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Der deutsche Mittelstand als Inspiration für Frankreich

Berichterstattung weltweit

Der französische Arbeitgeberverband Medef hat eine Informationsreise nach München und Berlin organisiert. In diesem Rahmen wurde ein deutsch-französisches „Mittelstandslab“ gegründet, bei dem sich deutsche und französische Unternehmensinhaber über erfolgreiche Konzepte auf beiden Seiten des Rheins austauschen wollen.

Die Reise der etwa 50 französischen Unternehmer nach München und Berlin am 30. und 31. März 2016 diente dem Kennenlernen von „Best practice“-Beispielen vor allem im Bereich Ausbildung und sozialem Dialog. Wie Pierre Gattaz, der Präsident des Medef sagte, müsse man sich mit den „Klassenbesten“ vergleichen. Anlass der Reise war die zentrale Rolle des Mittelstands für die deutsche Wirtschaft: fast 70 Prozent aller Arbeitsplätze und 45 Prozent des Brutto-Inlandsprodukts gehen auf diese Unternehmen zurück.

Am neu gegründeten „Mittelstandslab“ sind auf französischer Seite die Unternehmensgruppen Thuasne, Mane, Poujoulat, Poclain, Armor, Osmos Group, Fives und Paprec beteiligt, auf deutscher Seite MEA und der Wasserfilterproduzent Brita. Die Gruppe wird Positionen unter anderem zu den Themen Aus- und Weiterbildung, internationale Entwicklung, steuerliche Aspekte der Unternehmensnachfolge, Zugang zu Technologien und Finanzierung von Wachstum erarbeiten.

Beeindruckt zeigten sich die Teilnehmer vom deutschen Ausbildungsmodell aber auch den günstigen Erbschaftssteuern für Unternehmensnachfolger. Ein weiterer Themenbereich war die unterschiedliche Auffassung zur Rolle des Inhabers: wie der französische Leiter Patrice Pélissier der deutschen Unternehmensgruppe MEA AG, Patrice Pélissier, einem französischen Journalisten erläuterte, sei der Chef eines deutschen mittelständischen Unternehmens in erster Linie Unternehmer und kein Investor. Gewinne würden vornehmlich ins Unternehmen reinvestiert und wenig Dividenden ausgeschüttet, kaum Kredite aufgenommen. Andererseits sei die zentrale Position der Inhaberfamilie in einem Unternehmen nicht immer zugunsten der Effizienz. Die Tradition, Unternehmenszahlen geheim zu halten, sei konträr zu der Notwendigkeit für Firmen, sich im digitalen Zeitalter mehr zu vernetzen und zu kooperieren. Wie ein Leiter einer französischen Filiale eines deutschen Unternehmens bedauerte, lehnten deutsche Unternehmen externe Kooperationen, selbst mit Forschungseinrichtungen, weitestgehend ab. Daran habe auch die Industrie 4.0 nichts geändert. Der Wille, die Kontrolle über das Unternehmenskapital zu behalten verstelle zudem den Weg zu Private Equity. Weiterhin sei insbesondere der demographische Wandel eine Herausforderung für deutsche Mittelständler, die sich vielfach um ihre Nachfolge sorgten. Für die an der Reise beteiligten französischen Unternehmen ist dies wiederum als mögliche Käufer interessant. Und das deutsche Modell des sozialen Dialogs stieß zwar auf Interesse, ist laut Pierre Gattaz aber kein Vorbild für Frankreich, denn: „Wenn man es mit politisierten Gewerkschaften zu tun hat, haben Sie keine Lust, mit ihnen gemeinsam Ihr Unternehmen zu leiten.“

Die Delegation traf sich darüber hinaus in Berlin mit dem deutschen Bund der Industrie (BDI) zum Thema Digitalisierung und mit der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeber (BDA) zum Thema Auszubildendenaustausch und europäisches Geschäftsrecht.

Quelle: Medef, Usine Nouvelle Redaktion: von Kathleen Schlütter, Deutsch-Französische Hochschule Länder / Organisationen: Deutschland Frankreich Themen: Engineering und Produktion Netzwerke Fachkräfte Wirtschaft, Märkte

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