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Polen erhält neues Hochschulgesetz

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Letzte Woche unterzeichnete Präsident Andrzej Duda das Gesetz über Hochschulbildung und Wissenschaft - auch als "Gesetz 2.0" oder als "Verfassung für die Wissenschaft" bezeichnet - sowie die damit einhergehenden Übergangsbestimmungen. Das Gesetz wird am 1. Oktober dieses Jahres in Kraft treten; die Veränderungen werden schrittweise eingeführt.

Das neue Gesetz stellt eine tiefgreifende Reform des Hochschulwesens dar und wird vier bestehende Gesetze ersetzen: das Gesetz über Hochschulbildung, das Gesetz über die Grundsätze der Finanzierung von Hochschulen, das Gesetz über akademische Grade und Titel sowie das Gesetz über Studienkredite.

Die Übergangsbestimmungen setzen einen Zeitplan für die sukzessive Implementierung der Reform. Inhaltlich soll das umfassende Reformwerk bis Ende des Jahres noch durch über 20 zusätzliche Bestimmungen ergänzt werden, so der stellvertretende Wissenschaftsminister Piotr Müller. Die Konsultationen zur weiteren Ausgestaltung wichtiger Reformaspekte, wie die Grundsätze des neuen Evaluationssystems oder die Neugliederung nach wissenschaftlichen Fachbereichen, sollen nach der Unterzeichnung des neuen Gesetzes durch den Präsidenten zügig aufgenommen werden.

Kernaspekte der Reform

Vergabe akademischer Titel

Das Gesetz macht viele Befugnisse der Universität, inbesondere die Vergabe von akademischen Abschlüssen, abhängig von der "wissenschaftlichen Kategorie", die der Universität in ihren jeweiligen Fachrichtungen zugesprochen wird. Mit Inkrafttreten des Gesetzes verlieren Organisationseinheiten der Kategorie C oder ohne Kategorieneinstufung das Recht, den Habilitationstitel zu verleihen. Allerdings wird zukünftig keine Habilitation mehr nötig sein, um als Universitätsprofessor arbeiten zu können. Verfahren zur Promotion, Habilitation und Verleihung des Professorentitels, die bis zum 30. April 2019 begonnen wurden und nicht abgeschlossen sind, werden nach den bisherigen Regelungen durchgeführt. Jedoch wird jeder ab diesem Stichtag erreichte akademische Titel im Rahmen einer vom Gesetz ebenfalls vorgesehenen neuen Systematisierung der Fachrichtungen vergeben. Diese soll sich an der von der OECD vorgeschlagenen Klassifikation von Wissenschaftsdisziplinen orientieren.

Das neue Gesetz begründet den Rat für wissenschaftliche Exzellenz. Seine erste Amtszeit beginnt am 1. Juni 2019 und dauert bis Ende 2023. Der Rat ersetzt die Zentralkommission für Abschlüsse und Titel, deren Tätigkeit Ende 2020 eingestellt wird.

Evaluation

Die erste Bewertung der Qualität der wissenschaftlichen Aktivitäten nach den neuen Grundsätzen wird sich auf die Jahre 2017-2020 erstrecken und 2021 beginnen. In dieser ersten Evaluationsrunde werden die in den Jahren 2017 und 2018 veröffentlichten Arbeiten noch nach den alten Regeln bewertet. Der Rat zur Evaluierung der Wissenschaftlichen Einheiten wird durch einen Rat zur Evaluierung der Wissenschaft ersetzt, dessen erste Amtszeit vom 1. März 2019 bis Ende 2022 läuft; der bisherige Rat wird seine Tätigkeit Ende 2019 beenden.

Studiengänge

Das Recht, Studiengänge anzubieten und akademische Titel zu verleihen, wird nach der Reform den Hochschulen und nicht ihren Organisationseinheiten übertragen. Die Universitäten haben bis Ende September 2019 Zeit, die Studiengänge den neuen Fachrichtungen zuzuordnen. Wenn Universitäten Hauptfächer mit äquivalemtem akademischen Grad und inhaltlichen Profil anbieten, und diese mehr als einer der neuen Fachrichtungen zugeordnet sind, müssen diese Fächer bis Ende September 2019 zusammengeführt werden.

Hochschulverwaltung und -finanzierung

Das neue Gesetz enthält diesbezüglich weniger detaillierte Bestimmungen, so dass Hochschulen mehr Fragen als bisher in ihren Statuten zu regeln haben. Die Universitäten sollen binnen eines Jahres neue Statute verabschieden, die dann zum 1. Oktober 2019 in Kraft treten.

Als neue Gremien werden Universitätsräte geschaffen. An öffentlichen Universitäten wird der Senat seinen ersten Universitätsrat bis zum 30. Juni 2019 ernennen und dessen Amtszeit bis Ende 2020 dauern. Die Rektoren erhalten mehr Befugnisse, um die Politik ihrer Universitäten zu gestalten, auf Kosten kollegialer Gremien wie z.B. Fakultätsräte. Die Rektoren der öffentlichen Hochschulen üben ihre Funktionen bis zum Ende der regulären Amtszeit aus - in der Regel ist das 2020 der Fall. Ansonsten wird die Amtszeit bis zum 31. August 2020 terminiert. Auf diese Weise beginnen alle nach den neuen Bestimmungen gewählten Rektoren gleichzeitig ihre Amtszeit. Gleiches gilt für die Amtszeiten von Senaten öffentlicher Universitäten.

Universitäten sollen mehr Flexibilität bei der Verwendung ihrer Mittel erhalten. Die Mittel werden direkt an die Universitäten und nicht - wie bisher - an ihre Organisationseinheiten wie z.B. Fakultäten vergeben. Nach dem neuen Gesetz dürfen Universitäten auch Verbände gründen.

Angestellte

Personen, die Forschungstätigkeiten durchführen, müssen bis Ende 2018 eine Erklärung abgeben, welche die Universität oder das Institut, das sie beschäftigt, dazu verpflichtet, sie als Arbeitnehmer zu zählen. Eine Erklärung kann nur für eine Einrichtung und nicht mehr als zwei Fachrichtungen eingereicht werden.

Promotionsstudien

Es werden zwei Promotionswege eingeführt: die Promotionskollegien und der sogenannte extramurale Weg. Vor dem Studienjahr 2019/20 begonnene Promotionsstudien können bis Ende 2023 nach den bisherigen Regelungen fortgesetzt werden. In Promotionskollegien erhält jeder Doktorand ein Stipendium. An die Promovierenden sollen höhere Anforderungen hinsichtlich der Qualität ihrer Forschung und Veröffentlichungen gestellt werden. Der erste nach den neuen Regeln ausgebildete Doktorandenjahrgang beginnt 2019/20. Die Aufnahmebestimmungen für Promotionskollegien und deren Lehrinhalte werden erstmals am 31. Mai 2019 veröffentlicht.

Publikationen

Um die polnische Forschung sichtbarer zu machen, sollen Publikationen häufiger in Zeitschriften veröffentlicht werden, die in internationalen Datenbanken geführt werden; entsprechend werden solche Publikationen zukünftig höher bewertet. Das Wissenschaftsministerium wird ein Programm auflegen, um polnischen wissenschaftlichen Zeitschriften zu helfen, solchen Datenbanken beizutreten.

Exzellenzinitiativen

Das neue Gesetz sieht drei Initiativen vor: Der Wettbewerb "Forschungsuniversität" wird bis zum 30. April 2019, "Didaktische Initiative der Exzellenz" bis zum 30. September 2019 bekannt gegeben. Der erste Wettbewerb zu regionalen Exzellenzinitiativen soll am 30. Juli 2022 starten.

Auslaufende Programme

Das Gesetz erwähnt nicht die Fortführung von "Diamond Grant" (Auszeichnung für herausragende Studierende, die eine akademische Karriere anstreben) und KNOW (Führende Nationale Forschungszentren). Diese Programme werden nach Ablauf der bereits bewilligten Förderungen enden. Die Datenbank Science Poland wird nicht mehr aktualisiert und ihre Daten in das Integrierte Informationssystem für Hochschulbildung POL-on überführt.

Zum Nachlesen

Quelle: Science in Poland Redaktion: von Miguel Krux, VDI Technologiezentrum GmbH Länder / Organisationen: Polen Themen: Bildung und Hochschulen Förderung Strategie und Rahmenbedingungen

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