StartseiteLänderMultilateralesEuropäische Union (EU)Human Brain Project: Auftakt in Lausanne

Human Brain Project: Auftakt in Lausanne

Das gesamte Wissen über das menschliche Gehirn bündeln und es durch detailgetreue Simulation besser verstehen: Das ist das Ziel des visionären Human Brain Projects (HBP), das am 7. Oktober 2013 offiziell startete.

Zu der Auftaktveranstaltung in Lausanne kamen Wissenschaftler der insgesamt 135 Forschungseinrichtungen – darunter auch Forscherinnen und Forscher aus Jülich – zusammen, die an dem Projekt beteiligt sind. An der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) planen sie die Arbeit für die nächsten Jahre und präsentieren sie der Öffentlichkeit.

Das von Prof. Henry Markram, EPFL, koordinierte Großprojekt wurde Anfang des Jahres als eines von zwei „Flaggschiffen“ im Rahmen der FET-Flagship-Initiative der Europäischen Union ausgewählt und soll über eine Laufzeit von zehn Jahren gefördert werden. Das Gesamtbudget für das Projekt wird auf über eine Milliarde Euro veranschlagt. Jülicher Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler leiten zwei der insgesamt zwölf wissenschaftlichen Teilprojekte und sind darüber hinaus an verschiedenen weiteren Forschungsschwerpunkten beteiligt.

Das Human Brain Project (HBP) soll Neurowissenschaftlern Untersuchungen und Experimente an einem „virtuellen Gehirn“ auf Superrechnern ermöglichen, die am lebenden Objekt aus praktischen oder ethischen Gründen nicht durchführbar wären. Die so gewonnenen Einsichten in das menschliche Gehirn sollen einen bisher unerreichten neurobiologischen Zugang schaffen: zu Krankheiten wie Demenz, Depression, Sucht und Parkinson, für die bis heute keine adäquaten Therapien existieren. Die Erkenntnisse sollen darüber hinaus neue Ansätze für „neuromorphe“ Rechnerarchitekturen eröffnen, die dem menschlichen Gehirn nachempfunden sind.

Exascale-System für die Hirnforschung

Die Anforderungen einer realistischen Simulation des menschlichen Gehirns übersteigen Arbeitsspeicher und Rechenleistung heutiger Höchstleistungsrechner um ein Vielfaches. Experten des Jülich Supercomputing Centre (JSC) arbeiten daher mit Partnern aus Industrie und Forschung an der Entwicklung geeigneter Rechnersysteme der nächsten Generation mitsamt der benötigten Systemsoftware. Bereits in der Anlaufzeit des Projekts ist die Jülicher Infrastruktur gefragt. „Erste Berechnungen werden auf Europas derzeit schnellstem Superrechner JUQUEEN durchgeführt, der ab 2017 durch ein rund zehnmal schnelleres System ersetzt werden soll“, erläutert JSC-Direktor Prof. Thomas Lippert, der den Aufbau der „High Performance Computing Platform“ im HBP leitet. Dieser Vorläufer eines späteren Exascale-Rechners wird es ermöglichen, ein Mausgehirn und vereinfachte Modelle des menschlichen Gehirns zu simulieren.

Detailgetreues 3D-Modell

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Jülicher Instituts für Neurowissenschaften und Medizin (INM) werden Erkenntnisse zu den neurobiologischen Grundlagen beitragen. Sie fließen in ein realistisches Modell des menschlichen Gehirns, einen Gehirnatlas, ein, der von der Ebene des Moleküls bis hin zum komplexen Funktionssystem reicht. "Letztlich wollen wir eine Art ‚Google Brain’ entwickeln, das es erlaubt, das Gehirn aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten. Damit wird sich analysieren lassen, wie einzelne Organisationsebenen miteinander verschaltet sind, die bisher nur unabhängig voneinander betrachten wurden,“ erklärt Prof. Katrin Amunts, Direktorin des Jülicher INM und Leiterin des Bereichs "Strategic Human Brain Data" im Human Brain Project.

Schrittweise Verfeinerung der Simulationen

Prof. Markus Diesmann, ebenfalls Direktor des INM, arbeitet an der Schnittstelle zwischen Neurowissenschaft und Simulationstechnologie. Gemeinsam mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern entwickelt er vereinfachte mathematische Modelle, die beschreiben, wie Nervenzellen untereinander kommunizieren. „Auf den derzeit leistungsfähigsten Petascale-Systemen können wir bereits neuronale Netzwerke simulieren, deren Größe etwa einem Prozent des menschlichen Gehirns entspricht. Die Computertechnik hilft, unsere Modelle zunehmend zu verfeinern und zu erweitern, und so dem realen Netzwerk des Gehirns anzunähern.

Kontakt

Prof. Thomas Lippert
Jülich Supercomputing Centre (JSC)
Tel. +49 2461 61-6402
th.lippert(at)fz-juelich.de

Prof. Katrin Amunts
Institut für Neurowissenschaften und Medizin, Strukturelle und funktionelle Organisation des Gehirns (INM-1)
Tel. +49 2461 61-4300
k.amunts(at)fz-juelich.de 

Prof. Markus Diesmann
Institute of Neuroscience and Medicine, Computational and Systems Neuroscience (INM-6)
Tel. +49 2461 61-9301
m.diesmann(at)fz-juelich.de

Quelle: IDW Nachrichten / Forschungszentrum Jülich Redaktion: von Tim Mörsch, VDI Technologiezentrum GmbH Länder / Organisationen: EU Themen: Information u. Kommunikation Lebenswissenschaften

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