Die Kooperation im Rahmen des Projekts „Soziale Arbeit und Stärkung von NGOs in der Entwicklungszusammenarbeit zur Behandlung einer Drogenabhängigkeit“ erfolgt mit Hochschulen in den zentralasiatischen Ländern Kirgisische Republik, Kasachstan, Tadschikistan und Usbekistan sowie der Volksrepublik China. In den genannten zentralasiatischen Ländern ist die Häufigkeit des Opiatkonsums – also der Konsum von Heroin und ähnlichen Drogen – doppelt so groß wie in Europa. In China gibt es fast 5 Millionen Opiatkonsumenten und -konsumentinnen – zwar eine geringe Zahl bezogen auf die Gesamtbevölkerung, aber als absolute Zahl ein enormes Problem für das Gesundheitswesen (zum Vergleich: in Deutschland gab es 2016 etwa 166.000 Opiatabhängige). Hinzu kommt, dass die Abhängigen in Zentralasien und der Volksrepublik China wegen repressiver Drogengesetze oft langjährige Haftstrafen absitzen und dass Polizei und Justiz nicht gut mit Gesundheitsdiensten kooperieren – das fördert den Ausschluss der Betroffenen aus der Gesellschaft. Die hohen Abhängigenzahlen in diesen Ländern sind unter anderem auf die Nähe zu Afghanistan mit seinen großen Opiumanbau und -handelstrukturen zurückzuführen. Dazu erläutert Porjektleiter Prof. Stöver:
„Usbekistan und Tadschikistan grenzen direkt an Afghanistan, die Volksrepublik China, die Kirgisische Republik und Tadschikistan liegen auch relativ nahe. Von Afghanistan werden in großen Mengen Opium, Heroin, Cannabis und neuerdings Designerdrogen wie Ecstasy durch oder in die genannten Länder geschmuggelt. Die zunehmende Zahl der Drogenabhängigen dort trägt zur Erhöhung der gesellschaftlichen Instabilität, der Korruption und der Unterminierung volkswirtschaftlicher Stabilität bei. Hinzu kommt, dass Soziale Arbeit als zentraler Bestandteil der Hilfen wie in Deutschland in den fünf Ländern weder in der universitären Ausbildung noch in der Praxis angeboten wird.“
In Deutschland wird davon ausgegangen, dass die Soziale Arbeit den größten Anteil an einer erfolgreichen Überwindung der Abhängigkeit hat. Hier setzt Stövers Projekt an: In seinem Rahmen werden 15 Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler (je drei pro Partnerland) gefördert, die über die Soziale Arbeit in ihrem Herkunftsland promovieren. Außerdem soll in jedem dieser Länder eine PostDoc-Stelle geschaffen werden, die sich vertieft mit Themen im Kontext „Soziale Arbeit und Drogenabhängigkeit/-therapie“ beschäftigt. Zusätzlich werden Austauschtreffen finanziert, die abwechselnd in den fünf Ländern stattfinden und bei denen Themen aus dem Bereich Drogenabhängigkeit, Infektionskrankheiten (wie z.B. HIV/AIDS und Hepatitis) und psychosoziale Betreuung bearbeitet werden. Die Doktoranden- und PostDoc-Stellen werden an Hochschulen eingerichtet, mit denen bereits Kontakte bestehen. Diese sollen zu Hochschulpartnerschaften untereinander, aber auch mit der Frankfurt UAS ausgebaut werden.
Auch eine E-Learning-Plattform mit Kursen zur Sozialen Arbeit mit Drogenabhängigen und Suchtkranken soll aus den Mitteln des Projekts aufgebaut werden. Darüber hinaus sollen in den fünf Partnerländern Curricula für Studiengänge basierend auf dem Masterstudiengang „Soziale Arbeit und Suchttherapie und Sozialmanagement in der Suchthilfe“ der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS) entwickelt werden. Außerdem werden Aufenthalte der asiatischen Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler an der Frankfurt UAS und zur Feldforschung in Frankfurt und Berlin sowie zur Teilnahme an internationalen fachrelevanten Konferenzen gefördert. Schließlich wird an der Frankfurt UAS ein Programm für drei Doktoranden und auch eine PostDoc-Stelle aus den Projektmitteln gefördert. Die im Projekt arbeitenden Forschenden sollen zu Multiplikatorinnen und Multiplikatoren werden und so moderne und effektive Suchtpräventionsstrategien sowie die Substitutionsbehandlung für Drogenabhängige – also die Behandlung mit Ersatzstoffen wie Methadon statt Heroin – in ihren Heimatländern zu verbreiten helfen. Hierzu erklärt Stöver:
„Die Soziale Arbeit direkt mit dem abhängigen Menschen mit der Substitutionsbehandlung ist in meinen Augen die erste Wahl bei der Suchtbekämpfung. In Zentralasien und China ist sie aber kaum verbreitet.“
Das Projekt ergänzt das Projekt „InBeAIDS – Infektionsprophylaxe und Behandlung von HIV/AIDS und Hepatitis unter injizierenden Drogenkonsumenten in Zentralasien und der Anteil der Sozialen Arbeit in der Suchthilfe daran“, das auch vom Lehrstuhl von Professor Stöver durchgeführt wurde. Finanziert wurde das Projekt vom Bundesministerium für Bildung und Forschung.