Unter dem Titel „Europas Gegenbewegungen. Euroskeptische Verflechtungen von den Anfängen der Europäischen Integration bis heute“ schließen sich die drei Institute der Max Weber Stiftung in London, Rom und Warschau mit dem Hamburger Institut für Sozialforschung zusammen und ermöglichen so interdisziplinäre und transnationale Perspektiven auf ein europäisches Thema. Das Projekt erforscht eurokritische Stimmen seit den 1950er Jahren bis in die jüngste Vergangenheit. Denn nicht erst die Flüchtlingskrise und die Covid-19-Pandemie haben den europäischen Zusammenhalt auf eine große Probe gestellt. Vielmehr gingen die europäische Idee und die Skepsis gegenüber Europa von jeher Hand in Hand. Demensprechend ist weder ein Verständnis der Vergangenheit noch eine zukünftige Förderung von Zusammenhalt in Europa möglich, wenn nicht gleichzeitig die Skepsis gegenüber der europäischen Einigung in die Überlegungen mit einbezogen wird.
Die bisherige Forschung hat sich weitgehend auf die jüngere Vergangenheit und europafeindliche politische Parteien konzentriert. Kritik an der europäischen Integration geht jedoch vielfach auf eine längere Entwicklung zurück. Dabei spielten sowohl soziale Bewegungen als auch gesellschaftliche Eliten in Verwaltung, Wirtschaft und Medien eine wichtige Rolle. Diese sprachen keineswegs immer mit einer Stimme, sondern stammten aus unterschiedlichen politischen Lagern. Sie beeinflussten den Prozess der europäischen Integration von Beginn an, entwarfen eigene, alternative Europakonzepte und schlossen Verbindungen über nationale Grenzen hinweg. Das neue Forschungsvorhaben wird die historischen Wurzeln und die Wirkungsmacht dieser Konzepte und Zusammenschlüsse erklären.
Als grenzüberschreitend arbeitende Forschungseinrichtung mit Instituten, Außenstellen und Projekten in insgesamt 15 Ländern ist die Max Weber Stiftung ein wichtiger Akteur in der europäischen Wissenschaftslandschaft und widmet sich in diesem neuen Forschungsprojekt dem Thema der Kritik am europäischen Zusammenhalt. Das Forschungsvorhaben wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit rund 1,5 Millionen Euro gefördert und nimmt seine Arbeit zum 1. April 2021 auf.