Nach Abschluss der allgemeinen und beruflichen Erstausbildung nehmen zu wenige Menschen regelmäßig an Fort- und Weiterbildungen teil. Oft ist Zeit- oder Geldmangel die Ursache dafür, dass keine neuen Kompetenzen erworben oder bestehende Kompetenzen nicht erweitert werden, oder den Menschen sind die vorhandenen Lernangebote und ihre Vorteile gar nicht bekannt. So wird beispielsweise schon jetzt an über 90 Prozent der Arbeitsplätze in fast allen Branchen ein gewisses Maß an digitaler Kompetenz benötigt, während im Jahr 2019 nur 56 Prozent der Erwachsenen über grundlegende digitale Kompetenzen verfügten. Der digitale und ökologische Wandel kann nur gelingen, wenn die Arbeitskräfte die richtigen Kompetenzen besitzen. Durch die COVID-19-Pandemie ist der Umschulungs- und Weiterbildungsbedarf weiter gestiegen, da sich der Arbeitsmarkt verändert und sich die Menschen auf neue Nachfragesituationen in den unterschiedlichen Sektoren einstellen müssen.
Die Kommission will mit ihrem Vorschlag sicherstellen, dass alle Menschen jederzeit und lebenslang Zugang zu relevanten Weiterbildungsangeboten haben, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind, und zwar unabhängig davon, ob sie gerade einer Beschäftigung nachgehen oder arbeitslos sind.
Hierzu setzt die vorgeschlagene Empfehlung des Rates bei den größten Hindernissen an, die den Menschen bei der Aufnahme einer Weiterbildung im Wege stehen – Motivation, Zeit und Geld – und ruft die Mitgliedstaaten dazu auf, in Abstimmung mit den Sozialpartnern:
- individuelle Lernkonten einzurichten und allen Erwachsenen im erwerbsfähigen Alter Weiterbildungsansprüche zu gewähren;
- eine Liste arbeitsmarktrelevanter und qualitätsgesicherter Weiterbildungsangebote festzulegen, die für eine Finanzierung aus den individuellen Lernkonten infrage kommen, und diese Liste in einem digitalen Verzeichnis zugänglich zu machen, das sich z. B. über Mobilgeräte abfragen lässt;
- Beratungs- und Validierungsmöglichkeiten für bereits erworbene Kompetenzen zu schaffen und bezahlten Ausbildungsurlaub einzuführen.
Der Vorschlag umfasst weiterhin eine Empfehlung zu Microcredentials. Diese bescheinigen Lernergebnisse, die im Rahmen einer kleineren Lernerfahrung (z.B. einem Kurs oder einer Schulung) erzielt wurden. Die Kommission will mit ihrem Vorschlag sicherstellen, dass Microcredentials institutions-, unternehmens-, branchen- und grenzübergreifend funktionieren. Das europäische Konzept für Microcredentials ist zugleich auch eine der zentralen Leitinitiativen für die Verwirklichung des europäischen Bildungsraums bis 2025.
Nun beginnen die Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten über die Vorschläge. Nach der Annahme durch den Rat wird die Kommission die Mitgliedstaaten, die Sozialpartner und weitere relevante Partner bei der Umsetzung der Empfehlungen des Rates unterstützen.
Zum Nachlesen
- Europäische Kommission (10.12.2021): Kommission schlägt Maßnahmen zur Verbesserung des lebenslangen Lernens und der Beschäftigungsfähigkeit vor
- Vorschlag der Kommission für eine Empfehlung des Rates zu individuellen Lernkonten
- Vorschlag der Kommission für eine Empfehlung des Rates zu Microcredentials für lebenslanges Lernen und Beschäftigungsfähigkeit