StartseiteLänderEuropaFrankreichMatrice – interdisziplinäres Konzept zur Innovationsförderung in Frankreich

Matrice – interdisziplinäres Konzept zur Innovationsförderung in Frankreich

Berichterstattung weltweit Innovation aus der Praxis

Die private Informatik-Hochschule École 42 versammelt Studierende verschiedener Disziplinen, öffentliche Einrichtungen und Unternehmen, um zu einem Thema gemeinsam neue Ansätze zu entwickeln. Das Konzept hinter dem „Matrice“ genannten Programm soll innovatives Denken und entsprechendes unternehmerisches Handeln fördern.

Die École 42 ist eine seit 2013 bestehende, private Hochschule mit Sitz in Paris und Fremont (Silicon Valley). Sie zeichnet sich durch ein ungewöhnliches Konzept aus: Unabhängig von der Vorausbildung kann sich jeder zwischen 18 und 30 Jahren für das kostenlose, dreijährige Informatik-Programm bewerben. Absolventen erhalten kein Diplom sondern können ähnlich einem Computerspiel bis zu 21 Level erreichen. Und innerhalb der durchgehend geöffneten Hochschule gibt es zwar Lehrpersonal aber keine festen Curricula. Dieser umfassend projektorientierte Ansatz findet national wie international Anerkennung. Die Region Auvergne-Rhône-Alpes beispielsweise kopiert ihn mit Unterstützung der École 42 und wird im September 2017 in Lyon seine eigene Programmierhochschule eröffnen. Die École 42 ist 2017 laut der Programmier-Lernplattform CodinGame die beste Ausbildungsstätte für Programmierer weltweit.

Das nun von der Hochschule gestartete Programm „Matrice“ wird als „produktive Universität“ vorgestellt. „Eine der Missionen der École 42 ist es, den Innovationssektor in Frankreich zu entwickeln. Die erste Etappe besteht darin, Talente zu entwickeln; sie zu erkennen und ihnen eine Umgebung für ihre Entwicklung herzustellen. (…) Die zweite Etappe ist es, dafür zu sorgen, dass diese jungen Leute einen möglichst großen Impact erreichen, dass sie in die Industrie gehen und dass sie Unternehmen gründen.“, erklärte der Generaldirektor der Hochschule, Nicolas Sadirac gegenüber dem Onlinemagazin Usine Digital. „Wenn ein Studierender die Hochschule verlässt und hinterher Systemadministrator bei der BNP [Paribas] wird, haben wir versagt. Unser Ziel ist es nicht, dass die BNP [Paribas] weiterhin funktioniert sondern dass sie sich transformiert.“, wird Sadirac an anderer Stelle weiter zitiert. Auf Interdisziplinarität wird hierbei großen Wert gelegt, weil es gerade in der digitalen Wirtschaft wichtig sei, nicht in einer „Silo-Denkweise“ an Dinge heranzugehen, ergänzte sein Stellvertreter Kwame Yamgnane. Das Programm ist in Kooperation mit dem Inkubatoren-Netzwerk Creative Valley entstanden.

Matrice funktioniert wie folgt: Ein oder zwei Partner aus dem öffentlichen oder privaten Sektor versammeln 20 bis 40 Studierende in der letzten Studienphase aus zwei bis vier unterschiedlichen Hochschulen (darunter die École 42) zu einer Problematik. Es werden vier bis acht Gruppen gebildet, die jeweils ein Projekt über zehn Monate umsetzen. Dabei gibt es vier Phasen: Immersion, Elaboration, Produktion und Aktion. Die Teilnehmer sollen hierbei mittels Technologien gemeinsam zu etwas zu befähigt werden. Das pädagogische Konzept dahinter wird von der Bildungswissenschaftlerin Tiphaine Liu betreut. Laut Liu seien zwei Eigenschaften wichtig, um innovativ zu sein: Intuition und Führungskraft. Man muss einerseits motivieren, gemeinsam etwas zu erreichen und andererseits eine kritische Distanz zu sich und der in der Entstehung befindlichen Technologie haben.

Fünf Matricen gibt es bereits. So kooperieren beispielsweise die Behörde für Atom und erneuerbare Energien CEA (Commissariat à l'énergie atomique et aux énergies alternatives) und die Designhochschule Strate, um Spitzentechnologien so zu präsentieren, dass Unternehmer sich davon angesprochen fühlen. Das Institut Pasteur und die Robert-Debré-Klinik wiederum haben sich zu einer Matrice zum Thema Autismus zusammengeschlossen und Studierende der Hochschule für Mediengestaltung e-artsup, der École 42 aber auch Genetiker, Kinderpsychiater und Eltern betroffener Kinder dafür gewonnen. Daraus seien mehrere interessante Projekte entstanden, erklärt der Leiter des Matrice-Programms, François Xavier Petit. Unter anderem der Prototyp eines vernetzten Gürtels, der zu einem guten Schlafrhythmus beitragen soll. Auch das Arbeitsministerium,  das Kultusministerium, das staatliche Finanzinstitut Caisse des Dépôts, die nationale Marine oder die die Thales Group sind an Matricen beteiligt.

Zum Nachlesen:

Quelle: Usine Digitale Redaktion: von Kathleen Schlütter, Deutsch-Französische Hochschule Länder / Organisationen: Frankreich Themen: Bildung und Hochschulen Information u. Kommunikation Innovation

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