- Helsinki Group on Gender in Research and Innovation - Position paper on H2020 interim evaluation and preparation of FP9, Juni 2017
- Commission Staff Working Document Interim Evaluation Horizon 2020 – Annex 1 (S. 250 - 261), Mai 2017
Zwar weichen die Daten in beiden Berichten aufgrund unterschiedlicher Abfragezeiträume leicht voneinander ab, dennoch liegen die Ergebnisse nicht weit auseinander:
- Die aktuelle Beteiligung von weiblichem Forschungspersonal an H2020-Projekten liegt bei rund 40 Prozent. Ohne Berücksichtigung von ERC, MSCA und ICT liegt die Quote deutlich niedriger (ca. 33 Prozent).
- Etwa ein Drittel der Projekte werden von Frauen koordiniert. Werden wissenschaftliche und administrative Koordination zusammengefasst, sind es mehr als 40 Prozent unter weiblicher Federführung.
- Der Zielwert von 50 Prozent für die Beteiligung von Frauen in beratenden Gremien ist aktuell erreicht. Etwa 52 Prozent Frauen sind in beratenden Gremien der Europäischen Kommission vertreten.
- Die 40 Prozent-Zielmarke wurde noch nicht erreicht im Bereich Evaluation von Anträgen: Knapp 37 Prozent der Verträge wurden mit Expertinnen geschlossen, lediglich ca. 30 Prozent der registrierten Profile stammen von Frauen.
Beide Berichte bestätigen einen Fortschritt hin zu einer stärkeren Beteiligung von Wissenschaftlerinnen an Projekten bei der Koordination, in Beratungsgremien und in der Evaluation von Projekten. Das aktuelle Monitoring der Daten wird allerdings bemängelt. Gefordert wird ein substanziell verbessertes und detaillierteres System, um beispielsweise die Beschäftigten in den Projekten nach Kategorien zu erfassen (wissenschaftliche Koordination, administrative Koordination, Work-Package-Leitung, Forschende, Postdocs, PhD) und nach Horizont-2020-Bereichen zu unterteilen. Auch ein genaueres Monitoring der inhaltlichen Kategorie "Gender in Research" wird gefordert.
Ein zusätzlicher Indikator wird gefordert, der zeigt, wie häufig das Geschlechterverhältnis bei "ex aequo"-Anträgen (Punktegleichstand) angewendet und ausschlaggebend für die Berücksichtigung von Anträgen war. Dies wird aktuell nicht systematisch dokumentiert.
Beide Berichte sehen großen Handlungsbedarf im Bereich "Gender in Research": Aktuell berücksichtigen nach eigenen Angaben rund 35 % der Projekte Genderaspekte im Forschungsinhalt. Dabei ist der Grad der Berücksichtigung sehr unterschiedlich. Bei genauerer Betrachtung von 111 Projekten fällt auf, dass nach wie vor häufig Verwechslungsgefahr besteht zwischen der personenmäßigen Beteiligung am Projekt (gender equality) und der inhaltlichen Genderperspektive des Projekts (gender in research).
Kein einziges Gender Training wurde in den 111 untersuchten Projekten durchgeführt. Offensichtlich herrscht hier nach wie vor Unsicherheit und Unwissen darüber, dass Gender Trainings überhaupt gewünscht und abrechenbar sind. Viele Antragstellenden tun sich außerdem schwer, geeignete Anbieter von Gender Trainings zu finden, die über spezifisches interdisziplinäres Wissen verfügen.
Beide Berichte fordern weitere Sensibilisierungs- und Trainingsmaßnahmen für sämtliche Stakeholder (Project Officer, Expertinnen/Experten, Gremien, Nationale Kontaktstellen etc.).
Die Helsinkigruppe geht in Ihrem Positionspapier noch weiter mit ihren Empfehlungen und fordert unter anderem,
- dass Topics ohne die explizite Nennung von Genderaspekten die Ausnahme sein sollten;
- dass Projekte in Ausschreibungen mit Genderbezug, eine Geschlechts-/Genderanalyse umsetzen und eine Person mit Genderexpertise einbeziehen müssen;
- ein Update der "Minimum standards and guiding principles for setting up systems of NCPs", so dass Nationale Kontaktstellen stärker das Bewusstsein der von ihnen beratenen Klientel schärfen und entsprechende Kapazitäten stärken (können) sollten;
- verbesserte Briefings und Guidelines zu den Themen Gender und Chancengerechtigkeit für die Evaluatorinnen/Evaluatoren von Anträgen, insbesondere in den Topics mit Genderbezug.