Fast neun von zehn Menschen weltweit haben heute Zugang zu Elektrizität. Dennoch leben im Zeitalter von Digitalisierung und künstlicher Intelligenz immer noch 789 Millionen Menschen ohne Strom, wie aktuelle Zahlen der Vereinten Nationen belegen. Beinah 70 Prozent davon allein in Afrika südlich der Sahara. Das hemmt die Entwicklung: Die fehlende oder instabile Stromversorgung ist immer noch ein Haupthindernis dafür, dass sich die Lebensbedingungen in abgelegenen Regionen Afrikas verbessern können.
Um eine Lösung für das afrikanische Energieversorgungsproblem zu finden, arbeiten Wissenschaftler der Universität Paderborn in einem interdisziplinären Team an einer länderübergreifenden Lehr-, Lern- und Forschungsplattform.
Projektkoordinator Prof. Dr.-Ing. Stefan Krauter von der Fakultät für Elektrotechnik, Informatik und Mathematik:
„Durch intelligent gesteuerte, lokale Stromnetze auf Basis von erneuerbaren Energiequellen wollen wir eine praxistaugliche und robuste Stromversorgung ermöglichen. Vor allem in ländlichen Gebieten ist das eine Voraussetzung dafür, dass die Menschen dort Zugang zu modernen Technologien und dem Internet erhalten.“
Ziel des jüngst gestarteten internationalen Projekts ist es, neue Möglichkeiten der Elektrifizierung von abgelegenen Regionen in Ostafrika zu erschließen. Das auf drei Jahre angelegte Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit rund 2,3 Millionen Euro unterstützt.
Um zukunftsorientierte und nachhaltige Lösungen zu finden, bringen sowohl erfahrene Forschende als auch Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler aus unterschiedlichen Fachbereichen sowie deutschen und afrikanischen Institutionen ihre Expertise in das Projekt ein. Neben Forschenden aus den Fachgebiete „Leistungselektronik und Elektrische Antriebstechnik“, „Sensorik“ und „Technikdidaktik“ arbeiten auch Kultur- und Wirtschaftswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern der Universität Paderborn an der innovativen Lösung zur Energieversorgung. Langfristiges Ziel der afrikanischen und deutschen Projektpartner ist es, den Menschen vor Ort die eigenständige und dauerhafte Nutzung des gemeinsam entwickelten Energiekonzepts zu ermöglichen. Dafür erarbeiten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler moderne Schulungsprogramme, durch die sie das erforderliche praxisrelevante Wissen an regionale Fachkräfte und Bildungsinstitutionen weitergeben. Denn nicht nur technische Aspekte seien für den Erfolg maßgeblich, sondern auch ein passgenaues Bildungskonzept, betont die Paderborner Erziehungswissenschaftlerin Prof. Dr. Christine Freitag:
„Eine 'Bildung für nachhaltige Entwicklung' ist unser Maßstab. Durch diesen Ansatz sollen Menschen dazu befähigt werden, die Zukunft aktiv, eigenverantwortlich und verantwortungsbewusst zu gestalten. Gemeinsam mit unseren afrikanischen Partnern nehmen wir daher auch die Zusammenhänge von Bildung und Geschlecht, beispielsweise bei Fragen der Chancengerechtigkeit und Konfliktpotenziale hinsichtlich ökologischer, ökonomischer und sozialer Herausforderungen in den Blick.“
An dem Projekt sind außerdem Universitäten in Südafrika, Uganda und Tansania beteiligt, ebenso wie afrikanische Energieerzeugungs- und Energieversorgungsunternehmen als Industriepartner, das ECOLOG-Institut für sozial-ökologische Forschung und Bildung, das Photovoltaik-Institut Berlin und Asantys Systems. Auch wenn der Forschungsschwerpunkt auf Ostafrika liege, sollen die Ansätze und Ergebnisse künftig weltweit anwendbar sein, betont Krauter.
Zum Nachlesen
- Universität Paderborn (20.10.20): Stabile Stromnetze für Afrika