Die akademische Freiheit wird weithin als grundlegender Wert der heutigen Hochschulbildung und Wissenschaft und als Voraussetzung für gut funktionierende demokratische Gesellschaften anerkannt. In den letzten Jahren haben jedoch verschiedene Interessengruppen große Besorgnis über den Stand der akademischen Freiheit in der Europäischen Union geäußert. Das Europäische Parlament (EP) hat daher 2022 einen jährlichen EP-Monitor für akademische Freiheit ins Leben gerufen, um die Förderung und den Schutz der akademischen Freiheit in der Europäischen Union zu verbessern. Für die Ausgabe 2024 wurden zwei Studien erstellt, die nun öffentlich zugänglich sind.
Die erste Studie "Analysis of the state of de facto academic freedom in the EU" gibt einen aktuellen Überblick über die jüngsten länderspezifischen Messungen der akademischen Freiheit in der EU. Auf der Basis qualitativer Daten wird der aktuelle Stand der akademischen Freiheit in zehn EU-Mitgliedstaaten analysiert. Dabei werden zentrale Bedrohungen und deren Auswirkungen identifiziert.
Die zweite Studie "Overview of de jure academic freedom protection" liefert eine systematische Übersicht über verfassungsrechtliche Schutzbestimmungen zur akademischen Freiheit in allen Mitgliedstaaten und untersucht vertieft vier nationale Rechtssysteme. Zudem wird der Handlungsspielraum der EU beim Schutz der akademischen Freiheit auf EU-Ebene thematisiert.
Auf der Grundlage beider Studien schlägt das EP in seinem Bericht politische Optionen für mögliche legislative und nichtlegislative Initiativen zur Unterstützung der akademischen Freiheit in der EU vor:
- Weitere Erforschung des Umfangs und Charakters der akademischen Freiheit als EU-Grundrecht
- Stärkung bestehender europäischer Rechtsrahmen zum Schutz und zur Förderung der akademischen Freiheit
- Förderung des Bewusstseins für Definitionen und Auslegungen akademischer Freiheit
- Weiterentwicklung des EP Academic Freedom Monitor
- Bessere Integration der akademischen Freiheit in EU-Hochschul-, Forschungs- und Innovationsprogramme
- Durchführung einer Metaanalyse zu Daten über akademische Freiheit
- Verbesserung der Wissensbasis und Vertiefung des Verständnisses
Hochrangige Teilnehmer an der Fachkonferenz wie die Präsidentin des Europäischen Parlaments Roberta Metsola und Forschungskommissarin Ekaterina Zaharieva betonten die Schlüsselrolle akademischer Freiheit für Europas Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit. Metsola verwies auf ihre Bedeutung für Zukunftstechnologien wie KI oder saubere Energie. Zaharieva kündigte an, dass die EU-Kommission 2026 einen entsprechenden Gesetzesvorschlag im Rahmen der neuen ERA Policy Agenda vorlegen werde. Der Generaldirektor für Forschung und Innovation, Marc Lemaître wies auf die juristische Differenzierung zwischen akademischer Freiheit (Bildung) und wissenschaftlicher Forschungsfreiheit (Forschung) hin. Während Letztere in den Kompetenzbereich der EU falle, liege erstere größtenteils in der Verantwortung der Mitgliedstaaten.
Zum Nachlesen
- Europäisches Parlament (04.02.2025): EP Academic Freedom Monitor 2024 - Key findings and policy options
- Europäisches Parlament (07.04.2025): Academic Freedom Monitor 2024: Overview of de jure academic freedom protection
- Europäisches Parlament (11.04.2025): Academic Freedom Monitor 2024 : Analysis of de facto state of academic freedom in the EU - Country overview
- ERA Portal Austria (06.02.2025): EP publishes Academic Freedom Monitor 2024