In den letzten zwei Jahrzehnten ist das Interesse am Tiefseebergbau zur Diversifizierung der Rohstoffversorgung stetig gestiegen. Da Tiefseebergbau unweigerlich zu Störungen der Tiefsee-Ökosysteme führen und die Lebensgemeinschaften wahrscheinlich nachhaltig beeinflussen würde, ist es essentiell, das Wissen über die Beeinträchtigungen zu erweitern und diese Erkenntnisse bei der Entwicklung der internationalen Regulierungsmaßnahmen für den Tiefseebergbau zu berücksichtigen.
In zwei zurückliegenden JPI Oceans (JPIO)-Förderinitiativen der gemeinsamen Maßnahme „Ökologische Aspekte des Tiefseebergbaus“ (Joint Action „Ecological Aspects of Deep-Sea Mining“; 2015 bis 2017, 2018 bis 2022) wurde erfolgreich demonstriert, wie eine ganzheitlich strukturierte wissenschaftliche Forschung auf europäischer Ebene in inter- und transdisziplinären Forschungsprojekten umgesetzt und eine über verschiedene europäische Forschungseinrichtungen verteilte marine Forschungsinfrastruktur gemeinsam und wirkungsvoll genutzt werden kann, um offene Fragen der Tiefseeforschung zusammen anzugehen, Wissenslücken zu schließen und somit einen Beitrag zur Ausarbeitung international verbindlicher Regularien zu liefern.
Das Verfassen von protektionistischen Regularien für einen Abbau mineralischer Ressourcen der Tiefsee erfordert eine dritte inter- und transdisziplinäre Anschlussmaßnahme im Rahmen einer europäischen Forschungsinitiative. Vertreter aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sollen unterstützt werden, Regularien zu entwickeln, die den Schutz und die nachhaltige Bewirtschaftung des Meeresbodens ermöglichen, um die Vielfalt der marinen Lebensräume auch für kommende Generationen zu erhalten.
Der Schwerpunkt dieser Forschung liegt auf der Etablierung und Konsolidierung eines fundamentalen und quantitativen Verständnisses von Auswirkungen einer Gewinnung mineralischer Ressourcen des Meeresbodens auf biologische und biogeochemische Prozesse in der Tiefsee, um Aussagen zur Ökosystemdynamik und -leistung am Boden und in der Wassersäule sowie zur Resilienz und Konnektivität der verschiedenen Tiefsee-Habitate zu ermöglichen. In diesem Kontext soll die Studie der langfristigen kumulativen Auswirkungen des Prototyp-Tests eines Knollenkollektors in der Clarion-Clipperton-Zone (östlicher Zentralpazifik) für deutsche Partner im Mittelpunkt stehen. Jedoch kann auch die Untersuchung der Folgen eines möglichen industriellen Großversuchs für den Abbau polymetallischer Knollen als Schwerpunkt infrage kommen.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) beabsichtigt, im Rahmen des Forschungsprogramms der Bundesregierung „MARE:N – Küsten-, Meeres- und Polarforschung für Nachhaltigkeit“ deutsche Partner innerhalb dieser europäischen JPIO-Förderinitiative zu fördern. Außerdem sollen die Verbundvorhaben mit deutscher Beteiligung einen Beitrag zu mindestens einem der sechs übergeordneten Ziele in mindestens einer der konzipierten Missionen der „Zukunftsstrategie Forschung und Innovation“ der Bundesregierung leisten. Die Förderrichtlinie soll zudem die Umsetzung der sieben Ziele der „United Nations (UN) Dekade der Ozeanforschung für nachhaltige Entwicklung 2021 bis 2030“ unterstützen.
An der Ausschreibung beteiligen sich Förderinstitutionen aus: Belgien, Deutschland, Italien, Niederlande, Polen, Rumänien und dem Vereinigten Königreich. Förderfähig sind nur Verbünde, an denen Partner aus mindestens drei der beteiligten Förderländer beteiligt sind. Eine Förderung kann nur erfolgen, wenn alle internationalen Projektpartner entsprechend den jeweiligen nationalen Regularien förderfähig sind. Daher sind alle nationalen Förderbedingungen zu beachten. Partner aus anderen Staaten müssen für ihre Beteiligung selbst aufkommen.
Die internationale Ausschreibung erfolgt im Rahmen von JPI Oceans und wird federführend von belgischer Seite (Belgian Science Policy Office, BELSPO) durchgeführt. In der ersten Verfahrensstufe ist eine sequenzielle Einreichung von Ideen- und Projektskizzen in der transnationalen Ausschreibung vorgesehen. Die Ideenskizzen sind in englischer Sprache bis spätestens 1. März 2024 auf der JPI Oceans-Internetseite einzureichen.
In der zweiten Verfahrensstufe werden die deutschen Projektpartner der international positiv bewerteten Projektskizzen aufgefordert, einen förmlichen Förderantrag vorzulegen. Mit der Abwicklung der Fördermaßnahme hat das BMBF den Projektträger Jülich beauftragt.