Fachliche Stärken des Forschungssystems: China
Übersicht
Der Spezialisierungsindex dient dazu, das wissenschaftliche Profil eines Landes darzustellen. Er zeigt an, in welchen Bereichen ein Land im Vergleich zum gesamten weltweiten Publikationsaufkommen stark oder schwach vertreten ist. Ein negatives Vorzeichen stellt eine unterdurchschnittliche Spezialisierung dar. Der Indikator ist auf einen Wertebereich von -100 (stark negative Spezialisierung) bis +100 (stark positive Spezialisierung) normalisiert. Er geht zurück auf frühere Indikatoren für die Handelsspezialisierung und baut auf dem Konzept des komparativen Vorteils auf.
China weist gegenüber dem weltweiten Publikationsaufkommen eine besonders starke Spezialisierung (+25 und mehr) in den Fachgebieten Elektrotechnik, Materialforschung, Spezifisches Engineering, Messen und Steuern, Chemieingenieurwesen, Nukleartechnologie, Maschinenbau, Grundlegende Chemie, Polymere, Informatik und Physik auf (Quelle: Monitoring des Asiatisch-Pazifischen Forschungsraums (APRA) - 2. Bericht (2020), S. 185, 192, Datenquelle: Scopus Elsevier 2016-18).
Inhaltlich sieht der allgemeine Fünfjahresplan unter anderem eine Verbesserung der Qualität und Effektivität der Entwicklung, ein nachhaltiges, gesundes Wirtschaftswachstum und eine innovationsgetriebene Entwicklung vor. Weiterhin strebt China eine Führungsposition im globalen Technologiewettrennen an. Der allgemeine 14. Fünfjahresplan nennt sieben Zukunftstechnologien: künstliche Intelligenz der nächsten Generation, Quanteninformationstechnologie, integrierte Schaltkreise, Hirnforschung und neuronale Netze, Genetik und Biotechnologie, klinische Medizin und Gesundheit, und Erkundung von Weltraum, tiefer Erdschichten, der Tiefsee und der Polarregionen (Quelle: BDI: Nationaler Volkskongress: Arbeitsbericht der Regierung). Diese werden im spezifischen Fünfjahresplan näher erläutert werden.
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Digitaler Wandel: Künstliche Intelligenz
Einer der großen Forschungsbereiche, in denen China besonders aktiv ist und daraufhin arbeitet, Weltmarktführer zu werden ist Künstliche Intelligenz (KI). Im Angesicht eines großen Spektrums an Anwendungsmöglichkeiten von Industrie über Gesundheit und Verkehr bis hin zum Militär, gilt KI als eine der Schlüsseltechnologien der kommenden Jahre und Jahrzehnte und ist auch in der Öffentlichkeit eines der großen Themen.
Im Juli 2017 veröffentlichte der chinesische Staatsrat eine eigene KI-Strategie, der nach das Land schrittweise bis 2030 die Führerschaft in den entsprechenden Technologien übernehmen und sich die Wertschöpfung bis dahin auf 130 Milliarden Euro erhöhen soll (New America: Full Translation: China's 'New Generation Artificial Intelligence Development Plan' (2017)). Von Seiten der Regierung sind es vor allem die National Development and Reform Commission (NDRC), das Ministerium für Wissenschaft und Technologie (MoST), das Ministerium für Industrie und Informationstechnoloige (MIIT) sowie die Cyberspace Administration of China, die das Thema Künstliche Intelligenz vorantreiben. Gleichzeitig sind aber auch einzelne Regionen und Städte sehr aktiv in der Förderung von Unternehmen und Forschungseinrichtungen in dem Bereich. So plant allein die Stadt Tianjin Investitionen in Höhe von 12,8 Milliarden Euro (Konrad Adenauer Stiftung: Vergleich nationaler Strategien zur Förderung von Künstlicher Intelligenz, 2019).
Neben den staatlichen Stellen, sind vor allem die großen Tech-Unternehmen (Baidu, Alibaba, Tencent) entscheidende Akteure, die große Beträge in die Forschung und Entwicklung von KI-Technologien stecken. Zunehmend findet auch eine Verbindung von Unternehmen und Universitäten oder Forschungseinrichtungen statt, um deren Forschung zu direkter kommerzieller Verwertung zu führen. Dies schlägt sich auch in den entsprechenden Statistiken nieder, so melden die chinesischen Universitäten weltweit die meisten Patente an und allein die Chinese Academy of Sciences (CAS) hat bereits 2.500 Patente angemeldet und 20.000 Fachartikel zu dem Bereich Künstliche Intelligenz veröffentlicht (WIPO: WIPO Technology Trends 2019: Artificial Intelligence). Anfang 2018 wurde ein von führenden Institutionen (neun Universitäten und 21 Unterneh-men) verfasstes „Weißbuch zur Künstlichen Intelligenz“ veröffentlicht, das eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Forschung und Wirtschaft fordert und auf mögliche Probleme durch fehlende Standardisierung sowie ungenügende internationale Abstimmung hinweist.
Großer Vorteil in der Weiterentwicklung künstlicher Intelligenz ist Chinas Zugriff auf die Daten von 700 Millionen Internetnutzern im Land und einem weniger ausgeprägten Datenschutz. Dementsprechend kann auf riesige Datensätze zur Verbesserung zum Beispiel im Bereich der Gesichtserkennung zurückgegriffen werden. In Kombination mit den großen finanziellen Investitionen von staatlicher und privater Seite sowie einem großen Interesse staatlicher Stellen an der Anwendung künstlicher Intelligenz in Bereichen wie der Verwaltung, Überwachung bis hin zum Militär, bieten sich so sehr vielversprechende Ausgangsbedingungen für die weitere technologische Entwicklung (Konrad Adenauer Stiftung).
Materialwissenschaften
Materialwissenschaften leisten als Querschnittsdisziplin einen zentralen Beitrag zur Entwicklung neuer Innovationen und zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen. Vor diesem Hintergrund fördert China Forschung in diesem Bereich bereits seit über 15 Jahren auf nationaler und regionaler Ebene mit besonderem Nachdruck. Besondere Priorität liegt dabei auf Themen wie Legierungen, Seltene Erden, Festkörper, Energiematerialien, Katalysatoren, elektronische Displays, Gesundheitsfürsorge und nachhaltiger Umweltschutz (Liao / Lee: Materials science in China, Nature Reviews Materials, 2016).
In der „Made in China 2025“-Strategie wird Materialwissenschaften als eine von zehn Schlüsseltechnologien hervorgehoben. Ziel ist es, bis 2020 einen inländischen Marktanteil an verwendeten Kernkomponenten und wichtigen Grundstoffen von 40 Prozent und bis 2025 von 70 Prozent zu erreichen (MERICS: Made in China 2025, 2016). Auch im 14. Fünfjahresplan (2021-2025) werden die Materialwissenschaften als strategischer Forschungsschwerpunkt und Schlüsselindustrie deklariert. Im 2017 veröffentlichten „Leitfaden für die Entwicklung der Industrie für Neue Materialien“ vom Ministerium für Industrie und Informationstechnologie, Staatliche Kommission für Entwicklung und Reform, Ministerium für Wissenschaft und Technologie und Finanzministerium werden Ziele für den Ausbau der Materialwissenschaften in China definiert (China Daily: China issues guidelines on new material industry, 2017).
Die Fördermittel, die China für Forschung im Bereich Materialwissenschaften vergibt, haben sich von 2008 bis 2018 vervierfacht. Mit einem Volumen von über 2 Milliarden RMB förderte die National Natural Science Foundation (NSFC) 2018 insgesamt 701 Projekte im Bereich der Materialwissenschaften. Damit steht die Materialwissenschaften – nach der Medizin – an zweiter Stelle der Disziplinen, die die höchsten Fördersummen der NSFC erhalten (O’Meara: Materials science is helping to transform China into a high-tech economy, Nature Online, 2019). Neben Großprojekten wie dem „Materials Genome Engineering“ Projekt, werden auf nationaler und lokaler Ebene Forschungslabore, wie zum Beispiel das Shenyang National Laboratory for Material Science, und die Beschaffung von Großgeräten, wie der China Spallation Neutron Source an der CAS, gefördert.
Die hohe Bedeutung der Materialwissenschaften in der chinesischen Forschungslandschaft schlägt sich auch in der Anzahl der themenspezifischen Publikationen nieder. Die Anzahl der Veröffentlichungen im Bereich Materialwissenschaften hat sich von 2006 bis 2017 verdreifacht. Insgesamt produzieren chinesische Autoren damit bereits deutlich mehr Publikationen im Bereich Materialwissenschaften, als beispielsweise amerikanische Autoren. Der Anteil international kopublizierter Artikel ist im Verhältnis jedoch geringer. (O’Meara (2019): Materials science is helping to transform China into a high-tech economy, Nature Online).
Im Bereich Quantenforschung steht China bei Publikationen in absoluten Zahlen an erster Stelle noch vor den USA (Stand 2017). Bei Patenten liegt China noch zurück mit jeweils 21 Quanten-Patenten auf transnationaler Ebene in den Jahren 2014 und 2015. Die Quantenforschung ist eines der Forschungsbereiche, die von der chinesischen Zentralregierung als Querschnittstechnologie eine hohe Priorität in der Mittelzuweisung erhält. Sowohl im 14. Fünfjahresplan (2021-2025) als auch in der Planung zur verstärkten Grundlagenforschung (Januar 2018) wird die Bedeutung von Quantenrechnern und Quantenkommunikation betont.
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Medizintechnik
Die Medizintechnik hat Verbindungen zu Gesundheitsforschung / Medizin, Physik, Materialwissenschaften, Elektrotechnik usw. und ist nicht als eigenständige wissenschaftliche Disziplin definiert, sondern vielmehr über ihre Anwendungen. China rangiert im Bereich der Medizintechnik an zweiter Stelle nach den USA mit einem Publikationsanteil von knapp 20 Prozent (Stand 2017).
In der Medizintechnik legt China den Fokus vor allem auf medizinische Biotechnologie. Der 14. Fünfjahresplan (2021-2026) umfasst Wissenschaftsprojekte im Bereich der medizinischen Biotechnologie mit einem besonderen Fokus auf Hirnforschung, Hirn-Computer-Fusionstechnologie, Krebsforschung, regenerative Medizin, Genforschung sowie genwissenschaftlichen Anwendungen und Big Data-Lösungen. Die staatliche Innovationsförderung wurde schnell erhöht, da kostengünstige Medizintechnikprodukte in der öffentlichen Gesundheitsversorgung nötig waren. Fortschritte zeigen sich auch dadurch, dass die Regierung chinesische Unternehmen und Akteure unterstützt, um schrittweise medizintechnische Importprodukte aus dem Ausland durch chinesische Produkte zu ersetzen. Während Chinas wissenschaftliche Leistungsfähigkeit deutlich angestiegen ist, bleibt die technologische Leistungsfähigkeit im Bereich der Medizintechnik noch zurück.