Was für viele Menschen in Deutschland selbstverständlich ist, ist in den meisten afrikanischen Ländern für den Großteil der Bevölkerung unerreichbar: der freie Zugang zu Bildung. Die Chancen eG, die mit dem langjährig an der Universität Witten/Herdecke (UW/H) erprobten Modell des Umgekehrten Generationenvertrages (UGV) Studierende in Deutschland finanziell unterstützt, hat sich deshalb das Ziel gesetzt, ein internationales Netzwerk aufzubauen. Der UGV wurde 1995 von Studierenden der UW/H entwickelt und wird seither durch die gemeinnützige StudierendenGesellschaft (SG) angeboten. Damit sorgt der studentische Verein seit über 20 Jahren dafür, freien Zugang zum Studium in Witten gibt – unabhängig vom finanziellen Hintergrund. Der UGV entkoppelt dafür die Beitragszahlung vom Studium: Allen Studierenden steht es frei, ihre Beiträge erst dann zu leisten, wenn sie nach dem Abschluss Geld verdienen. Die Rückzahlungen der einkommensabhängigen und somit sozialverträglichen Beiträge werden erst im Anschluss an das Studium und bei geregelter Berufstätigkeit der Absolventen fällig.
Dieses Modell hat die Chancen eG, die aus ehemaligen Studierenden der UW/H hervorgegangen ist, bereits in Deutschland an über 10 Universitäten und Fachhochschulen eingeführt. Nun soll das Konzept in die Welt getragen werden und zu diesem Zweck wurde die Chancen International gGmbH gegründet, über die ab Juni 400 jungen Menschen ein Studium am renommierten Akilah Institute in Kigali (Ruanda) ermöglicht wird. Das Institut bildet ausschließlich Frauen aus.
„Durch seinen Fokus auf Entrepreneurship, IT und Hospitality Management ist Akilah ein perfekter Partner für Chancen International“, sagt Batya Blankers, die an der UW/H Management studiert und Geschäftsführerin der Chancen International ist. „Damit orientiert sich die Hochschule stark am reellen Arbeitsmarktbedarf. Über 88 Prozent der jungen Frauen sind sechs Monate nach ihrem Abschluss berufstätig.“
Über das Akilah Institut finanziert die Chancen International den Zugang zu qualitativ hochwertiger Bildung. Die Studiengebühren werden zunächst über Spenden finanziert. Durch die einkommensabhängigen Rückzahlungen der ersten Studierenden wird der folgenden Generation wieder ein Studium ermöglicht.
Mit Blick auf zukünftige Partnerschaften in der Region hat Batya Blankers ein festes Büro in Kigali eröffnet. Neben Treffen mit Partnern, potenziellen Spendern und Regierungsvertretern führte sie dort mit den lokalen Mitarbeitern Workshops für die zukünftigen Studierenden durch, um das neue Finanzierungsmodell bekannt zu machen. „Durch die tollen Partner, die wir gefunden haben, sind wir in der Lage, Chancen International in Ruanda zu starten und vielen jungen Menschen eine sichere Zukunft zu ermöglichen“, erklärt die 29-Jährige. „Wir sind überzeugt von dem Modell. Denn es hat nicht nur eine individuelle Wirkung für die einzelnen Studierenden. Langfristig wirkt der UGV auf gesamtgesellschaftlicher Ebene. Bildungskredite, Studiengebühren sowie begrenzte finanzielle Ressourcen für Bedürftige verhindern in afrikanischen Ländern meistens den Zugang zur Hochschule. Auf der anderen Seite herrscht ein Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Auch in Ruanda.“ Forschungen belegen, dass die Stärkung der Hochschulbildung ökonomisches Wachstum langfristig ermöglicht. „Deswegen sollten junge Gründer, Ingenieure und Fachkräfte im Bereich Gesundheitswesen und IT eine faire Finanzierungsmöglichkeit ihre Bildung erhalten“, so Blankers.
Die neu gegründete Initiative „Chancen International“ stellt ihr Konzept am 22. März, um 16 Uhr im „Social Impact Lab“ in Berlin vor.