Mit dem 2015 verabschiedeten Gesetz zur Energiewende hat Frankreich unter anderem beschlossen, die Emission von Treibhausgasen zu senken und den Anteil erneuerbarer Energien deutlich zu erhöhen sowie sich eine mehrjährige Energie-Strategie (Programmation pluriannuelle de l'énergie, PPE) zu geben. Ziel ist es, einen ausgewogenen Mix aus nuklearen und erneuerbaren Energien herzustellen.
Damit die Energiepolitik zu Beginn der fünfjährigen Amtszeit eines Staatspräsidenten überarbeitet werden kann, wird bereits jetzt die aktuell geltende Strategie erneuert und soll dann für 2018 bis 2023 gelten sowie eine Orientierung bis 2028 bieten. Dies geschieht erstmals unter Einbeziehung der breiten Bevölkerung. Bisher oblag dieses Thema allein der Generaldirektion für Energie und Klima DGEC (Direction Générale de l'énergie et du Climat) und damit hohen Beamten.
Umweltminister Nicolas Hulot beauftragte hierfür die Nationale Kommission für Bürgerbefragungen CNDP (Commission nationale du débat public). Die CNDP führt erstmals eine Befragung dieses Umfangs durch, zuvor beschränkte sich ihre Aufgabe auf konkrete Maßnahmen wie etwa den Bau einer neuen Zugstrecke. Durch eine Verordnung der Regierung wird sie nun jedoch auch aktiv, wenn Regierungsentscheidungen die Umwelt beeinflussen könnten, wie es bei der Energiepolitik der Fall ist.
Als Themenfelder hat die CNDP bisher identifiziert:
- Entwicklung des Energie-Verbrauchs
- Energiekosten
- neue Nutzungen von Elektrizität
- Zukunft der Atomenergie
- Akzeptanz erneuerbarer Energien
Insbesondere beim Thema Atomenergie liegen die Meinungen der einzelnen Akteure weit auseinander. Ursprünglich hatte die Regierung konform zum oben genannten Gesetz geplant, bis 2025 den Anteil der Atomenergie an der französischen Elektrizität von 75 auf 50 Prozent zu reduzieren. Gleichzeitig besteht der nationale Energieversorger EDF darauf, seine Atomkraftwerke (AKWs) erst nach 50 und falls möglich 60 Jahren Laufzeit zu schließen. Die nächstmögliche Reaktorabschaltung wäre damit nicht vor 2029 und eine Reduktion auf die gewünschten 50 Prozent frühestens 2035 möglich. Sicher ist bisher nur, dass das AKW Fessenheim mit Eröffnung eines neuen Reaktors im AKW Flamanville 2019 geschlossen wird. Die PPE soll hier ebenso wie für die Kapazitäten aus erneuerbaren Energien Planungssicherheit schaffen. Der Erhalt der Energieautonomie ist hierbei für Frankreich zentral. Ebenso, so CNDP-Projektleiter Jacques Archimbaud, sollen jedoch die sozialen, regionalen und umweltbezogenen Aspekte der Umgestaltung der Energiepolitik einbezogen werden. Auch die Frage nach der Steuerungshoheit des Staats in Beziehung zu den Energieversorgern, den Regionen und den Konsumenten werde debattiert.
Neben der öffentlichen Befragung, die am 19. März 2018 auf einer Internetplattform startet, wird aus 400 zufällig ausgewählten Bürgern eine Gruppe gebildet, die die Debatte live oder durch Zusammenfassungen verfolgen. Am 9. Juni 2018 sollen sie sich dann zu den Fragen äußern, die im Rahmen der Debatte entstanden sind. In den Regionen werden ebenfalls Gespräche organisiert. Ende des Jahres sollen die Ergebnisse und die überarbeitete PPE feststehen.
Zum Nachlesen:
- Caisse des dépôts des territoires (13.02.2018): La révision de la programmation pluriannuelle de l'énergie en débat (Französisch)
- Wissenschaftsportal der Französischen Botschaft in Deutschland (01.02.2018): Frankreich diskutiert über die Zukunft des #AKW #Fessenheim
- L'Usine nouvelle (13.02.2018): Les vraies questions du débat public sur la Programmation pluriannuelle de l'énergie (Französisch)
- lenergeek.com (05.02.2018): Programmation pluriannuelle de l’énergie (PPE) : qu’est ce que c’est? (Französisch)
- La gazette (14.02.2018): PPE : le débat public sur l’énergie va s’ouvrir dans une quarantaine de territoires (Französisch)