Einträge von Nähr- und Spurenstoffen durch Flüsse sind für das Leben im Ozean und die Zusammensetzung der Planktongemeinschaften unerlässlich. Dies gilt umso mehr für den Amazonas, der durch das größte Einzugsgebiet der Welt gespeist wird und dessen Einträge die Produktivität und Stoffumsätze im westlichen tropischen Nordatlantik entscheidend beeinflussen.
Prof. Maren Voß vom IOW erklärt die immense Bedeutung, die der riesige südamerikanische Strom nicht nur an Land sondern auch im Meer entfaltet:
„Wir bezeichnen das Amazonas-Gebiet mit seinen Regenwäldern oft als die ‚Lunge der Erde‘, das eine Schlüsselrolle im globalen Kohlenstoffkreislauf spielt und zu etwa 15 % der globalen Photosynthese beiträgt. Viel weniger im Blick ist die Tatsache, dass die gigantischen Wassermassen des Flusses – er könnte in nur vier Jahren die gesamte Ostsee mit 21 631 km³ füllen – große Mengen organischen Materials und Nährstoffe mit sich führen, die aus den Böden des Einzugsgebietes stammen und den Ozean düngen. Diese Nährstoffe kurbeln dort die Phytoplanktonproduktion an und damit die Bindung des Klimagases CO2.“
Maren Voß ist Expertin für marine Stickstoffkreisläufe und die Fahrtleiterin der METEOR-Expedition M174 mit dem Titel „N-Amazon“, die im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projektes MeN-ARP (kurz für: Metabolism of Nitrogen in the Amazon River plume and Western Tropical North Atlantic) die Amazonas-Flussfahne untersuchen wird. Dr. Nathalie Loick-Wilde, Zooplanktonexpertin am IOW und MeN-ARP-Projektleiterin, begleitet die Expedition als stellvertretende Fahrtleiterin. Das 22-köpfige interdisziplinäre Expeditions-Team, zu dem neben 15 IOW-Expertinnen und Experten auch Forschende aus Bremen, der Schweiz und den USA gehören, wird bis zum 30. Mai an Bord sein. An rund 25 Arbeitstagen im Untersuchungsgebiet vor der Amazonas-Mündung sollen insgesamt 56 Beprobungsstationen angelaufen sowie verschiedenste Experimente direkt an Bord durchgeführt werden. Zielhafen der Forschungsfahrt ist Emden.
Neben der genauen Vermessung der Ausdehnung der Flussfahne und der Untersuchung physikalischer Vermischungsprozesse von Fluss- und Meerwasser, widmet sich das Arbeitsprogramm verschiedenen Aspekten des Stickstoffumsatzes in den planktischen Lebensgemeinschaften, angefangen von Bakterien und dem pflanzlichem Plankton als Basis des Nahrungsnetzes bis hin zum Zooplankton. Wasserproben für eine umfangreiche Makro- und Mikronährstoffanalytik sowie das Ziehen von Sedimentkernen, mit deren Hilfe Nährstofffreisetzungen aus dem Meeresboden erfasst werden sollen, runden das wissenschaftliche Programm ab.
Expeditionsleiterin Maren Voß erläutert ein zentrales Anliegen der Forschungsfahrt:
„Es ist essenziell wichtig, dass wir all diese Umsetzungsprozesse und damit die Rolle der Amazonaseinträge für die Produktivität des westlichen tropischen Nordatlantik so genau wie möglich verstehen. Denn bereits jetzt gibt es Hinweise, dass menschliche Einflüsse wie Klimawandel und massive Abholzungen im Amazonas-Einzugsgebiet zu gravierenden Änderungen in diesem komplexen System führen.“