Staatspräsident Emmanuel Macron hat am 27. November 2018 den Hohen Rat für Klimafragen (Haut Conseil pour le climat) ins Leben gerufen. Er soll die Regierung bei Fragen zum ökologischen Wandel beraten aber auch Regierungsmaßnahmen in diesem Bereich bewerten. 13 Expertinnen und Experten wurden in den Rat berufen, darunter in der Mehrzahl Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Den Vorsitz hat die Klimawissenschaftlerin Corinne Le Quéré, die auch die Jury des von Macron initiierten Stipendienprogramms „Make our planet great again“ leitet. Der Rat ist direkt beim Premierminister angesiedelt.
Frankreich hat ambitionierte Ziele in der Klimapolitik, konnte diese bisher aber insbesondere in den Schlüsselbereichen Energie, Transport, Bau und Landwirtschaft laut einer aktuellen Studie des Instituts für nachhaltige Entwicklung und internationale Beziehungen (Institut du développement durable et des relations internationales, IDDRI) nicht erreichen. Zudem steigen in Frankreich seit 2015 die CO2-Emissionen statt zu sinken. Wie die Tageszeitung Le Monde schreibt, sei die Gründung des Klimarats eine Woche vor dem 24. Weltklimagipfel in Katowice (Polen) auch als Signal zu verstehen, dass Frankreich trotz dieser Schwierigkeiten weiter in der Klimapolitik engagiert bleibt.
Der Klimatrat wird sich als Erstes mit dem Haushaltsentwurf für 2020 beschäftigen und zudem die Sachlage in den oben genannten Schlüsselbereichen näher prüfen. Ein nicht namentlich genanntes Mitglied bedauerte Le Monde gegenüber, dass der kurz vor Ratsgründung präsentierte Gesetzentwurf für eine Mobilitätsreform das europäische Ziel der Klimaneutralität bis 2050 nicht enthält. Damit will die Europäische Union im Einklang mit dem zwischenstaatlichen Ausschuss für Klimaänderungen IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change / „Weltklimarat“) ihren Beitrag leisten, um zu verhindern, dass der globale Temperaturanstieg über zwei Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau steigt.
Der Rat wird ein mehrere Millionen Euro umfassendes Budget und ein Sekretariat erhalten. Alle fünf Jahre bzw. im Vorfeld strategischer Weichenstellungen für das Land wird ein umfassender Bericht verfasst. Auch zu einzelnen Themen kann der Rat bei Bedarf Studien anfordern. Unklar ist noch, ob und inwiefern der Rat dem Parlament Bericht erstattet bzw. dieses sich direkt an den Rat wenden darf.
Die Mitglieder im Einzelnen:
- Pascal Canfin: Politiker; Leiter der Umweltorganisation WWF in Frankreich; ehemaliger beigeordneter Minister für Entwicklung
- Michel Colombier: Ingenieur und Wirtschaftswissenschaftler mit Schwerpunkt Energie und Umwelt; Mitgründer und wissenschaftlicher Leiter des IDDRI, Vorsitzender des Expertenpanels für Energiewandel (Comité d’experts pour la transition énergétique)
- Jean-Marc Jancovici: Unternehmer und Berater mit Schwerpunkt Energie und Klima; Präsident des Think Tanks The Shift Project
- Alain Grandjean: Wirtschaftswissenschaftler mit Schwerpunkt Umwelt; Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der Nicolas-Hulot-Stiftung sowie in weiteren Ausschüssen und Kommissionen zu Klima- und Umweltthemen engagiert
- Marion Guillou: Agronomin; Mitglied der französischen Akademie für Technologie und der Agrarwissenschaftlichen Akademie; 2004 bis 2012 Leiterin des INRA; Mitglied zahlreicher Ausschüssen und Kommissionen zu Klima- und Umweltthemen sowie Vorstandsmitglied mehrerer Unternehmen
- Céline Guivarch: Wirtschaftswissenschaftlerin mit Schwerpunkt Klimafolgen am Internationalen Forschungszentrum für Umwelt und Entwicklung Cired (Centre international de recherche sur l’environnement et le développement; IPCC-Mitglied
- Pierre Larrouturou: Politiker; Co-Initiator des „Appells für einen Klimafinanzpakt“, der sich dafür einsetzt, dass auf europäischer Ebene 1.000 Milliarden Euro mobilisiert werden, um den Energiewandel zu gestalten
- Benoît Leguet: Geschäftsführer des Think Tanks Institute for Climate Economics (Schwerpunkt Energie und Klima)
- Corinne Le Quéré: Professorin für Klimawissenschaften und -politik an der britischen Universität East Anglia und Direktorin des Tyndall-Zentrums für Klimawandelforschung (Tyndall Centre for Climate Change Research); Präsidentin der Jury von „Make Our Planet Great Again“ und Mitglied des britischen Klimarats (Comittee on Climate Change), nach dessen Vorbild der französische Rat gegründet wurde
- Valérie Masson-Delmotte: Paläoklimatologin bei der Behörde für Atom und erneuerbare Energien CEA (Commissariat à l'énergie atomique et aux énergies alternatives); Co-Präsidentin einer Arbeitsgruppe des IPCC
- Katheline Schubert: Wirtschaftswissenschaftlerin mit Schwerpunkt Umwelt und natürliche Ressourcen; Professorin an der Universität Panthéon-Sorbonne und der Paris School of Economics; Vorsitzende eines französischen Expertenpanels, das die Umwelt-, Klima- und Gesundheitsfolgen des Wirtschafts- und Handelsabkommen zwischen der EU und Kanada CETA (Comprehensive Economic and Trade Agreement) evaluiert hat
- Jean-François Soussana: Mitglied des IPCC; Wissenschaftler mit Schwerpunkt Pflanzenphysiologie am Nationalen Institut für Agrarforschung INRA (Institut national de la recherche agronomique)
- Laurence Tubiana: Wirtschaftswissenschaftlerin mit Schwerpunkt nachhaltige Entwicklung; assoziierte Professorin an der Science Po Paris; Leiterin der Stiftung European Climate Foundation; französische Verhandlungsführerin bei der UN-Klimakonferenz in Paris 2015
Wie Le Monde berichtet, existieren in Frankreich bereits eine Reihe von Gremien, die sich mit Klima- und Umweltfragen befassen so dass noch nicht abzusehen sei, welchen Einfluss der Klimarat tatsächlich haben werde. Auch der französische Rechnungshof kritisierte diese Vielzahl von Strukturen Anfang des Jahres als zu unübersichtlich.
Zum Nachlesen (Französisch)
- Le Monde (26.11.2018): Climat : un Haut Conseil pour orienter le gouvernement