StartseiteAktuellesNachrichtenInternationale Studie über Lese-, Rechen- und Analysefähigkeiten Erwachsener PIAAC: Kompetenz sinkt oder stagniert in den meisten OECD-Ländern

Internationale Studie über Lese-, Rechen- und Analysefähigkeiten Erwachsener PIAAC: Kompetenz sinkt oder stagniert in den meisten OECD-Ländern

Berichterstattung weltweit Internationalisierung Deutschlands, Bi-/Multilaterales

Die OECD hat in den Jahren 2022 und 2023 die zweite Erhebung über die Kompetenzen Erwachsener in 31 Ländern und Volkswirtschaften durchgeführt. Im Vergleich zur ersten Erhebung von 2013 haben die Lese- und alltagsmathematischen Kompetenzen in den meisten OECD-Ländern deutlich abgenommen oder stagnieren. Die Kompetenzen Erwachsener in Deutschland liegen im internationalen Vergleich über dem Durchschnitt der OECD-Länder und sind im Vergleich zum ersten PIAAC-Zyklus im Mittel stabil geblieben.

Das OECD "Programme for the International Assessment of Adult Competencies" (PIAAC) untersucht grundlegende Kompetenzen von Erwachsenen in drei Bereichen: Lesekompetenz, alltagsmathematische Kompetenz und Kompetenzen im adaptiven Problemlösen. Am 10. Dezember 2024 wurden in Berlin die Ergebnisse der aktuellen OECD-Studie vorgestellt.

Trotz der großen Anstrengungen zur Stärkung der Bildungs- und Weiterbildungssysteme, die Regierungen und Sozialpartner in den vergangenen zehn Jahren unternommen haben, ist es nur Finnland und Dänemark gelungen, die Lesekompetenz der Erwachsenenbevölkerung deutlich zu steigern.

Im Bereich der alltagsmathematischen Kompetenz verbesserten sich die Durchschnittsergebnisse in acht Ländern, allen voran in Finnland und Singapur. In den meisten Ländern hat sich die Lesekompetenz ebenso wie die alltagsmathematische Kompetenz der leistungsschwächsten 10 Prozent der Bevölkerung allerdings verschlechtert. Die Ergebnisse der leistungsstärksten 10 Prozent haben sich hingegen verbessert, sodass die Kompetenzungleichheit innerhalb der Länder gestiegen ist. Singapur und die Vereinigten Staaten wiesen 2023 die stärkste Ungleichheit bei der Lese- und der alltagsmathematischen Kompetenz auf.

Finnland, Japan, die Niederlande, Norwegen und Schweden erzielten in allen drei Bereichen die besten Ergebnisse. Chile, Frankreich, Israel, Italien, Südkorea, Kroatien, Litauen, Polen, Portugal, Spanien und Ungarn lagen in allen Kompetenzbereichen durchgängig unter dem OECD-Durchschnitt. Die Grundkompetenzen der Erwachsenen in Deutschland liegen über dem internationalen Durchschnitt der rund 30 Teilnehmerländer und sind im Vergleich zu vor zehn Jahren stabil geblieben. Innerhalb der Bevölkerung gibt es teilweise jedoch starke systematische Unterschiede in den Kompetenzen.

Dazu erklärt Bundesbildungsminister Cem Özdemir:

„Die PIAAC-Studie bescheinigt uns gute Entwicklungen, zeigt aber auch auf, wo wir noch besser werden müssen. Mit dem Startchancen-Programm setzen wir seit dem Schuljahr 2024/2025 den großen Hebel an, um allen Menschen die gleichen Entwicklungsmöglichkeiten im weiteren Leben zu ermöglichen. Denn der enge Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Grundkompetenzen besteht auch im Erwachsenenalter fort. Die soziale Benachteiligung begleitet Erwachsene beim Kompetenzerwerb ein Leben lang. Es ist besorgniserregend, wenn ein Fünftel der in Deutschland lebenden Erwachsenen nur über geringe Grundkompetenzen verfügt. Wir müssen verstärkt auch Erwachsenen neue Bildungschancen eröffnen und sie darin unterstützen, ihre Grundbildung zu verbessern. Bund und Ländern bündeln daher schon heute ihre Kräfte in der AlphaDekad.“

Ergebnisse für Deutschland im Überblick:

  • Die mittleren Kompetenzen der Erwachsenen liegen in allen drei Domänen signifikant über dem Durchschnitt der teilnehmenden OECD-Länder. In der Lesekompetenz liegt der Mittelwert bei 266 Punkten (OECD: 260 Punkte), in der alltagsmathematischen Kompetenz bei 273 Punkten (OECD: 263 Punkte) und im adaptiven Problemlösen bei 261 Punkten (OECD: 251 Punkte).
  • Jeweils rund ein Fünftel (20 bis 22 Prozent) der Erwachsenen verfügt nur über geringe Lese- und alltagsmathematische Kompetenzen sowie adaptive Problemlösefähigkeiten (Kompetenzstufe 1 und darunter) (OECD: 25 bis 30 Prozent).
  • Vergleichsweise viele Personen verfügen über hohe grundlegende Kompetenzen: Die Anteile der Personen, die hohe grundlegende Kompetenzen (mindestens Stufe IV) der jeweiligen Kompetenzdomäne erreichen, liegen in allen drei Domänen über dem entsprechenden OECD-Durchschnitt.
  • In nahezu allen Teilnehmerländern weisen im Ausland geborene Personen durchschnittlich geringere Grundkompetenzen auf als im Inland geborene Personen. Die Differenz in der Lesekompetenz beträgt in Deutschland 70 Punkte (OECD: 40 Punkte) und in der alltagsmathematischen Kompetenz 59 Punkte (OECD: 35 Punkte).
  • Die soziale Herkunft beeinflusst die grundlegenden Kompetenzen Erwachsener in Deutschland stärker als in allen anderen Teilnehmerländern. Personen mit niedriger sozialer Herkunft verfügen über eine Lesekompetenz, die 79 Punkte niedriger ist als die von Personen mit einer hohen sozialen Herkunft (OECD: 50 Punkte). Der Einfluss der sozialen Herkunft ist in PIAAC 2023 im Vergleich zu vor rund zehn Jahre noch einmal gestiegen (PIAAC 2012: 54 Punkte)

Hintergrund

An PIAAC 2023 beteiligten sich insgesamt 31 Teilnehmerländer, darunter 29 OECD-Mitgliedstaaten: Belgien (Flämische Region), Chile, Dänemark, Deutschland, England (Vereinigtes Königreich), Estland, Finnland, Frankreich, Irland, Israel, Italien, Japan, Kanada, Südkorea, Kroatien, Lettland, Litauen, Neuseeland, die Niederlande, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Schweden, Schweiz, Singapur,  Slowakei, Spanien, Tschechien, Ungarn und die USA. Von diesen haben 27 an der ersten Umfrage ein Jahrzehnt zuvor teilgenommen. 

In der Erhebung wurden die Kompetenzen von insgesamt rund 160.000 Menschen im Alter von 16 bis 65 Jahren gemessen. Die Teilnahmequoten sind im Vergleich zur ersten PIAAC-Runde (45 bis 75 Prozent) teilweise stark gesunken. Daraus resultierten erhebliche Unterschiede in den Teilnahmequoten 2023 zwischen den Ländern, die zwischen 27 bis 73 Prozent lagen. Die repräsentative Stichprobe in Deutschland umfasst rund 4.800 Erwachsene (Teilnahmequote 45 Prozent).

Auf internationaler Ebene ist die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) Initiator und verantwortlich für die Organisation. In Deutschland wird die Studie unter der wissenschaftlichen Leitung von Frau Prof. Dr. Beatrice Rammstedt (GESIS Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften) durchgeführt. Die Finanzierung von PIAAC in Deutschland erfolgt durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unter Beteiligung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS).

Zum Nachlesen

Quelle: OECD, BMBF, GESIS - Leibniz-Institut für Sozialwissenschaften Redaktion: von Tim Mörsch, VDI Technologiezentrum GmbH Länder / Organisationen: Chile Kanada USA Israel Japan Republik Korea (Südkorea) Singapur Belgien Dänemark Deutschland Estland Finnland Frankreich Irland Italien Kroatien Lettland Litauen Niederlande Norwegen Österreich Polen Portugal Schweden Schweiz Slowakei Spanien Tschechische Republik Ungarn OECD Australien Themen: Berufs- und Weiterbildung Bildung und Hochschulen Ethik, Recht, Gesellschaft Fachkräfte

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