Fachliche Stärken des Forschungssystems: Mexiko
Übersicht
Das Sonderprogramm für Humanwissenschaften, Wissenschaft, Forschung und Innovation (Programa Especial de Ciencia, Tecnología e Innovación - PECiTI 2021-2024, 2023 umbenannt in Programa Especial de Humanidades, Ciencia, Tecnología e Innovación) verfolgt die übergreifende Zielsetzung, die wissenschaftliche Tätigkeit in Mexiko stärker an dem Wohlergehen des Volkes („bienestar social“) auszurichten. Benannt wird auch der Aufbau einer umfassenden Biosicherheit („bioseguridad integral“). Unter dem prioritäten Ziel 2 werden auch die Stärkung der Grundlagenforschung und der Grenzwissenschaften (la ciencia básica y de frontera) sowie der wissenschaftlichen Infrastruktur in Mexiko benannt.
Fachliche übergeordnete Prioritäten sind Gesundheit, Energie und menschliche Sicherheit. Die sogenannten Strategischen Nationalen Programme (Programas Nacionales Estratégicos, Pronaces) sollen die wissenschaftlichen Aktivitäten auf konkrete nationale Probleme in 10 großen Themenfeldern (diez grandes temáticas) ausrichten: 1) toxische Substanzen und Verschmutzungsprozesse, 2) Wasser, 3) Kultur, 4) Bildung, 5) Energie und Klimawandel, 6) Gesundheit, 7) menschliche Sicherheit, 8) sozio-ökologische Systeme und Nachhaltigkeit, 9) Lebensmittelsouveränität sowie 10) Wohnraum (Punkt 5.3 im PECiTI 2021-2024). Zur Umsetzung der Strategischen Nationalen Programme wurden mit den Nationalen Projekten zur Forschung und Umsetzung (Proyectos Nacionales de Investigación e Incidencia, Pronaii) neue Ansätze der Projektförderung entwickelt (siehe auch unter Forschungs- und innovationspolitische Ziele und Programme).
Agrar- und Biowissenschaften
Mexiko zählt weltweit zu den 12 Ländern mit dem größten Reichtum an Biodiversität. Seit 1992 ist deshalb die ressortübergreifende Nationale Kommission zur Erforschung und Nutzung der Biodiversität (Comisión Nacional para el Conocimiento y Uso de la Biodiversidad, CONABIO) mit der Erhaltung und Aktualisierung des Nationalen Informationssystems für Biodiversität (SNIB) beauftragt („Biodiversidad Mexico“).
Anlass zur Sorge geben in den letzten Jahren mögliche Auswirkungen des Klimawandels auf Biodiversität und Agrarwirtschaft in Mexiko. Das ehemalige Nationale Institut für Ökologie (INECOL), das dem Umweltministerium untersteht, hat darum den Klimawandel zu einem seiner Schwerpunkte gemacht und agiert nun unter der Bezeichnung Nationales Institut für Ökologie und Klimawandel (Instituto Nacional de Ecología y Cambio Climático, INECC).
Das Forschungszentrum für Ernährung und Entwicklung (Centro de Investigación en Alimentación y Desarrollo, CIAD) und das Forschungszentrum von Yucatán (Centro de Investigación Científica de Yucatán, CICY) untersuchen die Auswirkungen des Klimawandels insbesondere auf die mexikanische Agrarwirtschaft. Beide gehören zu dem Netzwerk außeruniversitärer Forschungszentren, die seit 2025 dem Wissenschaftsministerium SECIHTI unsterstellt sind (zuvor dem nun aufgelösten Wissenschaftsrat CONAHCYT).
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Biotechnologie
Staatliche Forschungszentren operieren als Mittelpunkt von Clustern in verschiedenen Bundesstaaten:
- In Guanajuato forschen diverse Institutionen zur Biotechnologie, darunter das Laboratorio Nacional de Genómica para la Biodiversidad (LANGEBIO), das eine herausragende Stellung einnimmt. Es handelt es sich um eines der weltweit wichtigsten Zentren für die Sequenzierung und Analyse der Genome von Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen, die potentielle Verwendung in der Landwirtschaft, Medizin und Industrie finden. LANGEBIO ist Teil des mit dem Instituto Politécnico Nacional (IPN) assoziierten Forschungszentrum CINVESTAV.
- Im Bundesstaat Nuevo León unterhält die größte private Hochschule Mexikos, das Institut für Technologische und Höhere Studien Monterrey (ITESM oder auch kurz Tec Monterrey) das Genomics Core Lab , das Programme in den Bereichen Agrobiotechnologie, Lebensmittel und Biomedizin durchführt.
- Der Campus UNAM Morelos der Bundesuniversität Universidad Autonoma de Mexico (UNAM) beherbergt ein Biotechnologieinstitut mit einer Spezialisierung in pflanzlicher Molekularbiologie, Molekularmedizin und Biotechnologie sowie ein Wissenschaftszentrum zur Genomanalyse.
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Links/Institutionen
Energie
Im Energiebereich hat sich Mexiko zunächst auf die Nutzung der zehntgrößten Erdölreserven der Welt konzentriert, durch Finanzierung der Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) des Staatsunternehmens „Petróleos Mexicanos“ (PEMEX) und des Mexikanischen Instituts für Erdöl (Instituto Mexicano del Petróleo, IMP), das PEMEX unterstützt.
Während seit den siebziger Jahren einzelne Forschungsgruppen an erneuerbaren Energien gearbeitet haben, ist in den letzten Jahren deutlich geworden, dass Mexiko ein riesiges Potential in diesem Bereich besitzt. Dies betrifft vor allem Geothermie, Solarenergie und Windenenergie. Allein für Windenergie (energía eolica) wird das Potential Mexikos auf 50.000 MW geschätzt. 2016 wurde das Forschungsinstitut zur Elektrizität (Instituto de Investigaciones Eléctricas, IIE) in das Nationale Forschungsinstitut für Elektrizität und Saubere Energien (Instituto Nacional de Investigaciones Eléctricas y Energías Limpias, INEEL) umgewandelt. Mexiko hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt: Angestrebt wird bis 2024 ein Anteil von 35 Prozent erneuerbaren Energien am gesamten Energiekonsum des Landes. Langfristig werden 37 (2035) und 50 (2050) angepeilt.
Seit 2012 haben sich zahlreiche internationale Unternehmen in Mexiko angesiedelt. Sie investieren sowohl in die Produktion und den Export von Solarpaneelen und Windkrafträdern als auch in die Energieproduktion vor Ort. Das Energieministerium hat sieben virtuelle Zentren (Centros Mexicanos de Innovación en Energía, CEMIEs) geschaffen die insgesamt 120 öffentliche Akteure und Unternehmen verknüpfen: die Mexikanischen Innovationszentren für
- Geothermie (Centro Mexicano de Innovación en Energía Geotérmica, CeMIEGeo),
- Windenergie (Centro Mexicano de Innovación en Energía Eólica, CeMIE Eólico),
- Solarenergie (Centro Mexicano de Innovación en Energía Solar, CeMIE Sol),
- Meeresenergie (Centro Mexicano de Innovación en Energía Océano, CeMIE-Océano),
- Bioenergie (Centro Mexicano de Innovación en Bioenergía, CEMIE-BIO),
- Kohlendioxidabscheidung (Centro Mexicano de Innovación en captura de CO2) sowie
- Intelligente Stromnetze (Centro Mexicano de Innovación en edes eléctricas inteligentes).
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Digitaler Wandel
Ab Januar 2025 soll die unter der Präsidentin Sheinbaum gegründete Agentur für Digitale Transformation und Telekommunikation (Agencia de Transformación Digital y Telecomunicaciones, ATDT) die Digitalisierung staatlicher Dienstleistungen vorantreiben. Primäres Ziel ist dabei die Korruptionsbekämpfung im Lande. Zwei Einrichtungen mit Zuständigkeiten für Forschung und Entwicklung wurden der neuen Agentur ATDT unterstellt: die bereits 2012 gegründete Agentur für Raumfahrt (Agencia Espacial Mexicana, AEM) sowie das Forschungszentrum INFOTEC, das bis 2025 dem Wissenschaftsrat CONAHCYT zugeordnet war.
Das mexikanische Wirtschaftsministerium (Secretaría de Economía, SE) hatte die Chancen, die der digitale Wandel für das Land bereithält, bereits frühzeitig erkannt. Datenverarbeitungszentren in Mexiko wurden unter anderem durch RedIT, IBM und KIONetworks etabliert. Indem es dem Land gelungen ist, sich als Dienstleistungszentrum für ausgelagerte Geschäftsprozesse von großen multinationalen Unternehmen zu etablieren, wird die Entwicklung von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) in Mexiko stark vorangetrieben.
Bereits seit 2002 fördert das Wirtschaftsministerium den mexikanischen IKT-Sektor durch das Programm PROSOFT. 2014 wurde mit PROSOFT 3.0 eine umfassende und langfristige Agenda (Agenda Sectorial para el Desarrollo de las Tecnologías de la Información en México 2014-2024) angenommen. Innerhalb von 27 Bundesstaaten haben sich über 30 IKT-Cluster (Clustéres de Tecnologías de la Información, TI) gebildet, die über 1.500 Unternehmen zusammen führen. PRO MÉXICO hat als wichtigste Standorte Mexiko-Stadt, den Bundesstaat Mexiko, Nuevo León, Querétaro sowie Jalisco mit dem Cluster IJALTI und Guadelajara als das „mexikanische Silicon Valley“ identifiziert.
In dem Cluster von Nuevo León Csoftmty sind auch Hochschulen einschließlich des bekannten TecMonterrey mit eingebunden. Dennoch sind die Verbindungen zwischen öffentlichem und privaten Sektor aktuell noch unterentwickelt: Eine der Zielsetzungen von PROSOFT 3.0 für 2024 ist, den Anteil der öffentlich-privaten Kooperationsprojekte von 5 Prozent auf 30 Prozent zu steigern.
Unternehmen sind im mexikanischen Industrieverband für Informationstechnologien zusammen geschlossen.
Forschung und Entwicklung von Künstlicher Intelligenz wird durch die Mexikanische Gesellschaft für Künstliche Intelligenz (Asociación Mexicana de la Industria de Tecnologías de la Información, AMITI) unterstützt. Zu den wichtigsten Akteuren zählt eine Forschungsgruppe zur Künstlichen Intelligenz an der privaten Universität Tec Monterrey.