Aufgrund der Covid-19-Pandemie herrscht in französischen Krankenhäusern ein Mangel an Geräten und Verbrauchsmaterialien, der bei einem Anstieg der Zahl der Kranken chronisch werden könnte. Es geht vor allem um hydroalkoholisches Gel, Atemschutzmasken für medizinisches Personal, Beatmungsgeräte für Kranke, Ersatzteile für die Geräte, aber auch um Reagenzgläser und Abstrichtupfer für Screeningtests, wie die Gewerkschaft der Labore für klinische Biologie (SLBC) am 25. März 2020 in einer Pressemitteilung betonte.
Aufgrund des weltweiten Ansturms auf all diese Geräte und Verbrauchsmaterialien und der damit verbundenen Anforderungen stellt der Mangel an Produktionskapazitäten im eigenen Land ein großes Problem dar. Die industrielle Produktion wird deshalb teilweise umgestellt, insbesondere in der Kosmetik- und Lebensmittelindustrie, um hydroalkoholische Gele herstellen zu können, und in der Textilindustrie für die Herstellung von FFP3-Atemschutzmasken. Dies erfolgt über einen alternativen Ansatz, der auf dem 3D-Druck basiert.
“Vor diesem aktuellen Hintergrund kann die additive Fertigung positive Veränderungen bewirken und uns dazu befähigen, auf die Notfallsituation reagieren zu können”, betont Laurent Aubertin, Leiter des EMC2-Wettbewerbsclusters. “Eine CAD-Datei reicht aus, um mit der Produktion zu beginnen. Die gedruckten Teile brauchen nur in geringem Maße oder gar nicht montiert werden und die Produktion kann in der Nähe von Krankenhäusern erfolgen, um so die Logistik zu erleichtern.” Das Ökosystem des 3D-Drucks mobilisiert sich. Wettbewerbscluster, Maschinenhersteller, Fablabs oder Einzelpersonen aus der “Maker”-Gemeinschaft haben seit Beginn der Woche zahlreiche Aufrufe zum konzertierten Handeln gestartet.
Die größte Herausforderung ist die Sicherstellung ausreichender Druckkapazitäten. Der in der Nähe von Nantes angesiedelte EMC2-Wettbewerbscluster hatte am 23. März einen Fragebogen an seine Mitglieder verschickt, um die Verfügbarkeit von additiven Fertigungsanlagen zu erfassen und zu bewerten: Standort, Marken, Größe der Maschinen, Anzahl der Ausrüstungsteile, ursprüngliche Branche des Herstellers, Art der Teile, die gefertigt werden können, usw. Dank dieser Kriterien wird es möglich, die Maßnahmen entsprechend dem Bedarf vor Ort zu koordinieren.
Bislang haben sich mehr als hundert Industrieunternehmen bereit erklärt, ihre Druckerflotte einzusetzen. Einige Großunternehmen verfügen über bis zu 40 Maschinen. “Die Idee dahinter ist, eine Art Notfall-Industrie zur Unterstützung der Krankenhäuser zu schaffen. Wir schaffen eine vernetzte Fabrik, die bereit ist, Bestellungen entgegenzunehmen”, fasst Laurent Aubertin zusammen.
Eine ähnliche Initiative wurde von Privatpersonen ins Leben gerufen, die sich für Technologie und 3D-Druck begeistern. In nur wenigen Tagen starteten sie die Webseite der Freerider Factory und das Konzept einer “3D-Druckreserve”. Jeder, ob Unternehmen oder Privatperson, kann sich dort registrieren und die Anzahl der Drucker und die verwendete additive Herstellungstechnologie angeben. “Diese Initiative ist ein echter Impulsgeber”, betont Guilhem Hoblea, Mitglied des Freerider Factory-Teams, “wir haben derzeit bereits mehr als 800 registrierte Drucker”. Einige wichtige Akteure im Bereich des 3D-Drucks, wie der Druck-Dienstleister Sculpteo, haben sich als Reserve registriert.
Die Notfall- und Gesundheitsdienste können diese Reservisten über ein Formular auf der Webseite von Freerider Factory kontaktieren und mit dem Maschinenpark in Kontakt gebracht werden, der dem Krankenhaus am nächsten liegt.