Wie eine Datenauswertung des Ministeriums für Hochschulwesen, Forschung und Innovation (Ministère de l’enseignement supérieur, de la recherche et de l’innovation, MESRI) ergab, haben sich zwischen 2012 und 2016 225.000 zusätzliche Studierende an einer französischen Hochschule eingeschrieben. In den fünf Jahren davor waren es lediglich 97.000. Zum laufenden Wintersemester hat sich die Zahl um weitere 40.000 auf insgesamt 2.609.700 Studierende erhöht. Die meisten Einschreibungen verzeichneten 2012 bis 2016 hierbei die Universitäten mit 160.000 zusätzlichen Studierenden.
Da die Universitäten laut Gesetz Studierende nur aus Kapazitätsgründen ablehnen dürfen, gleichzeitig aber nur ein Viertel von ihnen den grundständigen Studiengang in der Regelstudienzeit abschließt, werden die Zugangsvoraussetzungen für Abiturienten unter der aktuellen Hochschulministerin Frédérique Vidal nun erneut reformiert. In diesem Zusammenhang wurde auch die bisherige Studienplatz-Vergabeplattform APB (Admission Post-Bac) neu programmiert. Diese startete zum 15. Januar 2018 unter dem Namen Parcoursup. Abiturienten müssen neben einem Motivationsschreiben zusätzlich umfängliche Dokumente inklusive Empfehlung des Klassenrats (Lehrer, Schüler- und Elternvertreter) einreichen. Die Universitäten müssen ihrerseits für alle ihre Studiengänge bis zum 17. Januar 2018 Anforderungs-Kriterien entwickelt und eingepflegt haben, nach denen die Bewerbungen der Abiturienten bewertet werden. Hierfür stellte das MESRI Mitte Dezember 2017 nationale Vorgaben für alle Studienrichtungen zur Verfügung, die lokal angepasst werden können. Wie das Online-Magazin Educpros.fr berichtet, gibt es an einigen Universitäten vor allem gewerkschaftlichen Widerstand gegen die grundsätzliche Einführung solcher Kriterien sowie Verzögerungen, da die Vorgaben relativ allgemein gehalten seien. Das MESRI gab bekannt, die Lehrenden für ihren Mehraufwand bei der Umsetzung der Reform mit insgesamt sechs Millionen Euro „anzuerkennen“.
Die Trennung zwischen selektiven Hochschulen (Écoles/Grandes Écoles), die ihre Studierenden bereits für das Grundstudium auswählen dürfen und den Universitäten, die prinzipiell jeden Abiturienten aufnehmen müssen, bleibt auch mit der aktuellen Reform unangetastet.
Die oben erwähnte Auswertung des MESRI untersuchte darüber hinaus auch die soziale Herkunft der Studierenden. So erhielten 2016/17 691.200 der 2.609.700 Studierenden eine nach sozialen Kriterien vergebene Studienbeihilfe. Dennoch haben im Durchschnitt weiterhin 35 Prozent der Studierenden Eltern, die gehobene oder „höhere intellektuelle“ Führungsaufgaben wahrnehmen, während zwölf Prozent aus Arbeiterfamilien kommen und 15 Prozent Eltern im Angestelltenverhältnis in ausführender Tätigkeit haben. Es sind insbesondere Kinder aus Elternhäusern der ersten Kategorie (55 Prozent), die Écoles oder Grandes Écoles statt der weitgehend frei zugänglichen Universität wählen. Und wenn sie an die Universität gehen, dann überproportional häufig, um Medizin oder Rechtswissenschaften zu studieren.
Die Studie hat weiterhin das Geschlechterverhältnis untersucht und festgestellt, dass Frauen nach wie vor unterrepräsentiert in den Ingenieurstudiengängen (27 Prozent) und überrepräsentiert in den Gesundheits- und Sozialwissenschaften (85 Prozent) sind.
Zum Nachlesen (Französisch):
- Le Monde (05.01.2018): 160 000 étudiants supplémentaires à l’université en cinq ans
- Educpros.fr (12.01.2018): Entrée à l'université : crispations autour de la déclinaison locale des attendus
- Educpros.fr (30.10.2017): Les "attendus" vont guider l'entrée à l'université
- Educpros.fr (14.12.2017): Entrée à l'université : les attendus enfin connus
- Note d’information du SIES: Les effectifs d’étudiants dans le supérieur en 2016-2017 en forte progression