Zwischen den EU-Mitgliedstaaten bestehen im Hinblick auf ihre Forschungs- und Innovationsleistung erhebliche Unterschiede. Diese Kluft spiegelt sich auch in der unterschiedlichen Beteiligung an den Rahmenprogrammen wider, bei denen die Zuweisung der Mittel auf Grundlage von Exzellenz erfolgt. Eine geringe Beteiligung schränkt wiederum das Potenzial leistungsschwächerer Länder ein, Defizite in ihren Forschungs- und Innovationssystemen zu überwinden. Um die Innovationskluft zu schließen und eine höhere Beteiligung zu erreichen, wurden im Rahmen von Horizont 2020 935 Millionen Euro für "Ausweitungsmaßnahmen" (Widening) bereitgestellt, die speziell auf weniger leistungsstarke Mitgliedstaaten ausgerichtet sind. Ziel war, die Kapazitäten der Forschungseinrichtungen in diesen Mitgliedstaaten zu verstärken, indem sie beispsielsweise dabei unterstützt werden, Netzwerke zu bilden, Partnerschaften mit führenden Einrichtungen einzugehen und ihre Attraktivität für hochqualifiziertes Personal zu verbessern. Diese Maßnahmen wurden im Rahmen von Horizont Europa verstärkt und haben nunmehr eine Mittelausstattung in Höhe von 2,95 Milliarden EUR.
Vor diesem Hintergrund hat der Europäische Rechnungshof beschlossen, eine Prüfung dieser Maßnahmen durchzuführen, um den politischen Entscheidungsträgern Informationen über Probleme im Zusammenhang mit der Konzeption und Umsetzung der Ausweitungsmaßnahmen bereitzustellen. Überprüft wurde, ob die Ausweitungsmaßnahmen von Horizon 2020 zweckmäßig waren, wobei sowohl die Gesamtkonzeption der Maßnahmen untersucht wurde als auch die Durchführung von zwei spezifischen Maßnahmen – Teaming (Unterstützung von Exzellenzzentren) und EFR-Lehrstühle (Vermittlung herausragender Wissenschaftler an Forschungseinrichtungen) –, die beide darauf ausgelegt waren, langfristige Effekte für die Begünstigten zu erzielen. Ziel der Prüfung war es, eventuelle Probleme aufzuzeigen, die eine erfolgreiche Umsetzung der Maßnahmen beeinträchtigen könnten, insbesondere vor dem Hintergrund, dass diese im Rahmen von Horizont Europa verstärkt wurden.
Der Europäische Rechnungshof kommt zu dem Schluss, dass die "Widening"-Maßnahmen gut konzipiert waren, um die begrenzte Teilnahmen der Zielländer an FuI-Rahmenprogrammen anzugehen, dass aber nachhaltige Veränderungen Anstrengungen auf nationaler Ebene erfordern. Obgleich die geförderten Projekte erste vielversprechende Ergebnisse aufweisen konnten, sehen sie sich vor Herausforderungen hinsichtlich ergänzender Finanzierung und Nachhaltigkeit. Es zeigte sich auch, dass die Teilnahme an den Maßnahmen unausgewogen war.
Der Hof empfiehlt der Kommission, mit der Fazilität für politische Unterstützung (Policy Support Facility) eine ausgewogenere Beteiligung an den Ausweitungsmaßnahmen anzustreben, die Verfügbarkeit ergänzender Mittel zu erleichtern und die Möglichkeiten zur Nutzung von Projektergebnissen sowie das Monitoring zu verbessern.
Zum Nachlesen
- Europäischer Rechnungshof: Sonderbericht: "Maßnahmen zur Ausweitung der Beteiligung an Horizont 2020 sind zwar gut konzipiert, doch hängen nachhaltige Änderungen vor allem von den nationalen Behörden ab"
- Europäischer Rechnungshof (15.06.2022): EU-Staaten müssen sich stärker gegen die Innovationskluft engagieren
- Europäische Kommission: Replies of the European Commission to the European Court of Auditors’ Special Report
- Science|Business (12.07.2022): The Ecosystem: Innovation Agenda puts policy impetus behind closing Europe’s innovation gap