StartseiteLänderEuropaVereinigtes Königreich (Großbritannien)Seminar in der Britischen Botschaft: Suche nach innovativen Finanzquellen für langfristigen Klimaschutz und Anpassung

Seminar in der Britischen Botschaft: Suche nach innovativen Finanzquellen für langfristigen Klimaschutz und Anpassung

Die Britische Botschaft war am 16. September Gastgeber eines Seminars zur internationalen Klimafinanzierung, an dem auch das Bundesumweltministerium und das britische Ministerium für Energie und Klimaschutz beteiligt waren. Unter der fachkundigen Moderation von Camilla Bausch vom Ecologic Institut diskutierten rund 100 Experten, Regierungsbeamte, Vertreter von Nichtregierungsorganisationen und Botschaftsmitarbeiter über neue Geldquellen für die langfristige Finanzierung von Maßnahmen zur Emissionsminderung (‚Mitigation‘) und Anpassung an den Klimawandel (‚Adaption‘).

Alle Redner hoben hervor, wie wichtig es für nachhaltige Mitigations- und Adaptions­maßnahmen ist, dass die erforderlichen beträchtlichen Finanzströme tatsächlich in Fluss kommen. Bei der UN-Klimakonferenz im Dezember 2010 im mexikanischen Cancún hatte man sich bekanntlich darauf verständigt, dass ab 2020 weltweit jährlich etwa 100 Milliarden US-Dollar dafür bereitgestellt werden sollen. Natürlich müssen aber auch schon jetzt Gelder fließen. So einigte man sich 2009 in Kopenhagen auf eine Anschubfinanzierung von 30 Milliarden USD für den Zeitraum 2010-12. Daran sind Deutschland und Großbritannien mit 1,26 Mrd. bzw. 2,4 Mrd. USD beteiligt. Längerfristig aber gilt es, weitaus größere Finanzströme zu mobilisieren, und dazu werden auch innovative Quellen angezapft werden müssen – das Thema dieses Seminars.

Fachbeiträge

Leif Ervik vom norwegischen Finanzministerium stellte die Ergebnisse der Analyse der UN-Expertenkommission High Level Advisory Group on Climate Change Financing  (AGF-Bericht) vor. Die zentrale Botschaft des Berichts laute, die Mobilisierung von 100 Mrd. USD jährlich sei zwar „eine Herausforderung, aber machbar“. Er betonte, dass ein Preis für das ausgestoßene CO2 erhoben werden muss, sowohl für den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft wie auch als Quelle für die Klimafinanzierung.

David Capper vom britischen Ministerium für Energie und Klimaschutz hob hervor, dass sowohl staatliche als auch privatwirtschaftliche Gelder nötig sind. Er berichtete über die Erfahrungen mit der Capital Market Climate Initiative in Großbritannien und erläuterte, öffentliche Ausgaben müssten genutzt werden, um die freie Wirtschaft ebenfalls zu Ausgaben anzuregen, um so die entsprechenden kumulativen Investitionsströme zu erzielen. Ein Beispiel dafür sei der Global Climate Partnership Fund. Capper berichtete, der britische International Climate Fund, der für die Zeit von 2011/12 bis 2014/15 Finanzzusagen von 2,9 Mrd. Pfund bzw. 4,6 Mrd. USD verwaltet, sei auf transformatorische Wirkung angelegt, d.h., ein beträchtlicher Teil der öffentlichen Gelder werde genutzt, um zusätzliche Investitionen der Wirtschaft zu mobilisieren.

Norbert Gorißen vom Bundesumweltministerium (BMU) berichtete über deutsche Erfahrungen mit der Mittelakquise durch Versteigerung von Emissionsrechten im Rahmen des Europäischen Emissionshandelssystems. Die Bundesregierung nutze diese Erlöse zur Finanzierung von Projekten im Rahmen ihrer Internationalen Klimaschutzinitiative (IKI). Dabei lege das BMU großen Wert auf innovative und multiplizierbare Lösungsansätze für Mitigation und Adaption, die über das Einzelprojekt hinaus Wirkung zeigen und übertragbar sind. Außerdem gebe die IKI wichtige Impulse für die Verhandlungen über ein internationales Klimaabkommen. Ab dem dritten Handelszeitraum wolle Deutschland die zusätzlichen Erlöse zu 100% für klima- und energiebezogene Maßnahmen einsetzen. Ein Teil der Einnahmen werde auch für die internationale Klimafinanzierung verwendet werden. Ein Vorteil der Nutzung innovativer Quellen sei auch die größere Verlässlichkeit der Klimafinanzierung durch die damit verbundene Diversifizierung.

Falk Heinen vom Bundesumweltministerium (BMU) gab einen Überblick über den Bereich der Bunkeröle, also über die Emissionen des internationalen Luftverkehrs und der Seeschifffahrt. Er erläuterte die Schwierigkeiten bei der Einführung Marktwirtschaftlicher Instrumente (MBI) in diesen beiden Branchen und verwies auf die langwierigen Diskussionen, die in der Internationalen Seeschifffahrtsorganisation IMO und der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation ICAO über diese Instrumente schon geführt wurden. Dennoch meinte er, Luftverkehr ebenso wie Seeschifffahrt könnten beträchtliche Beiträge zur Klimafinanzierung leisten, wenn verbindliche Marktinstrumente eingeführt würden. Im Bereich der Seeschifffahrt sei man hiermit schon etwas weiter vorangekommen als in der Luftfahrt.

Aurélien Daubaire vom französischen Ministerium für Wirtschaft, Finanzen und Industrie präsentierte die Arbeit, die in der G20 zur Klimafinanzierung geleistet wird. Über seinen G20-Vorsitz wolle Frankreich eine Diskussion über die langfristige Klimafinanzierung fest etablieren. Die Staats- und Regierungschefs der G20 hätten die Arbeit der Hochrangigen Beratergruppe des UN-Generalsekretärs zur Finanzierung des Klimaschutzes (AGF) begrüßt und ihre Finanzminister gebeten, sich mit dem Bericht zu befassen. Weltbank, regionale Entwicklungsbanken, IWF und andere relevante Organisationen seien aufgefordert worden, eine Analyse der Ressourcenmobilisierung für die Klimafinanzierung durchzuführen. Ende September 2011 werde deren abschließender Bericht erwartet, der die Arbeit der AGF fortführe. Beim Treffen der G20-Finanzminister im Oktober und beim G20-Gipfel im November in Cannes soll weiter hierüber gesprochen werden.

Podiumsdiskussion

Der mexikanische Botschafter Francisco N. González-Díaz hob die Bedeutung der Klimafinanzierung für die UN-Klimakonferenz im Dezember im südafrikanischen Durban hervor, wies aber auch auf die Probleme hin. Er erklärte, Mexiko bekenne sich zur Schaffung eines Green Climate Fund. Durch den Vorsitz der UNFCCC habe Mexiko die Erfahrung gemacht, dass man knappe staatliche Ressourcen geschickt einsetzen müsse, um Investitionen der Wirtschaft anzuregen. Der Botschafter betonte, dass Kooperation und Partnerschaft entscheidend seien, und dass staatliche und kommunale Behörden gemeinsam mit privaten Organisationen Klimaschutzprojekte fördern müssten. In Mexiko gebe es auch schon Beispiele dafür, wie z.B. das Metrobus-Projekt in Mexiko City, das durch den Climate Investment Fund unterstützt werde und schon wesentlich zur Verringerung der Luftverschmutzung beigetragen habe, eine Biomasse-Anlage in Monterrey und das 25.000 Solardächer-Programm in Partnerschaft mit der deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ).

Laetitia De Marez, finanztechnische Beraterin der Allianz kleiner Inselstaaten (AOSIS), erklärte, dass die Erschließung innovativer Geldquellen einen proaktiven Ansatz erforderte. Sie stimmte zu, dass die 100 Mrd. US-D nur ein Bruchteil dessen seien, was auf lange Sicht an Mitteln für die Klimafinanzierung benötigt werde. Insbesondere die Finanzierung der Anpassungsmaßnahmen werde sehr kostspielig sein. De Marez erklärte, die Diskussion der langfristigen Finanzierung sei nur ein Teil des internationalen Verhandlungspakets im Rahmen der UN-Klimakonvention UNFCCC, aber es sei entscheidend, dass bei diesem Thema noch in diesem Jahr Fortschritte gemacht würden. Dies sei besonders wichtig, um eine Finanzierungslücke zu vermeiden, wenn die Anschubfinanzierung 2012 auslaufe. Eine lineare Fortsetzung des Mittelflusses nach 2012 sei zwar nicht zu erwarten, aber es müsse dennoch für Kontinuität und Verlässlichkeit der Finanzierung gesorgt werden. (…)

Diskussion mit dem Publikum

In der anschließenden Diskussion, bei der die Zuhörer dem Podium Fragen stellen konnten, bekräftigten Großbritannien und Deutschland ihr Bekenntnis zur langfristigen Klimafinanzierung. Deutschland werde dafür Gelder aus den Versteigerungserlösen unter dem EU-Emissionshandelssystem bereitstellen, Großbritannien habe die Finanzierung seines International Climate Fund bis 2014/15 gesichert. Es wurde angeregt, die Erfahrungen aus bestehenden Projekten z.B. in Mexiko und Costa Rica besser bekannt zu machen, und zu überlegen, ob man die Finanzierung nicht sektorbezogen (Verkehr, Wasser etc.) statt auf Mitigation oder Adaption bezogen angehen sollte, um so besser auf Beispiele guter Praxis und Erfahrungswerte zugreifen zu können.

Schlusswort

In ihrem Schlusswort verwies Moderatorin Camilla Bausch noch einmal auf die positive Nachricht im AGF-Bericht, dass die Mobilisierung der 100 Mrd. US-D jährlich für die langfristige Klimafinanzierung durchaus machbar, wenn auch nicht leicht erscheine. Da die nationalen Haushalte dafür jedoch nicht ausreichten, und auch um durch eine Diversifizierung der Quellen für gesicherte Finanzströme zu sorgen, seien innovative Finanzquellen wichtig. Dieses Thema sollte auch bei den UNFCCC-Verhandlungen und in der G20 weiter erörtert werden. Öffentliche Ausgaben könnten als Katalysator für privatwirtschaftliche Investitionen wirken, aber es gelte, diese in die richtige Richtung zu lenken. Es sei auch klar geworden, dass für die Zeit nach 2012, wenn die Anschubfinanzierung auslaufe, für einen gesicherten und verlässlichen Mittelfluss gesorgt werden müsse. (…)

Quelle: UK in Germany - Britische Botschaft Berlin Redaktion: Länder / Organisationen: Vereinigtes Königreich (Großbritannien) G7 / G20 Global Themen: Umwelt u. Nachhaltigkeit Wirtschaft, Märkte

Weitere Informationen

Projektträger