Dr. Sven Schneider, Vertretungsprofessor für Informatik in der Architektur an der Fakultät Architektur und Urbanistik der Bauhaus-Universität Weimar erläutert:
"Wir verfolgen einen interdisziplinären Ansatz, der die Bereiche Verkehrsplanung, Informatik und Stadtplanung zusammenbringt, um neue Methoden zur Integration der städtischen Mobilität in die Stadtplanung im Kontext Äthiopiens zu entwickeln. Zentraler Bestandteil des Projekts ist die Entwicklung einer interaktiven Methode, die es Fachleuten aus verschiedenen Disziplinen der Stadtentwicklung ermöglicht, verschiedene städtische Mobilitätskonzepte effizient zu generieren, zu analysieren und zu optimieren. Ziel ist es, ein direktes Feedback zur Nachhaltigkeit und Resilienz der Konzepte zu erhalten."
Das Projekt wird vom 1. Juni 2021 bis 31. März 2025 durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) in Höhe von insgesamt rund 880.000 Euro gefördert. Das Gesamtprojekt setzt sich aus zwei Modulen zusammen: In dem vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) getragenen ersten Projektmodul werden innovative Planungsmethoden entwickelt. In dem vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) finanzierten zweiten Modul entstehen internationale Lehrformate, bei denen die im ersten Modul entwickelten Methoden in realen Fallstudien angewendet werden. Die Projektleitung liegt bei der Professur Informatik in der Architektur der Bauhaus-Universität Weimar. Kooperationspartner sind die Professur Verkehrssystemplanung an der Fakultät Bauingenieurwesen der Bauhaus-Universität Weimar sowie das Ethiopian Institute of Architecture, Building Construction and City Development (EiABC) an der Addis Ababa University in Äthiopien. Mit dem Vorhaben werden die intensiven, langjährigen Beziehungen zwischen der Addis Ababa University und der Bauhaus-Universität Weimar fortgeschrieben.
Hintergrund
Die Grundlagen für nachhaltige Mobilitätskonzepte werden in den frühen Phasen der Stadtplanung gelegt, wenn wesentliche Entscheidungen über Flächenverteilung, Nutzungsverteilung, Straßennetze und Bebauungsdichte getroffen werden. Durch die intelligente Gestaltung der Stadtstruktur können Wege und Personen- bzw. Warenströme so gelenkt werden, dass Entfernungen minimiert, CO2-Emissionen reduziert, Kosten gesenkt, die Gesundheit verbessert und soziale Interaktionen gefördert werden. Die Gestaltung eines Stadtplans ist eine hochkomplexe Aufgabe, aufgrund der Vielzahl der städtischen Elemente, der vielen zu berücksichtigenden Kriterien und der zahlreichen Wechselwirkungen zwischen diesen Kriterien und den städtischen Elementen. Digitale Planungsmethoden können helfen, dieser Komplexität gerecht zu werden, indem sie es ermöglichen, viele verschiedene Planungsvarianten schnell zu generieren und zu analysieren. Zusammenhänge zwischen Planungsparametern und deren Wirksamkeit können aufgedeckt und optimierte Lösungen geschaffen werden.
Gegenwärtig fehlen Methoden, die die Auswirkungen von Verkehrsinfrastrukturentscheidungen in den frühen Phasen der Stadtplanung adäquat berücksichtigen. Verkehrssimulationen können zwar präzise Vorhersagen von Verkehrsströmen liefern, sie erfordern jedoch komplexe Modellierungen, große Datenmengen und lange Rechenzeiten. In den frühen Planungsphasen ist eine direkte Rückkopplung aber äußerst wichtig, um rasch viele verschiedene Planungsszenarien zu erhalten. Darüber hinaus sind westliche Verkehrsmodelle nur begrenzt auf den Subsahara-Kontext anwendbar, wo Siedlungs- und Mobilitätsmuster unterschiedlich und strukturierte Daten nicht ohne weiteres verfügbar sind.