Die Bauchspeicheldrüse, der Pankreas, erfüllt wichtige Aufgaben im menschlichen Körper: Zum einen regelt sie den Zuckergehalt des Blutes, indem sie Hormone wie Insulin oder Glucagon in ihren Inselzellen produziert. Außerdem ermöglicht sie die Verdauung, indem sie in ihren Drüsenzellen Enzyme herstellt und in den Dünndarm abgibt. Die Enzyme zerlegen Eiweiße, Kohlenhydrate und Fette in ihre Einzelbausteine und machen sie damit für den Körper erst verfügbar. So ist es kein Wunder, dass Störungen der Bauchspeicheldrüse sofort schlimme Folgen haben: funktioniert die Insulinproduktion nicht mehr, entsteht Diabetes, sind die Drüsenzellen zu aktiv, kommt es zur Entzündung, zur Pankreatitis, oder im schlimmsten Fall zu Bauchspeicheldrüsenkrebs.
Professor Roland Eils, BIH Chair und Gründungsdirektor des Digital Health Center am BIH und an der Charité erklärt dazu:
„Aus diesem Grund waren wir schon lange an der detaillierten Untersuchung dieses wichtigen menschlichen Organs interessiert. Es ist allerdings knifflig, die molekularen Bausteine aus der Drüse zu isolieren, weil die Verdauungsenzyme sehr schnell arbeiten und etwa die RNA, die Ribonucleinsäuren, sehr schnell abbauen.“
In einem internationalen Pilotprojekt des Human Cell Atlas, das von der Chan-Zuckerberg-Foundation gefördert wurde, hat Eils mit seinen Kolleginnen und Kollegen daher herausgetüftelt, wie die schonende Aufbereitung der einzelnen Zellen aus der Bauchspeicheldrüse gelingt. Roland Eils berichtet:
„Diese Vorarbeiten haben uns in die Lage versetzt, das Teilprojekt Pankreas in der weltweiten Human Cell Atlas Initiative zu übernehmen.“
Analyse von drei Millionen Zellen
Im aktuellen Projekt planen die Forschenden, die bisher bekannten rund 20 verschiedenen Zelltypen der Bauchspeicheldrüse genauestens unter die Lupe zu nehmen – und dabei möglicherweise noch weitere zu entdecken. Dazu untersuchen die insgesamt 10 Projektgruppen, die sowohl aus Deutschland als auch aus den Niederlanden, Spanien, Schweden, Israel und Italien kommen, sowohl die Genaktivität, indem sie die Boten-RNA aus dem Zellkern analysieren, als auch die Gesamtheit aller Proteine, das so genannte Proteom der einzelnen Zellen. Dazu sagt Roland Eils:
„Ein solches Mammutprojekt kann nur im Verbund mit vielen Partnern gelingen, die überdies verschiedene Expertisen mitbringen. Hier arbeiten Expertinnen und Experten aus der Medizin, der Biologie, der Mathematik, der Informatik, der Chemie und Physik zusammen.“
In Berlin findet die eigentliche RNA-Zellkernanalyse sowie im Weiteren die räumliche Kartierung statt: Mit speziellen Mikroskopen und molekularen Färbetechniken kann die Gruppe um Dr. Christian Conrad aus dem Digital Health Center genau bestimmen, woher welcher Zelltyp in der Bauchspeicheldrüse stammt. Bei Jürgen Eils im Digital Health Center laufen die Daten aus den internationalen Teilprojekten zusammen und werden ausgewertet.
Teilprojekt der weltweiten Human Cell Atlas Initiative
Das Bauchspeicheldrüsenprojekt ist ein Teilprojekt der weltweiten Human Cell Atlas Initiative. Hier haben sich Forschende weltweit zusammengetan, um jede einzelne Zelle des menschlichen Körpers zu beschreiben. Ziel ist es, die Vorgänge im gesunden Körper zu verstehen, um auf dieser Basis Krankheiten besser diagnostizieren, behandeln und vorbeugen zu können. Das Bauchspeicheldrüsenprojekt ist das einzige Projekt von insgesamt sechs europäischen Human Cell Atlas Initiativen, das von Deutschland aus koordiniert wird.