Mit Schreiben vom 13. Dezember 2012 hatte der Präsident des Ausschusses für Finanzen, Wirtschaft und budgetäre Kontrolle der Nationalversammlung den französischen Rechnungshof ersucht, eine Untersuchung zu Entwicklung und Kontrollmethoden der Steuererleichterungen für Unternehmensforschung (crédit d’impôt en faveur de la recherche, CIR) durchzuführen. Der am 11. September 2013 vorgelegte Bericht im Umfang von 265 Seiten (einschließlich 22 Anhänge) wurde umsichtig und unter Einbeziehung aller mit Planung, Durchführung und Kontrolle befassten Gruppierungen erstellt und vor Veröffentlichung im Entwurf nochmals mit diesen erörtert. Darüber hinaus wurden Vergleiche mit den Anreizsystemen für unternehmenseigene Forschung in anderen Ländern (Kanada, Großbritannien und Deutschland) angestellt.
Die 1983 eingerichtete Steuererleichterung für forschende Unternehmen wurde mit dem Haushaltsgesetz 2008 reformiert. Seitdem beträgt sie 30% der ersten 100 Mio. Euro Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) von Unternehmen, darüber hinaus 5% der weiteren Aufwendungen, wobei das Überschreiten der 100 Mio. Euro-Grenze für jede Filiale eines Unternehmens einzeln berücksichtigt wird. Die neue Regelung war Ende 2007 auf der Basis von Berechnungen festgelegt worden, welche den Betrag der Steuermindereinnahmen für den Staat unterschätzt hatten, nämlich auf rund 2,7 Mrd. Euro. Seither haben die von Finanz- und Steuerexperten angestellten Schätzungen erkennen lassen, dass die Mindereinnahmen höher liegen, nämlich zwischen 4 und 5 Mrd. Euro. Die in 2007 vorgenommen Unterschätzung dauerte bis einschließlich zur Haushaltsaufstellung 2012 an. Die Mindereinnahmen des Staates betrugen in 2011 (letzte genau bekannte Zahl) 5,17 Mrd. Euro und werden für 2014 auf 5,5 bis 6,2 Mrd Euro geschätzt. Der tatsächliche Betrag dürfte etwas darunter liegen, da die Unternehmen ihren Anspruch auf Steuernachlass über bis zu vier Berichtsperioden vortragen dürfen. In 2013 musste der Staat die geschätzten Steuermindereinahmen um 1,05 Mrd. Euro anheben, in 2014 um rd. 2 Mrd. Euro. In den Folgejahren dürfte der Gesamtbetrag auf 6 und dann 7 Mrd. Euro anwachsen.
Zwischen 2007 und 2011 hat sich die Zahl der Unternehmen, die diese Steuererleichterungen in Anspruch nehmen, auf 19.700 verdoppelt, das sind 0,5 % der Unternehmen. In 2011 stellten Unternehmen mit weniger als 250 Mitarbeitern 88% der Antragsteller und beantragten 35 % der Steuererleichterungen. Nahezu 90 % der Anträge hatten FuE-Aufwendungen unter 1 Mio. Euro zum Gegenstand.
Der Rechnungshofbericht weist darauf hin, dass die Wirksamkeit dieser Steuererleichterungen im Hinblick auf seine ursprüngliche Zielsetzung, nämlich eine Erhöhung der Unternehmensaufwendungen für Forschung und Entwicklung - bis heue schwer festzustellen sei. Mangels Daten mit einem ausreichenden Abstand aber auch mangels Zugriff von Analysten auf verfügbare Daten beträfen die existierenden Studien nur einen kleineren Teil der Zeit nach 2008. Die Bruttoinlandsausgaben der Wirtschaft für Forschung und Entwicklung hätten sich nicht proportional zu dem Steuervorteil entwickelt, den die Unternehmen erfahren haben. Wenn die FuE-Intensität der Unternehmen dynamisch sei, werde dies durch die Entwicklung der Produktionsstruktur verdeckt, insbesondere durch den Rückgang der Mehrwertschöpfung durch die Industrie. Diese Situation erfordere die Einführung feinerer Wirkungsindikatoren als die, die gegenwärtig genutzt werden, um den Effekt des CIR zu messen.
Der Effekt des CIR könne auch untersucht werden im Hinblick auf die Attraktivität der französischen Wirtschaft für ausländische Investitionen sowie im Hinblick auf die Steuersenkungen für diejenigen Unternehmen, die am meisten der internationalen Konkurrenz ausgesetzt sind. Was die Attraktivität angeht, seien die FuE-Ausgaben der Filialen ausländischer Unternehmen in 2009 und 2010 gestiegen, ließen aber seit 2011 wieder nach.
Im Steuerwesen der Unternehmen vermischt sich der CIR mit der Besteuerung zu einem reduzierten Steuersatz bei Veräußerung und Erwerb von Patenten, was Gegenstand einer erneuten Überprüfung sein sollte. Generell existierten in Frankreich ein höherer Steuersatz für Unternehmen sowie bedeutende Steuermaßnahmen, die dann wieder die Besteuerungsgrundlage reduziere und damit folglich die Steuereinnahmen des Staates reduzierten. Diese Situation sei nicht konform mit einer Zielsetzung steuerlicher Neutralität und weiche von der ab, die z. B. in Deutschland vorherrsche.
Vor allem mangels einer Entmaterialisierung der Steuererklärung (= elektronische Antragstellung) zur Steuererleichterungen für Unternehmensforschung sei deren Bearbeitung sowohl für die Finanzämter wie für die Unternehmen schwer. 17% der Antragsteller machten Entgelte für externe Berater geltend, die bei der Antragstellung für 2011 geholfen haben. Unter den Versicherungsverfahren, die den Unternehmen zur Verfügung stehen, wachse der verbindliche Auskunft an Bedeutung, und die Ergebnisse sollten sich noch verbessern, seit auch gerade erst angelaufene FuE-Projekte einbezogen werden können.
Was die steuerliche Kontrolle betrifft, sei die Generaldirektion der öffentlichen Finanzen nicht in der Lage, seine Überprüfungen auf jene Unternehmen auszurichten, die am meisten gefährdet sind, insbesondere jene, die einen betrügerischen Gebrauch der Mechanismen einer antizipierten Steuererleichterung machten, was seit 2009 möglich ist. Angesicht dieses Risikos sei eine erhöhte Wachsamkeit seitens der Kontrolleure nur zögerlich aufgebracht worden. Und das Bildungs- und Forschungsministerium habe nicht hinreichend Mittel für die Experten, die es im Rahmen von Kontrollen mandatiere, um in einer für die Unternehmen befriedigenden Weise vorzugehen.
Wie der Haushaltsausschuss der Assemblée Nationale es geforderte hat, habe der Rechnungshof die wichtigsten Parameter der möglichen CIR-Entwicklung untersucht, nämlich die Bemessungsgrundlage der berücksichtigungsfähigen Ausgaben, die Berechnungsmodi der Ausgabe, die Methode der Feststellung der Steuererleichterung und die zur Anwendung kommenden Quoten. Zu diesem letzten Punkt habe sie auf der Basis der 19.700 Anträge des Jahres 2011 die Effekte der möglichen mittelfristigen Entwicklungen der Steuerquote mit verschiedenen Szenarien simuliert: Wiedereinführung einer Obergrenze, einheitliche Absenkung oder größere Modulation der Quoten und nach Unternehmensgröße differenzierte Quoten. Andere Berechnungen zur Modifikation der Bemessungsgrundlagen hätten ein Einsparpotential für den Staat in Höhe von 400 bis 600 Mio. Euro pro Jahr ergeben.
Damit Steuererleichterungen für Unternehmensforschung wirklich für ihr eigentliches Ziel eingesetzt werden, schätze der Rechnungshof schließlich, dass der Nutzen dieses Steuervorteils für Unternehmensgruppen reserviert werden sollte, deren Festlegungen zur steuerlichen Integration vorsehen, dass der Steuervorteil bei derjenigen Zweigstelle verbleibt, die die Forschung durchgeführt hat; hierzu sind im Bericht besondere Missbrauchsfälle dokumentiert.
Auf der Basis dieser Analysen formuliert der Rechnungshof 17 Empfehlungen, insbesondere die Entmaterialisierung der Steuererklärngen, was eine Vereinfachung für die Firmen bedeutete, die Möglichkeit für die Finanzverwaltung, ihre Kontrollen besser zu auszurichten und die Vorhersagen für die Kosten zu verbessern, die daraus resultierten.