Die Entwicklung von Antibiotika gehört zu den bedeutendsten Errungenschaften der modernen Medizin. Dank dieser Medikamente ist es möglich, gefährliche Krankheiten wie Lungenentzündungen oder Blutvergiftungen zu heilen, die früher oft tödlich verlaufen sind. Werden Antibiotika aber zu oft oder falsch eingenommen, werden Bakterien resistent und die Antibiotika verlieren ihre Wirkung. Damit steigt die Gefahr, dass gewisse Infektionen bei Menschen oder Tieren nur noch schwer oder überhaupt nicht mehr behandelt werden können.
Um die Wirksamkeit der Antibiotika zu erhalten, braucht es nicht nur das Engagement der Fachleute. Auch die Patientinnen und Patienten und die Tierhalterinnen und Tierhalter sollen verantwortungsvoll mit diesen Medikamenten umgehen. Umfragen haben gezeigt, dass in der Bevölkerung noch Wissenslücken bestehen. Mit einer breit angelegten Kampagne will der Bund deshalb über die Bedeutung der Antibiotika, über die Risiken resistenter Bakterien und über die korrekte Anwendung dieser Medikamente bei Mensch und Tier informieren.
Die Kampagne wird mit TV-Spots, Plakaten, Online-Werbung und einer Kampagnenwebsite schweizweit gestartet und soll voraussichtlich während vier Jahren laufen. Animierte Figuren informieren unter dem Slogan «Antibiotika: Nutze sie richtig, es ist wichtig» über den sorgfältigen Umgang mit diesen Medikamenten und über die Folgen, die resistent gewordene Bakterien für Mensch, Tier, Landwirtschaft und Umwelt haben können.
Nationale Strategie Antibiotikaresistenzen StAR
Die Kampagne ist Teil der nationalen Strategie gegen Antibiotikaresistenzen StAR, die der Bundesrat 2015 lanciert hat. Sie wird von den vier Bundesämtern für Gesundheit BAG, Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen BLV, Landwirtschaft BLW und Umwelt BAFU gemeinsam mit den betroffenen Akteuren umgesetzt. Insgesamt 35 Massnahmen wurden seither in Angriff genommen und dabei wichtige Fortschritte gemacht.
In der Tiermedizin konnte die Menge der verkauften Antibiotika dank verschiedenster Massnahmen in den letzten zehn Jahren um die Hälfte reduziert werden. So wurde die Abgabe bestimmter Antibiotika eingeschränkt, und es wurden Therapieleitfäden und Informationsmaterial erarbeitet. Damit wurde das Problembewusstsein der Tierärztinnen und Tierärzte und der Tierhalterinnen und Tierhalter in den letzten Jahren weiter erhöht. Ein nationales Informationssystem zur Erfassung von Antibiotikaverschreibungen (IS ABV) in der Tiermedizin soll zudem ab 2019 schrittweise ermöglichen, einen genaueren Überblick über die Anwendung von Antibiotika zu erhalten.
Auch in der Landwirtschaft sind die bäuerlichen Tierhalterinnen und Tierhalter sensibilisiert. Mehrere landwirtschaftliche Branchen haben zusammen mit den Tierärzten und Bauern Präventionsprogramme zur Verbesserung der Tiergesundheit gestartet, denn gesunde Tiere brauchen keine Antibiotika. Diese Präventionsprogramme werden vom Bundesamt für Landwirtschaft finanziell unterstützt. Die Anstrengungen der Landwirtschaft zeigen sich im sinkenden Antibiotikaverbrauch seit 2008.
Im Humanbereich haben die zuständigen medizinischen Fachgesellschaften einheitliche, schweizweit geltende Verschreibungsrichtlinien formuliert. Die Ärzteschaft (Haus- und Fachärzte) ist aufgefordert, diese Richtlinien bei ihren Therapieentscheiden anzuwenden. Die Richtlinien definieren, wann Antibiotika eingesetzt werden sollen, und sie enthalten Angaben zur Wahl des geeigneten Antibiotikums, zur Dosierung und zur Therapiedauer. Eine neue Online-Plattform gibt den Ärztinnen und Ärzten zudem einen Überblick über die aktuellsten regionalen Resistenzdaten (www.infect.info).
Der zweijährliche Swiss Antibiotic Resistance Report zeigt auf, dass der Antibiotikaverbrauch gemessen an der Gesamtbevölkerung im Vergleich zur letzten Berichtsperiode leicht abgenommen hat. Im ambulanten Bereich sank der Verbrauch um rund 5 Prozent, im stationären Bereich um rund 10 Prozent. Gemäss einer Studie unter Hausärztinnen und Hausärzten wurden 2017 in 29 von 1.000 Konsultationen Antibiotika verschrieben. Dies ist deutlich weniger als in den Jahren 2006 bis 2013 mit jährlich 34-40 Verschreibungen pro 1.000 Konsultationen.
In den Schweizer Gewässern sind vereinzelt antibiotikaresistente Bakterien nachgewiesen worden. Ein Teil dieser Bakterien kommt natürlicherweise dort vor. Der andere Teil gelangt mit dem Abwasser in die Seen und Flüsse. Die Kläranlagen eliminieren schon heute bis zu 99 Prozent dieser Mikroorganismen. Der laufende Ausbau ausgewählter Kläranlagen mit zusätzlichen Reinigungsstufen sorgt zudem dafür, dass diese Organismen weiter reduziert werden können.
Um Fachleute und interessierte Bevölkerung auf die Gefahren zunehmender Resistenzen bei Bakterien hinzuweisen und das Bewusstsein für einen umsichtigen Einsatz von Antibiotika zu schärfen, findet auch dieses Jahr die „World Antibiotic Awareness Week“ der Weltgesundheitsorganisation (WHO) statt. In der Schweiz organisieren verschiedene Akteure zwischen dem 12.-18. November 2018 Podiumsdiskussionen, Weiterbildungen, Betriebsbesichtigungen oder Standaktionen.