Für vier Studenten der EAH Jena hieß es im Oktober des vergangenen Jahres: Koffer und Kisten packen und auf zur Raumfahrtbasis ESRANGE in das schwedische Kiruna. Die Studierenden des Projektes ARCA, Stefan Biereigel, Severin Haas, Sebastian Udich und Hannes Zöllner von der EAH Jena sowie Johannes Willenbücher von der Hochschule Mannheim, waren Teilnehmer eines Forschungsprojektes der deutschen und schwedischen Luft- und Raumfahrt. ARCA stand dabei für "Advanced Receiver Concepts for ADS-B".
Das Forschungsprojekt diente der Durchführung verschiedener wissenschaftlicher Experimente in großen Höhen. Das ARCA-Team war insbesondere auf Kommunikationsexperimente spezialisiert, die geographische Daten von Flugzeugen empfangen sollten. Die so genannten ADS-B-Daten werden von allen großen Flugzeugen im Sekundentakt gesendet.
Nach einer ersten Trainingswoche auf dem Raketenstartplatz im März 2014 reiste das Team ein halbes Jahr später zum zweiten Mal in den hohen Norden. Dort sollte die Experiment-Box der Studenten auf dem Höhenforschungsballon BEXUS 18 zum Einsatz kommen. Die von den jungen Ingenieuren entwickelten und konstruierten Messaufbauten funktionierten einwandfrei. Wie in der Raumfahrt üblich, hatten sie für zwei baugleiche Experimente gesorgt: für ein Flugmodell und ein Testmodell. Nachdem die Experimente aller Teams in die Gondel des Ballons eingebaut waren, wurden wiederholt verschiedene Tests durchgeführt, um sicherzustellen, dass kein Experiment von einem anderen gestört wird.
Am 9. Oktober 2014 erhielt der BEXUS-18-Ballon schließlich die lang ersehnte Starterlaubnis, so dass der Start am nächsten Tag erfolgte: Der Countdown begann um sieben Uhr morgens, und pünktlich 11 Uhr hob BEXUS 18 ab. Der Ballon stieg auf eine Höhe von 27 km und schwebte dort für etwa eine Stunde. Anschließend wurde die Gondel abgesprengt und landete sicher in Finnland. Sie wurde mit einem Helikopter geborgen und auf einem LKW zurück zum ESRANGE-Gelände transportiert.
Während des Experiments konnten die Studenten Flugzeugdaten aus einer Entfernung von etwa 600 km empfangen. Bei der Flughöhe des Ballons wäre es, rein rechnerisch, möglich gewesen, Daten aus bis zu 1000 km Entfernung zu empfangen. Jedoch wurde beim Aufstieg des Ballons anscheinend die Antenne beschädigt. Trotzdem konnte das Team zeigen, dass die maximale Entfernung im Vergleich zu erfolgten Tests am Boden verdoppelt werden konnte. Somit hat das Experiment seine geplanten Ziele erfüllt.
Die Teams des Forschungsprojektes kamen aus Italien, Spanien, Schweden und Deutschland. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Raumfahrtmanagement und die Schwedische Nationale Raumfahrtbehörde (SNSB) haben hierfür ein Abkommen geschlossen: So standen je 50 Prozent der Raketen- und Ballonnutzlasten deutschen und schwedischen Studierenden zur Verfügung. Das deutsch-schwedische Studentenprogramm REXUS/BEXUS (Raketen- und Ballon-Experimente für Universitäts-Studenten) bietet Studenten die Möglichkeit, wissenschaftliche und technische Experimente auf Raketen und Ballonen durchzuführen. Zudem hat die SNSB den schwedischen Anteil für Studierende aller ESA-Mitgliedsstaaten und der kooperierenden Staaten geöffnet, daher konnten auch Teams aus Spanien und Italien teilnehmen. Gefördert wurde das Programm vom DLR, der Schwedischen Raumfahrtagentur SSC, das Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) aus Bremen und der Europäischen Weltraumorganisation ESA.