StartseiteLänderAsienChinaFrankreich: Die Repräsentanten der "Grandes écoles" und der Universitäten stellen sich auf die mittelfristig zu erwartende dramatische Steigerung der Zahl der Studierenden aus Asien und Afrika ein

Frankreich: Die Repräsentanten der "Grandes écoles" und der Universitäten stellen sich auf die mittelfristig zu erwartende dramatische Steigerung der Zahl der Studierenden aus Asien und Afrika ein

Nach den Projektionen der UNESCO und des Commissariat au Plan wird die Zahl der Studierenden im Zeitraum 2000-2015 weltweit von 100 Millionen auf 200 Millionen zunehmen. In Asien wird sich ihre Zahl fast verdreifachen (von 37,2 Millionen auf 106,1 Millionen, davon 55 Millionen in China und in Indien), in Afrika fast verdoppeln (von 7,3 Millionen auf 13,5 Millionen)

Le Figaro vom 12.3.2010 beschäftigt sich in einer ganzseitigen Darstellung der damit für die französischen Hochschulen verbundenen Problemen. Die Wissenschaftsredakteurin von Le Figaro (Marie-Estelle Pech) läßt die Präsidenten der "Conférence des Présidents des Grandes écoles" (CGE), Pierre Lapie, und der "Conférence des Présidents d' Universités" (CPU) zu Wort kommen.

Pierre Lapie bemerkt: "Indien und China müßten 15 Jahre lang jedes Jahr  2 Universitäten mit 20 000 Studierenden bauen, um dem sich mittelfristig abzeichnenden Bedarf an Studienplätzen gerecht werden zu können; das käme dem gesamten Bestand des französischen Hochschulwesens gleich. Die in genannten Ländern für Bildung verantwortlichen Persönlichkeiten erklären uns, dass dies unmöglich sei". Wegen des Ansehens, das das intellektuelle Niveau und die Kultur Frankreichs genieße -so Pierre Lapie weiter- könne Frankreich eine Alternative anbieten.

Die CGE schlägt vor, im Verlaufe der nächsten 10 Jahre die Zahl der in Frankreich oder an französischen Hochschuleinrichtungen im Ausland studierenden Ausländer zu verdreifachen (Universitäten und Grandes Ecoles). Dies würde bedeuten, dass die Zahl der ausländischen Studierenden von heute 250 000 auf 750 000 im Jahre 2020 ansteigen würde; das enspräche 30 % der gesamten Studentenschaft.

Die CPU erklärt, sie sei diesen Fragen gegenüber aufgeschlossen, auch wenn diese im Augenblick noch nicht aktuell seien. Davon abgesehen sei die Frage der ausländischen Studierenden in Frankreich mehr qualitativer als quantitativer Natur: "Wen wollen wir bei uns aufnehmen ?"

Grandes Écoles und Universitäten stimmen darin überein , dass die absehbare Entwicklung es erforderlich mache, in bestimmten Ländern Ausbildungsgänge "offshore"  zu entwicklen und anzubieten. Auch Indien habe kürzlich -darin dem Beispiel Chinas folgend - die Errichtung ausländischer Hochschulen erlaubt; die Yale University und auch australische Universitäten hätten hierfür schon Grundstücke gekauft.

Französische Fakultäten und Grandes Écoles haben auch ihrerseits schon seit 20 Jahren Ausbildungsgänge im Ausland organisiert oder sich in die Schaffung von Universitäts-Campus eingebracht. Zur Zeit sind - so Le Figaro - einige Dutzend Auslandsprojekte in den Bereichen Rechtswissenschaft, Infrastruktur, Umwelt in Vorbereitung.

Die CGE vertritt die Auffassung, dass die französischen Hochschulen die Möglichkeit haben müßten, von nicht-europäischen ausländischen Studierenden - was heute nicht der Fall ist - erhöhte Studiengebühren zu erheben. Wenn 80 % der ausländischen Studierenden die durch ihr Studium und ihren Aufenthalt in Frankreich verursachten Kosten (9300 Euro pro Jahr) tragen müssten und man im Durchschnitt deren Studiengebühren auf 12 000 Euro pro Jahr festsetzen würde, brächte dies für die französischen Hochschulen pro Jahr zusätzliche Einnahmen von 5 Milliarden Euro ein. Im Vergleich zu der Praxis der angelsächsischen Universitäten seien Studiengebühren in dieser Höhe sehr wettbewerbsfähig. 100 000 der ausländischen Studierenden in Frankreich dürften voraussichtlich als Stipendiaten von Studiengebühren befreit sein.

Ein politisch sensibles Problem besteht für die französischen Hochschulen darin, ob es  entgegen dem Wortlaut der sog Loi-Toubon (1994), das in Frankreich auch im Bereich der staatlichen Hochschulen verbindlich die Benutzung des Französischen vorschreibt, möglich sein wird, ganze Studiengänge auf Englisch anzubieten. Pierre Tapie, der Präsident der CGE, vertritt die Meinung, dass es - wenn man mehr ausländische Studenten anziehen wolle - zwingend erforderlich sei, die Loi-Toubon in diesem Punkt den neuen Sachzwängen anzupassen oder das Gesetz sogar ganz aufzuheben.  

Anderseits bieten mehrere französische Universitäten schon heute einige Studiengänge ganz auf Englisch an (Straßburg, Toulouse I, Paris IV, Le Havre, Tours).

Das Sekretariat der CGE hat dem Verfasser den Sprechzettel zur Verfügung gestellt, den es für den CGE-Präsidenten zur Verwendung bei einem Pressegespräch am 9.3.2010 vorbereitet hatte. Der Sprechzettel kann <link fileadmin public-downloads news pressegespraech.doc download file>hier nachgelesen werden.

Quelle: Le Figaro vom 12. März 2010 Redaktion: Länder / Organisationen: China Frankreich Indien Global Themen: Bildung und Hochschulen

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