Seit 1983 können französische Unternehmen ihre Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) von der Steuer absetzen. Seit 2008 gilt diese Form der Innovationsförderung nicht mehr nur für zusätzliche sondern allgemein für alle FuE-Ausgaben. Die Steuerersparnisse durch den Crédit Impôt Recherche (CIR) betragen seitdem etwa fünf Milliarden Euro jährlich und steigen pro Jahr um 190 Millionen Euro an. Das französische Institut für Wirtschaftsforschung (Observatoire français des conjonctures économiques, OFCE) hat am 27. April 2017 eine Studie veröffentlicht, die verschiedene Untersuchungen zur Wirksamkeit des Instruments zusammenfasst.
Wie das OFCE festhält, stiegen die FuE-Ausgaben französischer Unternehmen zwar auch in der Wirtschaftskrise kontinuierlich an und betrugen 2015 beispielsweise das Dreifache der italienischen. Sie liegen jedoch nach wie vor nur bei 50 Prozent der FuE-Ausgaben deutscher Unternehmen. Gleichzeitig gibt Deutschland nur 0,08 Prozent seines Brutto-Inlands-Produkts (BIP) für die Förderung von FuE in Unternehmen aus, während es in Frankreich 0,37 Prozent sind (bzw. 0,26 Prozent für den CIR). Der scheidende Staatssekretär für Hochschulwesen und Forschung, Thierry Mandon, wird von der Tageszeitung Les Echos hierzu mit den Worten „Eine unerhörte Zahl! Diese Maßnahme ist fünfmal teurer und nur halb so effizient wie das was Deutschland macht.“ zitiert.
Die Auswertung des OFCE macht deutlich, dass der französische Staat Mitnahmeeffekte begünstigt, da fast alle FuE-Ausgaben der französischen Unternehmen subventioniert werden – also auch solche, die nicht zusätzlich dank des CIR durchgeführt würden. Die Auswertung mehrerer Untersuchungen zu den Auswirkungen des Instruments zeige jedoch, dass man nicht eindeutig sagen könne, ob dieses wirksam sei oder nicht. Die meisten Studien kommen zu dem Ergebnis, dass bisher für einen öffentlichen Euro ein privatwirtschaftlicher Euro ausgegeben wird, es also keine Übertragungseffekte gibt. So hätten beispielsweise die Patenteinreichungen seit 2008 nicht überproportional zugenommen. Andererseits sei die Zahl der Unternehmensforscher jedoch angestiegen und dürfte bis 2020 im Vergleich zu 2007 um 25 Prozent zugenommen haben.
Das OFCE schlussfolgert daher aus seiner Untersuchung, dass die Evaluierung des Instruments unter seiner unklaren Zieldefinition leidet. Denn es gebe zwei Lesarten des CIR:
- Entweder sei der CIR eine Steuervergünstigung, die an FuE gebunden ist. Dann müsste der CIR und sein Beitrag zur internationalen Attraktivität des Standorts Frankreich im Rahmen der Unternehmensbesteuerung bewertet werden.
- Oder der CIR soll ein Instrument zur gezielten Förderung privatwirtschaftlicher FuE sein. Dann könnte sich angesichts der Mitnahmeeffekte und des geringen Mehrwerts eine stärkere Fokussierung auf einzelne Bereiche, Technologien oder öffentliche Forschungsakteure als effizienter erweisen.
Offen bleibt laut Les Echos, wie die neue französische Regierung mit den Ergebnissen des Berichts umgehen wird. Die jährlich veröffentlichten Evaluierungen des Beratungsunternehmens ACIES bewerten den CIR positiver. Zudem hatte Staatspräsident a.D. François Hollande zugesagt und an seinen Nachfolger appelliert, den CIR trotz seiner Schwächen in seiner aktuellen Form zu erhalten. Der neue Staatspräsident Emmanuel Macron wiederum äußerte sich im Wahlkampf zwar in diese Richtung, wünschte jedoch eine regelmäßige Evaluierung und betonte, der CIR könne verbessert werden.
Zum Nachlesen:
- Les Echos (24.04.2017): Le débat relancé sur les effets crédit d’impôt recherche (Französisch)
- Observatoire français des conjonctures économiques (OFCE): Etudes d’impact du crédit d’impôt recherche (CIR) – Une revue de la littérature (Französisch)