StartseiteLänderAsienIndienZusammenfassungÜberblick zur Bildungs-, Forschungs- und Innovationslandschaft und -politik

Überblick zur Bildungs-, Forschungs- und Innovationslandschaft und -politik: Indien

Mit Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) in Höhe von 57,9 Milliarden USD (kaufkraftbereinigt) belegt Indien im globalen Vergleich Rang 8 hinter den USA, China, Japan, Deutschland, Südkorea, dem Vereinigten Königreich und Frankreich (für Indien Angaben zu 2020, für die anderen Länder zu 2021). In Indien hält die Priorisierung von FuE nicht Schritt mit der wachsenden Wirtschaft: Die FuE-Intensität, d.h. der Anteil der gesamten FuE-Ausgaben am Bruttoinlandsprodukt ist von 0,8 Prozent im Jahr 2010 auf 0,64 Prozent im Jahr 2020 zurückgegangen (siehe Research & Development Statistics at a Glance 2022-23, S. 1). Im OECD-Raum dagegen nimmt die FuE-Intensität zu: Inzwischen werden 2,7 Prozent erreicht, aktuelle Daten dazu auf Kooperation international unter FuE-Indikatoren).

In Bezug auf die Anzahl der wissenschaftlichen Publikationen platzierte sich Indien im Zeitraum von 2014 bis 2018 auf Rang 5 hinter den USA, China, Großbritannien und Deutschland. Nachdem Indien 2019 Deutschland und 2022 Großbritannien überholt hat, ist das Land auf Rang 3 hinter China und den USA vorgerückt (Quelle: SCImago. SJR — SCImago Journal & Country Rank. Retrieved June 20, 2023, from www.scimagojr.com).

Im Global Innovation Index (GII) 2023, in dem Innovationsleistungen der Länder weitgehend unabhängig von absoluten Größenordnungen bewertet werden, belegt Indien, einem deutlichen Aufwärtstrend folgend, im weltweiten Vergleich aktuell Rang 40. 2015 war Indien noch auf Rang 81 platziert (Pressemitteilung NITI Aayog). In der Gruppe der Länder mit niedrigem mittlerem Einkommen („lower middle income countries") liegt Indien auf dem Spitzenrang vor Vietnam und der Ukraine.

Die Zuständigkeiten für Forschung und Bildung sind heterogen und vielfältig verzweigt. Die organisatorische Struktur ist historisch gewachsen. Einige Bereiche werden auf nationaler Ebene gesteuert, andere auf unionsstaatlicher Ebene, verteilt auf zahlreiche Akteure.

Das Bildungswesen ist stark vom System der ehemaligen britischen Kolonialmacht geprägt. Zudem koexistieren staatliche, semistaatliche und private Einrichtungsformen und die Qualität der Bildungseinrichtungen weist große Unterschiede auf. Gleichzeitig muss Indien mit großen Zuwachsraten durch eine junge Bevölkerung fertig werden: Die Anzahl der Studierenden an den Hochschulen hat sich von etwa 10,5 Millionen im Jahr 2002 auf 40,5 Millionen im Jahr 2022 praktisch vervierfacht (siehe Bildungsindikatoren). Damit liegt Indien weltweit an zweiter Stelle hinter China mit 57 Mio. Studierenden.

Die verschiedenen Fachministerien und deren nachgeordnete Einrichtungen tragen die Verantwortung für die Forschung in ihrem Ressort. Das Ministerium für Wissenschaft und Technologie (MST) als zentrales Ministerium verfügt nur über einen kleinen Stab hochrangiger Beamter für Planung, Haushalt und Personal. Die eigentliche Arbeit des Ministeriums wird von drei ihm unterstellten Departments geleistet, nämlich dem Department für Wissenschaft und Technologie (DST), dem Department für wissenschaftliche und industrielle Forschung (DSIR) und dem Department für Biotechnologie (DBT).

Der öffentliche Forschungssektor in Indien wird durch eine Vielzahl von außeruniversitären spezialisierten Forschungseinrichtungen dominiert, die den Fachministerien unterstehen (z.B. Energie, Biotechnologie, Informations- und Kommunikationstechnologien). Besonders hohe Forschungsausgaben entstehen in den Forschungseinrichtungen für die Ressorts Verteidigung, Kernenergie und Raumfahrt. Andere Fachministerien, das DSIR und das Ministerium für Bildung (MoE) finanzieren sogenannte Forschungsräte, die ebenfalls in einer Vielzahl von Instituten forschen und teilweise wettbewerblich fördern (z.B. Indian Council of Medical Research (ICMR), Council of Scientific and Industrial Research (CSIR), Indian Council of Social Science Research (ISSRC)).

Die indischen Hochschulen sind traditionell auf die Lehre konzentriert und sie belegen in internationalen Ranglisten häufig hintere Plätze. Bedeutende Forschungsleistungen erbringen hauptsächlich Hochschulen mit einem besonderen Status und besonderer Finanzierung wie das Indian Institute of Sciences (IISc) in Bangalore sowie die Indian Institutes of Technology (IITs). Mit der „National Education Policy (NEP) 2020" soll die Forschung an den indischen Hochschulen unter anderem durch die Gründung einer National Research Foundation gefördert werden (s. unten).

Unternehmen haben ihren Anteil an Forschung und Entwicklung in Indien in den letzten Jahren ausgebaut. Schätzungen gehen davon aus, dass über 1.000 multinationale Unternehmen Forschungs- und Entwicklungszentren in Indien eröffnet haben. Beobachter sehen Stärken vor allem in den Bereichen Biotechnologie, Arzneimittel, Fahrzeugbau sowie Informations- und Kommunikationstechnologien.

Durch die Wahlen von April/Mai 2019 wurde Premierminister Narendra Modi, der der Hindunationalistischen Bharatiya Janata Party (BJP – Indische Volkspartei) angehört, im Amt bestätigt. Modis Agenda ist stark wirtschaftspolitisch bestimmt.

Die Gründung eines eigenen Ministeriums für Qualifizierung und Unternehmertum („Ministry of Skill Development and Entrepreneurship", MSDE) und die Annahme einer Strategie für Berufsbildung unter der „Skill India Initiative" unterstreichen die politische Bedeutung, die Berufsbildung in Indien seit 2015 zugemessen wird. Weitere Anreize im Umfeld von Forschung und Innovation setzt die Regierung Modi seit 2014 durch mehrere ressortübergreifende Flaggschiff-Initiativen: Make in India, „Digital India“ sowie die „Smart Cities Mission“. Mit Hilfe der Initiativen will die Regierung Modi Anreize für ausländische Investoren schaffen und Indien zu einem Drehkreuz für die herstellende Industrie machen.

Außerdem hat die indische Regierung nach der Wiederwahl von Präsident Modi eine große Bildungsreform („National Education Policy 2020", NEP 2020) auf den Weg gebracht. Die langfristig angelegte Reform soll unter anderem die staatliche Schulpflicht, die Struktur der indischen Hochschullandschaft, die Hochschulregulierung, die interdisziplinäre Ausrichtung und Internationalisierung von Hochschulen, digitale Bildung sowie die Förderung von FuE durch eine große neue Fördereinrichtung (National Research Foundation) reformieren (NEP 2020 Stand der Umsetzung Juli 2023). Bisher wurden diverse Richtlinien und Regulierungen zum Erreichen dieser Reformpläne eingeführt, noch ist allerdings unklar, was die genauen Auswirkungen sind. Nennenswert sind hierbei Regulierungen für mehr akademische Kollaboration zwischen indischen und internationalen Hochschulen und Richtlinien für verstärkte Multidisziplinarität in Bildung und Forschung, die beide 2022 in Kraft getreten sind (Überblick Richtlinien unter NEP 2020).

Das DST veröffentlichte 2024 einen Überblick zu den von dem Department finanzierten und geleiteten Forschungsaktivitäten (DST: Brief Statement of Activities 2023-24).  

Im August 2023 hat das indische Parlament die gesetzliche Grundlage für die Gründung der Anusandhan National Research Foundation (ANRF) geschaffen, die einen wesentlichen Beitrag dazu leisten soll, die Forschung an den indischen Hochschulen zu stärken. Die neue Stiftung ersetzt das Science und Engineering Research Board (SERB), das 2008 eingerichtet wurde. Die Homepage der neuen ANRF ist derzeit unter der SERB-Adresse eingerichtet und informiert über die bisherigen SERB-Programme (Stand April 2024).

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