die Technologie der Wasserelektrolyse (50 Kilowattstunden je Kilogramm Wasserstoff, 100 Megawatt) entwickelt und mit erneuerbaren Energien wie Windkraft und Solarenergie zur Produktion von Grünem Wasserstoff) kombiniert werden (siehe „Südkorea treibt Wasserstoffwirtschaft massiv voran“, GTAI, Mai 2020). In einem schwimmenden Offshore-Windpark mit 6 Gigawatt vor Ulsan soll 2025 eine Pilotanlage zur Erzeugung von grünem Wasserstoff mit einer Kapazität von 100 Megawatt entstehen (siehe „Südkorea setzt im Kraftwerksbau stärker auf erneuerbare Energien“ GTAI Juni 2021).
Weitere Informationen
Links/Institutionen
Digitaler Wandel und Künstliche Intelligenz
In Südkorea spiegelt sich der hohe Stellenwert der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) auch in der Bezeichnung des Ministeriums (Ministry of Science and ICT, MSIT) wider. Zur Förderung der Entwicklung von IKT wurde 2014 die Förderagentur Institute for Information & Communications Technology Promotion (IITP) geschaffen
2022 hat das Land die „Korea Digital Strategy“ angenommen mit dem Ziel, Südkorea zu zum digital fortschrittlichsten Land der Welt zu machen. Dabei helfen soll die K-Digital Platform (KDP) und die Initiative für 1 Million digitale Talente. Rechte werden seit 2023 durch eine „Digital Bill of Rights“ garantiert, die die Regierung mit Hilfe eines Aktionsplans für eine neue digitale Ordnung umsetzen will (siehe MSIT (2024): „Korea Unveils Plan to Establish a New Digital Order“, Press Release May 21, 2024).
Viele der 12 strategischen Technologiefelder, die Südkorea im Zeitraum von 2023-27 schwerpunktmäßig fördert, sind aufs engste mit der Digitalisierung verbunden, wie beispielsweise Halbleiter, Bildschirme und Künstliche Intelligenz (KI) (siehe unter Fachliche Stärken Übersicht). Bereits heute liegt Südkorea bei der Nutzung digitaler Technologien in Unternehmen in Bezug auf drei von vier untersuchten Technologien (Internet of Things, Big Data Analytics und KI) unter allen OECD-Ländern an der Spitze (siehe OECD Digital Economy Outlook 2024-1, Grafik 3.10).
Die im Juni 2023 durch die Regierung angekündigt Nationale Quantenstrategie Koreas wird flankiert durch die Eröffnungen von Quantum Science Technology Cooperation Center in Washington und Brüssel in den Jahren 2022 und 2023 (Pressemitteilung Ministerium MSIT). In die Entwicklung von Quantentechnologien werden bei der Bewältigung von globalen Herausforderungen große Hoffnungen gesetzt, jedoch haben diese überwiegend das Stadium der Marktreife noch nicht erreicht. Südkorea sieht sich aufgrund seiner Vorarbeiten gut positioniert, eine Führungsrolle zu übernehmen und neue Märkte zu erschließen, unter anderem durch Fortschritte bei Quantenmaterialien, Quantensensorik sowie dem Einsatz von Künstlicher Intelligenz in Quantenform zur Effizienzsteigerung im maschinellen Lernen (Download Office of the President Republic of Korea: „Leap to Global Top 3 in AI-Semiconductor, Advanced Biotechnology & Quantum Technology” , 25 April 2024).
Bei der Entwicklung von Künstlicher Intelligenz (KI) sieht sich Südkorea ebenfalls in einer guten Ausgangsposition, da es über Stärken im Hardwarebereich, darunter eine erstklassige Wettbewerbsfähigkeit im Bereich der Speicherchips, sowie über robuste Fertigungskapazitäten verfügt. Weltweit war Südkorea das dritte Land, welches ein Large Language Model (LLM) entwickelt hat. Zur Erlangung einer weltweiten KI-Führungsposition kündigte Südkorea im Sommer 2024 Investitionen in 9 „Key Technology Innovation Projects“ und damit verbundene Initiativen an. Geplant ist unter anderem eine Weiterentwicklung der „Artificial General Intelligenz“ (AGI), die die Grenzen der bestehenden generativen KI überschreitet und der Sicherstellung leichtgewichtiger und stromsparender KI-Technologien. Ziel ist es, die uneingeschränkte Nutzung von KI auf allen Geräten zu ermöglichen. Außerdem will Korea schnell die Führung bei KI-Sicherheitstechnologien übernehmen. Ein besonderes Augenmerk bei den 9 Technologien liegt auf der Schnittstelle zwischen KI und Halbleitern. Hier will Südkorea KI-Berechnungsfunktionen in Speicherchips integrieren, um die Rechengeschwindigkeit erhöhen und gleichzeitig den Stromverbrauch drastisch senken. Geplant ist auch ein eigener südkoreanischer KI-Prozessor („K-AP“). Neuromorphe KI-Halbleiter, die die Struktur des menschlichen Gehirns nachbilden, sollen bis zur Vermarktungsreife fortentwickelt werden. Zur Entwicklung eines KI-Halbleiter-Ökosystems werden spezielle Maßnahmen getroffen (Download Office of the President Republic of Korea: „Leap to Global Top 3 in AI-Semiconductor, Advanced Biotechnology & Quantum Technology” , 25 April 2024).
Die südkoreanische Strategie für Künstliche Intelligenz („National Strategy for Artificial Intelligence: AI for Everyone, AI of Everything" datierte von Ende 2019. 2024 hat das Wissenschaftsministerium MSIT das „AI Research Hub Project" lanciert. Öffentlich-private Konsortien können sich als Träger eines zentralen nationalen Forschungs-Hub bewerben. Bis 2028 sollen 36 Billionen Won investiert werden (siehe MSIT: „Korea Aims to Become One of the Top Three AI Powerhouses by Establishing a National AI Research Hub”, Press Release May 14, 2024).