StartseiteLänderEuropaEuropa: Weitere LänderEU-Projekt Europäische Spallationsquellen (ESS): Pionierarbeit zur Schaffung einer gesamteuropäischen Neutronenforschungsanlage

EU-Projekt Europäische Spallationsquellen (ESS): Pionierarbeit zur Schaffung einer gesamteuropäischen Neutronenforschungsanlage

Derzeit laufen in der schwedischen Stadt Lund die Arbeiten zum Bau einer hochmodernen Forschungseinrichtung an, die 30 Mal hellere Neutronenstrahlen als bestehende Anlagen erzeugen kann. Finanzielle Unterstützung in Höhe von 1,8 Milliarden EUR soll den Wissenschaftlern die Untersuchung und das Testen neuer Materialien auf Molekularbasis ermöglichen. Die Ergebnisse könnten sich auf die Nanotechnologie, die Biowissenschaften, den Pharmasektor, die Werkstoffwissenschaften und die Experimentalphysik auswirken.

Mehrere hundert Mitglieder der europäischen Wissenschaftsgemeinschaft wurden eingeladen, um den Baubeginn der Anlage Anfang Oktober 2014 einzuläuten. Das Projekt wird von mehr als einem Dutzend europäischer Länder finanziert. Dabei sind Schweden mit 35 % und Dänemark mit 12,5 % die größten Geldgeber. Die Europäische Spallationsquelle (ESS, European Spallation Source) soll bis 2025 fertig gestellt werden und wird dann die leistungsstärkste Neutronenquelle der Welt sein.

Die ESS stellt zweifelsohne einen Meilenstein in der europäischen Neutronenforschung dar. Im Gegensatz zu Nuklearreaktoren, die die ersten für die Forschung verwendeten Neutronenquellen darstellten, sind Spallationsquellen wie die ESS weitaus sicherer und produzieren weitaus mehr nützliche Neutronen. Die Forschungseinrichtung wird die europäische Neutronenwissenschaft daher zum Spitzenreiter in diesem zukunftsweisenden Forschungsbereich machen.

Die Anlage besteht aus einem 600 Meter langen linearen Beschleuniger, der die Protonen mit einer Leistung von 5 MW in eine sich drehende Wolframröhre schießt. Die Protonen treffen mit beinahe Lichtgeschwindigkeit auf den Wolframkern und geben Neutronen ab. Dieser Vorgang wird als Spallationsprozess bezeichnet. Diese Neutronen werden daraufhin "abgekühlt" bzw. verlangsamt und schließlich in 44 Strahlenbahnen gelenkt.

Da Neutronen elektrisch ungeladen sind und sich nicht auf Elektronen auswirken, können sie tief in Atome vordringen und ermöglichen eine direkte Untersuchung der Atomkerne. Das ist mit Röntgenstrahlen nicht möglich.

Infolgedessen eröffnet die ESS neue Forschungsmöglichkeiten in einer Vielzahl von Gebieten wie etwa der Medizin. Wissenschaftler werden dank der Forschungseinrichtung in der Lage sein, die Komplexitäten und Geheimnisse des menschlichen Gehirns, seine neurale Vernetzung sowie die Funktionsweise des Gedächtnisses eingehender zu untersuchen. Die Neutronenanlage unterstützt Wissenschaftler außerdem dabei, besser verstehen zu können, wie die DNS auf molekularer Ebene wirkt, damit Leben entsteht. Außerdem können die genaue Position, Form und Funktion der Proteine bestimmt werden, welche die Molekülstruktur bestimmen.

Die ESS stellt für Physiker ein wichtiges Werkzeug dar, um eines der schwierigsten Rätsel des Universums lösen zu können. Ein attraktives Ziel wäre es beispielsweise, die unvereinbaren und dennoch plausiblen Theorien der Gravitation und der Quantenphysik miteinander in Einklang zu bringen.

Da Neutronen Materie weitaus besser durchdringen können als Röntgenstrahlen, ist die ESS auch für die Anwendung im Ingenieurwesen von Interesse. Falls ein kompletter Motorblock untersucht werden soll, wäre das mit einem Verfahren auf der Grundlage von Neutronen weitaus effizienter möglich.

Das Forschungsprogramm der Einrichtung befindet sich derzeit in Planung. Wissenschaftler und Ingenieure von mehr als 60 Partnerlaboren sind bereits damit beschäftigt, die ESS-Einrichtung zu optimieren und sich gleichzeitig Vorstellungen davon zu machen, wie diese verwendet werden können. Die ESS wird über ein Team von 500 Mitarbeitern verfügen und man rechnet damit, dass jährlich 2000 bis 5000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Einrichtung besuchen werden.

Quelle: CORDIS - Nachrichten Redaktion: Länder / Organisationen: EU Dänemark Schweden Vereinigtes Königreich (Großbritannien) Schweiz Norwegen Spanien Niederlande Litauen Italien Ungarn Frankreich Estland Themen: Grundlagenforschung Infrastruktur

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